Spitzenkandidatin Eder sparte nicht mit Kritik an der Union, aber auch an Mainzer Koalitionspartnern.
Sascha Ditscher/dpa
Spitzenkandidatin Eder sparte nicht mit Kritik an der Union, aber auch an Mainzer Koalitionspartnern.
Kurs auf Landtagswahl

«Angstfrei Rückgrat» zeigen - Grünen-Wahlprogramm steht

In Bingen stimmte sich die Partei auf den Wahlkampf ein. Kante gegen Rechts, Klimaschutz, Wohnen sind wichtige Themen im verabschiedeten Programm. Auch um Angela-Merkel-Tassen ging es.

Die rheinland-pfälzischen Grünen nehmen auch mit einer deutlichen Abgrenzung zu den Ampel-Koalitionspartnern Kurs auf die Landtagswahl. Bei einem Parteitag in Bingen beschlossen die mehr als 200 Delegierten einstimmig ein Programm, das einen weiten Bogen spannt von Integrations-, über Wohnungs-, Energie- und Verkehrspolitik bis hin zu Klimaschutz. 

Es brauche mit den Grünen auch künftig eine progressive Stimme in der Landesregierung, sagte Spitzenkandidatin Katrin Eder, die in der Ampel Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität ist. Es gelte, für Empathie, Klima und Natur, soziale Gerechtigkeit, für Demokratie, Vielfalt und Weltoffenheit, einzustehen, sagte Eder. 

Zukunft der Ampel ungewiss

Rheinland-Pfalz wählt am 22. März 2026 einen neuen Landtag. Ob die Ampel wieder eine erforderliche Mehrheit bekommt, ist fraglich. In jüngsten Umfragen führte die CDU deutlich vor der SPD. Die FDP muss fürchten, nicht mehr in den Landtag zu kommen. Die Linke kann sich Hoffnung machen, erstmals in das Landesparlament einzuziehen. Die Grünen selbst lagen zuletzt bei zehn Prozent.

Eder rief den Delegierten zu: «Wir zeigen angstfrei Rückgrat für unsere Themen.» Und sie ergänzte: «Wir wollen nicht, dass Rheinland-Pfalz in den schwarz-roten Rollback verfällt. 

Eder spricht vom fossilen Imperium

Einen Rollback, also eine Rückkehr zu Altem, sieht Eder in Berlin. Bundeswirtschaftsministerin Katherina Reiche (CDU) warf sie vor, Stimmung gegen die Energiewende zu machen. 

Kritik übte sie auch an Ministerpräsident Alexander Schweitzer (SPD). Mit den anderen Länderregierungschefs behaupte er, Verbrennerautos und Klimaneutralität bis 2045 würden zusammenpassen.

«Man hat den Eindruck, das fossile Imperium schlägt zurück und das dürfen wir nicht hinnehmen», sagte Eder. Die EU weiche Klimaziele auf, große fossile Konzerne wollten mehr Öl und Gas fördern. «Unternehmen wie die BASF bekämpfen den Emissionshandel», sagte Eder. «Erst sagen sie, wir wollen keine Ordnungspolitik, jetzt ist Markt auch noch schlecht.» 

Eder: Wer wohnt in ungedämmten Dachwohnungen?

Die Grünen nehmen sich in ihrem Programm unter anderem vor, die Verkehrswende weiter voranzutreiben. Sie wollen sich für ein kostenloses Deutschlandticket für Schülerinnen und Schüler sowie Personen im freiwilligen sozialen Jahr einsetzen. Verantwortliche von Windkraft- und Photovoltaik-Projekten sollen verpflichtet werden, Teile von Einnahmen an Kommunen vor Ort weiterzugeben. 

Die Gründung kommunaler Wohnungsbaugesellschaften soll unterstützt werden, Umbau, Sanierung und Modernisierung bestehender Gebäude sollen mehr gefördert werden. Das Thema Wohnen sei auch eine soziale Frage, sagte Eder. Wer wohne in ungedämmten Dachgeschosswohnungen oder an lauten Straßen?, fragte sie. «Das sind nicht die, die sich die Villa am Waldrand leisten können. Soziale Gerechtigkeit und der Kampf gegen den Klimawandel gehörten zusammen.

Mehr Tempo bei Radrouten

Die Grünen wollen außerdem den Bau von Pendlerradrouten durch eine zentralisiertere Planung beschleunigen. Und sie bringen einen Zukunftsfonds des Landes für Klimaschutz ins Spiel, der das Sondervermögen des Bundes flankieren soll. 

Emotional wurde es bei dem Parteitag am Sonntag bei einer Debatte rund um das Thema Integration. Die Grüne Jugend sprach sich für die Forderung nach einem Abschiebestopp für Kinder und Jugendliche aus, fand dafür aber keine Mehrheit. Nun heißt es im Programm, Integration solle einen höheren Stellenwert einnehmen bei der Frage, wer in Deutschland bleiben darf. Katharina Binz, Integrationsministerin in der Ampel, sagte, es dürfte nicht aus den Augen verloren werden, was rechtlich machbar sei.

Zu Gast war die Vorsitzende der grünen Bundestagsfraktion, Britta Haßelmann. Sie könne nicht verstehen, dass CDU-Außenminister Johann Wadephul aus der Unionsfraktion dafür kritisiert werde, dass er auf einer Reise nach Syrien angesichts der Zerstörung dort angemerkt habe, dass dort ein würdiges Leben nicht möglich sei. «Ich wünsche mir so sehr, auch für die CDU, dass man in solchen Fragen den Kompass nicht verliert», sagte Haßelmann. Sie frage sich, warum die CDU der AfD an dieser Stelle so hinterherlaufe. 

Saat der Einschüchterung

Spitzenkandidatin Eder warnte davor, dass auch in Rheinland-Pfalz «die Saat der Einschüchterung» von rechter Seite ein Stück weit aufgehe. Umso wichtiger sei es, Menschen zu unterstützen, die sich dagegen einsetzen. 

Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) zündele rhetorisch, etwa mit seinen Aussagen zum Stadtbild. «Ja, unsere Dorf-und Stadtbilder lassen miteinander zu wünschen übrig», sagte Eder. Ursache dafür seien aber nicht Menschen mit Migrationshintergrund, sondern eine «konservative Sparpolitik, die das Dogma der letzten 40 Jahre war».

Beim Öffnen einer Nachrichtenseite im Netz habe sie kürzlich fast ihren Kaffee verschluckt, als sie eine Angela-Merkel-Fan-Tasse gesehen habe, sagte Eder. «Ich habe mich dabei ertappt, dass ich gedacht habe: "Die will ich haben." Und da sehen wir mal, wo wir hingekommen sind.»

Bei den rheinland-pfälzischen Grünen zeigten sich auch nach 15 Jahren in der Regierung keine Anzeichen inhaltlicher Erschöpfung, sagte Eder. «Wir wollen weiter Teil der Landesregierung sein, denn es geht darum, inhaltlich den Unterschied zu machen.»

Von Christian Schultz (Wort) und Sascha Ditscher (Foto), dpa
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