Eine verhalten positive Entwicklung bei der Zahl der Arbeitslosen, Frühindikatoren, die in eine eher andere Richtung weisen und noch viele offene Ausbildungsplätze - so umschreibt die Bundesagentur für Arbeit die Situation am Arbeitsmarkt in Rheinland-Pfalz. Ein deutliches Plus registriert die Agentur bei der Beschäftigung von Menschen ohne deutschen Pass, seit 2023 werde das Beschäftigungswachstum im Land ausschließlich von ausländischen Beschäftigten getragen. Darunter seien Menschen aus klassischen Asylherkunftsländern und aus der Ukraine.
Die Zahl der Arbeitslosen sank in Rheinland-Pfalz im April im Vergleich zum März um rund 1000 auf etwa 118.400 Menschen. Die Arbeitslosenquote ging um 0,1 Punkte auf 5,2 Prozent zurück, wie die Regionaldirektion am Dienstag erklärte. Vor einem Jahr lag die Quote bei 4,9 Prozent. Die Bundesagentur griff für die Statistik auf Datenmaterial zurück, das bis zum 15. April vorlag.
Sozialversicherungspflichtige Beschäftigung nimmt zu, wenig Kurzarbeit
Die Arbeitslosenquote in Rheinland-Pfalz sei konstant die drittbeste im Bundesländervergleich, erklärte die Chefin der Regionaldirektion der Arbeitsagentur für Rheinland-Pfalz und das Saarland, Heidrun Schultz, in Mainz. Die Frühjahrsbelebung mache sich diesmal allenfalls verhalten bemerkbar. Im Vergleich zum April des Vorjahres wurden demnach 9400 Arbeitslose und damit 8,6 Prozent mehr gezählt.
In diesem April meldeten sich 9600 Frauen und Männer nach einer Erwerbstätigkeit arbeitslos. Die Arbeitsagentur zählte 37.800 offene Stellen und damit etwa 0,3 Prozent weniger als im März. Gleichzeitig stieg die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung. Sie lag im Februar - neuere Daten liegen nicht vor - um 0,3 Prozent über dem Vorjahresniveau. Ein Plus habe es vor allem im Gesundheitswesen, Sozialwesen, in der öffentlichen Verwaltung und im Dienstleistungssektor gegeben.
Rückgänge sieht die Arbeitsagentur bei der sogenannten Arbeitnehmerüberlassung, also etwa bei Zeit- und Leiharbeit, berichtete Schulz. Mit dem Verleih oder der zeitweisen Beschäftigung fingen Unternehmen klassischerweise Auftragsspitzen ab, es sei also ein gewisser Frühindikator für die weitere Entwicklung. Angesichts dessen seien im verarbeitenden Gewerbe keine großen Beschäftigungssprünge zu erwarten, sagte Schulz. Die Kurzarbeit bleibt indes den Angaben zufolge bislang auf niedrigem Niveau.
Sehr gute Chancen auf Ausbildungsmarkt
«Am Ausbildungsmarkt bieten sich alle Chancen der Welt», sagte die Chefin der Regionaldirektion weiter. In fast allen Branchen böten sich sehr gute Chancen auf einen Einstieg in eine duale Ausbildung. 21.800 Ausbildungsstellen stehen laut Agentur 15.700 Jugendliche gegenüber, die seit Oktober 2023 Agenturen oder Jobcenter für eine Beratung genutzt hätten. Schulz sprach von einer «gehörigen Lücke». Aktuell seien bei 13.200 noch offenen Ausbildungsplätzen 8700 junge Menschen auf der Suche.
Nach unten geht es auf dem rheinland-pfälzischen Arbeitsmarkt mit dem Anteil der Beschäftigten mit deutschem Pass: Während die Beschäftigung insgesamt binnen eines Jahres bis Ende September 2023 um 0,3 Prozent stieg, ging die Zahl der deutschen Beschäftigten um 0,4 Prozent zurück, die der ausländischen kletterte um 4,8 Prozent. «Ohne ausländische Staatsangehörige würden in vielen Engpassberufen weitaus mehr Beschäftigte fehlen», erklärte Schulz. Engpässe gibt es der Agentur zufolge beispielsweise in der Pflege, im IT-Sektor oder bei Berufskraftfahrern.
Seien früher vor allem Menschen aus anderen EU-Staaten in den hiesigen Arbeitsmarkt integriert worden, seien es mittlerweile fast genauso viele Menschen aus Drittstaaten, also auch klassischen Herkunftsländern von Asylsuchenden. Den stärksten Anstieg habe es bei Beschäftigten mit ukrainischem Pass gegeben, berichtete Schulz. Aber auch bei Syrern und Afghanen lasse sich ein deutliches Plus beobachten.
Für Integration in Arbeitsmarkt braucht es Vorlauf
Laut Agentur ist die Entwicklung in einzelnen Berufen sehr unterschiedlich: Während das Plus bei Beschäftigten mit ausländischem Pass in der Pflege den Rückgang deutscher Beschäftigter mehr als ausgeglichen habe, sei dies bei Berufskraftfahrern nicht gelungen.
Unter dem Strich zeige sich, dass es bei der Integration von geflüchteten Menschen in den Arbeitsmarkt einen gewissen Vorlauf brauche, um Sprache und Kultur zu vermitteln, sagte Schulz. Zu beobachten sei auch, dass die sprachliche Weiterbildung besser in einem Job funktioniere als ohne einen. Die Beschäftigungsquote insgesamt liege bei etwa 67 Prozent, die bei Menschen aus klassischen Asylländern bei etwa 44 Prozent und die bei den erst vor relativ kurzer Zeit ins Land gekommenen Ukrainern bei knapp unter 27 Prozent.
Die Vorsitzende der Geschäftsführung der Agentur für Arbeit Mainz, Heike Strack, sagte, in Deutschland schlage die Beherrschung der Sprache mehr zu Buche als zum Beispiel in den Niederlanden, wo mit Englisch weiterzukommen sei. Insofern sei die Integration von Menschen in den Arbeitsmarkt in Deutschland sprachbedingt etwas schwieriger.
Von Christian Schultz und Mona Wenisch, dpa
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