Susanne Wingertszahn, Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, spricht.
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Susanne Wingertszahn, Vorsitzende des DGB Rheinland-Pfalz/Saarland, spricht.
Gewerkschaften

DGB macht Druck für mehr Tarifbindung in Betrieben

Der Deutsche Gewerkschaftsbund will 2024 mit zahlreichen Aktionen für mehr Tariftreue bei den Betrieben in Rheinland-Pfalz werben. Die Gewerkschaft nimmt dazu auch die Landesregierung in die Pflicht.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund erhöht den Druck für eine stärkere Tarifbindung der Betriebe in Rheinland-Pfalz. Es müssten politisch Anreize geschaffen werden, um wieder zu mehr Tarifbindung zu kommen, sagte die Landesvorsitzende des DGB, Susanne Wingertszahn, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Der entscheidende Hebel ist, dass das Land Rheinland-Pfalz und die Kommunen Steuergelder nur an die Unternehmen ausgeben, die sich an Tarifverträge halten.»

Das werde über das Landestariftreuegesetz geregelt und müsse, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, geschärft werden, mahnte die Gewerkschafterin. «Aufträge und Fördergelder, die das Land vergibt, dürften nur dann ausgezahlt werden, wenn klar ist, dass damit gute Arbeitsplätze - sprich tarifgebundene Arbeitsplätze - entstehen und gefördert werden.» Es sei eine klare Haltung der Landesregierung mit konkreten wirtschafts- und arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen nötig, um Anreize für eine höhere Tarifbindung zu schaffen.

Wer als Beschäftigter von einem Tarifvertrag profitiert, habe mehr Freizeit, mehr Lebensqualität und einen höheren Lohn, erklärte Wingertszahn. Beschäftigte, die unter den Schutz eines Tarifvertrages fallen, verdienten im Schnitt zwölf Prozent mehr, erhielten deutlich häufiger Urlaubs- sowie Weihnachtsgeld und arbeiteten als Vollzeitbeschäftigte rund eine Stunde weniger pro Woche.

Tarifverträge sorgten zudem für einen fairen Wettbewerb zwischen den Unternehmen, denn sie schützten die Betriebe vor Lohndumping der Konkurrenz, sagte die DGB-Vorsitzende. In Zeiten mit Krisen sorgten sie auch für mehr Planungssicherheit und Verlässlichkeit sowohl für die tarifgebundenen Unternehmen als auch Beschäftigten.

Der DGB werde den Druck für eine stärkere Tarifbindung im Jahr 2024 stark erhöhen, kündigte die DGB-Chefin an. Geplant seien neben einem intensiven Austausch mit Politik und Verbänden auch das Verteilen von Flyern und Postkarten, das Aufhängen von Plakaten und Großbannern sowie Aktivitäten auf den Straßen und Plätzen im Land.

Nach DGB-Berechnungen auf Basis von Daten des Statistischen Bundesamtes verliert der Staat durch Tarifflucht von Arbeitgebern hohe Summen. Insgesamt entgingen den Sozialversicherungen in Deutschland jährlich rund 43 Milliarden Euro an Beiträgen, Bund, Länder und Kommunen nähmen rund 27 Milliarden Euro weniger Steuern ein, berichtete die Gewerkschaft im November.

Als Tarifflucht versteht man den Versuch eines Arbeitgebers, einen Tarifvertrag zu umgehen, um niedrigere Löhne und Gehälter zu bezahlen. Dies kann etwa durch Austritt aus einem Arbeitgeberverband geschehen. Diese Tarifflucht führt laut DGB auch zu weniger Einzahlungen in die Sozialversicherungen - also geringere Einnahmen bei der Arbeitslosen-, Renten- und Krankenversicherung. Auch die Steuereinnahmen durch die Einkommensteuer fielen geringer aus.

Die Bundesvereinigung der Arbeitgeberverbände (BDA) kritisierte die Kampagne des DGB: Tarifverträge und Tarifbindung seien in erster Linie eine Gemeinschaftsaufgabe der Sozialpartner.

Von Bernd Glebe, dpa
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