Vor fünf Jahren brachte die Pandemie auch ein besonderes Vokabular in den Alltag vieler Menschen in Rheinland-Pfalz. In den Nachrichten war etwa vom «Lockdown» die Rede, und Beschäftigte saßen im «Homeoffice». Da Büros schlossen, wurde der heimische Küchentisch oder die Wohnzimmer-Couch zum Arbeitsplatz. Im Duden stand das Wort schon zuvor - dort ist es ein «mit Rechner und Kommunikationstechnik ausgestatteter Arbeitsplatz in der eigenen Wohnung». Wie hat sich mobiles Arbeiten seit Corona entwickelt?
DIE VERWALTUNG
Zum Beispiel Mainz: Beschäftigte der Verwaltung der Landeshauptstadt können in Bereichen, in denen Homeoffice möglich ist, freiwillig zu Hause arbeiten. Eine Dienstvereinbarung regelt die Rahmenbedingungen. Homeoffice wird an festen Tagen vereinbart und soll mindestens 20 Prozent und maximal 60 Prozent der Wochenarbeitszeit betragen.
Einem Stadtsprecher zufolge hat sich der Umfang des Homeoffice seit Ende der Pandemie nahezu verdoppelt. «Derzeit nutzen 694 Mitarbeitende regelmäßig Homeoffice, während 1.128 Mitarbeitende auch mobil arbeiten, teils in Kombination mit Homeoffice.»
Keine Pläne gibt es, Vorgaben für mehr Präsenz zu schaffen. «Anreize für mehr Büroanwesenheit sind nicht notwendig, da die Dienstvereinbarung eine gesunde Anwesenheit regelt», betont der Sprecher. Die Vorgaben für Homeoffice gelten auch für Führungskräfte - wobei sie selbst «ein gesundes Maß an Präsenz» verantworten müssen.
DIE WIRTSCHAFT
Auch der BASF-Konzern setzt auf flexibles Arbeiten – jedoch ohne feste Vorgaben, wie oft Beschäftigte im Büro oder im Homeoffice sein müssen. Beim größten Arbeitgeber im Bundesland soll jedes Team eine Lösung finden, die zu seinen Bedürfnissen passt. Die Grundlage dafür gibt es bei dem Unternehmen bereits seit 2012, als eine Betriebsvereinbarung für mobiles Arbeiten eingeführt wurde – also lange vor der Pandemie.
Trotzdem will BASF kein «Remote-Unternehmen» werden. Der persönliche Kontakt und das Netzwerken vor Ort seien zu wichtig für den Teamgeist und die Kreativität, betont eine Sprecherin. Am Standort Ludwigshafen arbeiten die meisten Mitarbeiter deswegen im Büro. Aufgaben wie Laborversuche oder Reparaturen lassen sich nicht aus der Ferne erledigen.
Auch Daimler Truck nutzt als zweitgrößter Arbeitgeber im Bundesland ein Arbeitsumfeld, das viel Raum für Flexibilität und Gestaltung lassen soll. «Seit Langem haben wir flexible Arbeitszeitmodelle und mobiles Arbeiten in der Unternehmenskultur fest verankert», teilt ein Sprecher mit. Eine Betriebsvereinbarung ermögliche allen Mitarbeitern in Deutschland mobiles Arbeiten – «vorausgesetzt, es passt zur jeweiligen Aufgabe».
Als globales Unternehmen arbeite Daimler Truck seit Jahren virtuell zusammen - sei es bei Arbeitsabläufen, Konferenzen oder dem Austausch über Ländergrenzen hinweg. In den vergangenen Jahren habe sich das mobile Arbeiten weiter verstärkt und die Arbeitswelt positiv verändert. «Trotzdem haben wir auch gemerkt, wie wichtig der persönliche Austausch ist – sei es bei der Suche nach neuen Ideen oder bei der Zusammenarbeit im Team.»
Ein Mix aus beiden Arbeitsmodellen biete die besten Vorteile, betont man in Wörth. «Jedes Team entscheidet selbst, was für die jeweilige Aufgabe am besten funktioniert.»
DIE KIRCHE
Beispiel Speyer: Das dortige Bistum beschäftigte sich bereits vor der Pandemie mit einer Dienstvereinbarung zum dezentralen Arbeiten. Als sie schließlich 2022 in Kraft trat, flossen Erfahrungen aus der Pandemie ein. Die Vereinbarung besagt, dass Beschäftigte des Bistums bis zu 49 Prozent ihrer Arbeitszeit dezentral arbeiten dürfen.
«Da es vor der Pandemie keine solchen Regelungen gab, hat sich die Arbeitszeit, die die Beschäftigten dezentral arbeiten, damit erhöht», sagt eine Sprecherin. «Die Regelung läuft insgesamt gut und ist mit dem jeweiligen Vorgesetzten abzustimmen, zum Beispiel hinsichtlich konkreter Tage.»
Die Vereinbarung kann individuell genutzt werden, sodass einige mehr in Präsenz arbeiten als andere. «Dies ist auch vom Aufgabengebiet abhängig.» Für Führungskräfte gilt die Dienstvereinbarung nicht - «sie konnten schon vor der Pandemie dezentral arbeiten und sich somit ihre Arbeitszeit flexibel einteilen», betont die Sprecherin.
DIE FACHFRAU
Wie also hat sich Homeoffice in den vergangenen fünf Jahren entwickelt? Der Personalexpertin Jutta Rump zufolge hat sich das mobile Arbeiten mittlerweile verstetigt. «In einer Reihe von Unternehmen ist das heute Standard», sagt die Direktorin am Institut für Beschäftigung und Employability (IBE) in Ludwigshafen. «Salopp gesagt, kommen Sie aus der Nummer nicht mehr raus. Sie können das Rad nicht zurückdrehen.»
Seien in der Pandemie oft 100 Prozent der Arbeitszeit zu Hause geleistet worden, seien dies heute vielfach 40 Prozent. «Das heißt zwei Tage wöchentlich im Homeoffice - oder hybride Arbeit, wie immer Sie es nennen wollen.»
Mit diesem Mischmodell werde versucht, die Vorteile «beider Welten» zu vereinbaren, sagt Rump. «Wenn ich einen Teil im Büro verbringe, bekomme ich einerseits das Teamklima mit, andererseits beugt das der Vereinsamung vor.» Sowohl bei Mitarbeitern als auch bei Arbeitgebern habe sich das eingependelt.
Von Wolfgang Jung, dpa
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