CDU sieht Verschleierung und Dauerkrise bei Kommunalfinanzen
Die größte Oppositionsfraktion fordert in einer lautstarken Landtagsdebatte einen Härtefallfonds für besonders finanzschwache Kommunen. Finanzministerin Ahnen appelliert an den Bund.
Die größte Oppositionsfraktion fordert in einer lautstarken Landtagsdebatte einen Härtefallfonds für besonders finanzschwache Kommunen. Finanzministerin Ahnen appelliert an den Bund.
CDU-Oppositionsführer Gordon Schnieder wirft der Ampelregierung in Rheinland-Pfalz vor, den Kommunen zu wenig Geld für ihre Aufgaben zur Verfügung zu stellen. Der geplante Nachtragshaushalt sei «ein Symptom einer Krise, die uns seit Jahren begleitet», kritisierte der Fraktionsvorsitzende der Christdemokraten im rheinland-pfälzischen Landtag in Mainz. Die strukturelle Unterfinanzierung der Kommunen rüttele an den Fundamenten des Landes.
Der Nachtragshaushalt, mit dem das Land die Kommunen mit je 300 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr unterstützen will, verschleiere nur die Probleme in den Sozialhaushalten der 41 Kommunen mit eigenem Jugendamt. Für alle anderen Kommunen im Land aber bleibe die desaströse Unterfinanzierung bestehen.
CDU will ehrliche und sofortige Evaluation des KFA
Der neue kommunale Finanzausgleich (KFA) habe die Probleme von Städten, Kreisen und Gemeinden weiter verschärft, statt die Finanzsituation zu verbessern, mahnte Schnieder. Im Jahr 2023 habe sich das kommunale Defizit auf mehr als 500 Millionen Euro belaufen und ein Jahr später 630 Millionen Euro betragen.
Im laufenden Jahr werde das Defizit noch viel höher ausfallen. Allein die 41 Kommunen mit eigenem Jugendamt, die durch diesen Nachtrag bedacht werden sollen, planen nach Angaben des CDU-Politikers für 2025 ein Defizit von rund einer Milliarde Euro. Die Oppositionsfraktion fordere daher eine ehrliche und sofortige Evaluation des Kommunalen Finanzausgleichs. Schnieder sprach sich auch für einen Härtefallfonds für besonders finanzschwache Kommunen aus.
Finanzministerin Ahnen sieht Bund in der Pflicht
Die schwache Situation der kommunalen Haushalte sei überall in Deutschland ein Problem, sagte Finanzministerin Doris Ahnen bei der Vorlage des Nachtragshaushalts für 2025/26. Das Defizit in Rheinland-Pfalz habe 2024 deutlich unter dem Durchschnitt der Flächenbundesländer gelegen, in Bayern sei es doppelt so hoch, in Hessen sogar dreimal so hoch gewesen.
Die schwarz-rote Bundesregierung habe sich zu einer grundsätzlichen und systematischen Verbesserung der kommunalen Haushalte bereit erklärt, sagte Ahnen. Auch beim Abbau der Altschulden sehe sie den Bund in der Pflicht. «Es wird jetzt langsam Zeit», stimmte FDP-Fraktionschef Steven Wink zu.
Schellhammer appelliert an Reformbereitschaft der Kommunen
Finanzministerin Ahnen und die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Pia Schellhammer, verwiesen auf den aktuellen Finanzbericht der Bertelsmann-Stiftung. Danach stehe Rheinland-Pfalz im Bundesvergleich nicht schlecht da, betonte Schellhammer.
Die Lage sei ernst, bundesweit ernst, betonte die Grünen-Politikerin und nannte gestiegene Kosten für Personal, Energie, Bauen sowie Jugend- und Sozialhilfe als Gründe. Der Bund müsse auch beim Konnexitätsprinzip liefern - wer bestelle, müsse bezahlen, betonten Schellhammer und ihr FDP-Kollege Wink. Als Beispiele nannte Wink Kitas und Aufgaben aus dem Sozialgesetzbuch. Notwendig sei jedoch ebenso eine echte Reformbereitschaft der Kommunen in Rheinland-Pfalz, forderte Schellhammer.
AfD-Fraktionschef Jan Bollinger sprach sich für Steuersenkungen und eine bessere strukturelle Finanzausstattung der Kommunen aus. Wenn die AfD nach der Landtagswahl in Rheinland-Pfalz regiere, werde sie einen Nachtragshaushalt zugunsten der Bürger vorlegen.
Nach Ansicht von Helge Schwab von der Gruppe der Freien Wähler erfordert das gewachsene Strukturproblem der Kommunen eine «knallharte Systemreform».
Hunderte Millionen Euro für die Kommunen
Das Land unterstützt seine Kommunen mit dem Nachtragshaushalt mit je 300 Millionen Euro in diesem und im nächsten Jahr. Zugleich sollen die Mittel, die der Bund mit dem Sondervermögen für Infrastruktur bereitstellt, aufgestockt werden, um die kommunalen Investitionsvorhaben zu stärken. Dazu sind noch einmal 600 Millionen Euro vorgesehen, mit 50 Millionen Euro geht es 2026 los. Das Geld soll aus den Rücklagen entnommen werden.
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