Wagenknecht will anderen Umgang mit AfD
Thüringens BSW-Spitzenkandidatin Wolf hat eine Zustimmung für AfD-Initiativen nicht ausgeschlossen. Nach einer Aufforderung der CDU äußert sich nun auch BSW-Gründerin Wagenknecht.
Thüringens BSW-Spitzenkandidatin Wolf hat eine Zustimmung für AfD-Initiativen nicht ausgeschlossen. Nach einer Aufforderung der CDU äußert sich nun auch BSW-Gründerin Wagenknecht.
Die BSW-Vorsitzende Sahra Wagenknecht plädiert für einen anderen Umgang mit der AfD. «Der bisherige Umgang, reflexartig alles abzulehnen, was von der AfD kommt und sich dafür als große Demokraten zu feiern, hat Höcke und Co. offensichtlich nicht ausgebremst», sagte Wagenknecht der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». «Wenn die AfD sagt, der Himmel ist blau, wird das BSW nicht behaupten, er sei grün. Daraus Koalitionsabsichten abzuleiten, ist kindisch. Es braucht einen anderen Umgang und vor allem braucht es in Bund und Ländern endlich eine vernünftige Politik, die den Wünschen der Bürgerinnen und Bürger Rechnung trägt, statt sie wütend zurückzulassen», betonte die Gründerin der nach ihr benannten Partei.
Wagenknecht reagierte damit auf eine Äußerung des thüringischen CDU-Spitzenkandidaten Mario Voigt. Der hatte Wagenknecht zu einer Klarstellung aufgefordert, nachdem die thüringische BSW-Spitzenkandidatin für die Landtagswahl am 1. September, Katja Wolf, am Donnerstagabend im MDR eine mögliche Zustimmung für AfD-Initiativen im Parlament nicht ausgeschlossen hatte.
Wie hält es das BSW mit der AfD?
«Ich habe keine übergroße Angst davor, dass die AfD so wahnsinnig viele vernünftige Gesetzesvorschläge einbringt», sagte Wolf in der Sendung am Donnerstagabend und berief sich auf ihre Lebenserfahrung. «Aber wenn es so sein soll, dann wird man darüber diskutieren und dann ist es die Macht des Arguments im politischen Raum.» Die «sehr durch Scheuklappen geprägte Art und Weise, miteinander umzugehen», sei «tatsächlich nicht mehr zeitgemäß». Sie forderte zwar «nicht einen normalen Umgang» mit der AfD, aber einen «inhaltlichen Umgang».
Voigt warf dem BSW später zudem vor, sich die Option einer Zusammenarbeit mit der AfD offenzuhalten. Bei der Diskussion im MDR sei deutlich geworden, dass sich das BSW offensichtlich vorstellen könne, eine AfD-Minderheitsregierung zu tolerieren, sagte Voigt. Die Wähler wüssten nun, woran sie seien. Katja Wolf sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Das ist eine völlig absurde Interpretation.»
Trotz seiner scharfen Kritik schloss Voigt eine Zusammenarbeit der Union mit der neu gegründeten Partei weiter nicht aus. Er werde in Demut das Wahlergebnis abwarten, sagte er. Sein Ziel sei es, so viele Wähler wie möglich zu überzeugen, mit beiden Stimmen seine Partei zu wählen.
Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) hat seinen Thüringer Landesverband erst im März gegründet. Trotzdem ist die Partei in den ostdeutschen Bundesländern nach Umfragen sehr erfolgreich - in Thüringen bahnt sich bei der Landtagswahl sogar ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit der CDU um Platz zwei an. Sollte Wolf mit dem BSW am Wahlabend vor der CDU von Voigt stehen, könnte sie Anspruch auf das Ministerpräsidentenamt erheben. Mit der AfD von Björn Höcke koalieren will keine der Parteien mit Aussicht auf Einzug in den Landtag, weshalb dessen Machtanspruch trotz des Spitzenplatzes in den Umfragen als unrealistisch gilt.
Andere Spielregeln in einer Koalition
Bereits vor einigen Tagen hatte Wolf in einem «Welt»-Interview einen neuen Umgang mit der AfD angemahnt und beklagt, dass die Brandmauer die AfD immer stärker gemacht habe. Gäbe es klare Gründe, einen Antrag abzulehnen, sollte dieser abgelehnt werden. «Oder man muss drüberstehen und sagen: Ist vernünftig, stimmen wir zu. Es braucht mehr Pragmatismus und weniger Ideologie», sagte sie.
Der Deutschen Presse-Agentur sagte Wolf später, es müsse stärker um Inhalte gehen und nicht um ein «Abkanzeln». Zugleich seien ihr aber die politischen Spielregeln klar. «Wenn man sich in einer Koalition befinden sollte, dann gelten für Anträge andere Spielregeln. Das ist doch logisch.»
Im MDR machte die Politikerin klar, dass sie die Stärke der AfD für ein «Kernproblem in diesem Land» hält. Eine Koalition mit der in Thüringen als rechtsextremistisch eingestuften Partei kommt für sie weiter nicht infrage.
Die CDU lehnt eine Zusammenarbeit mit der AfD ab. Allerdings akzeptierten die Christdemokraten in Thüringen in der Vergangenheit AfD-Stimmen für eigene Gesetzentwürfe. So wurden mehrere Gesetze mit der Hilfe von Höckes Fraktion im Landtag verabschiedet. Zugleich betonte die CDU aber bisher stets, dass sie keinen AfD-Anträgen oder AfD-Gesetzen zustimmen würde.
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