Gefangenendeal und Kriegsdiplomatie seien getrennt zu betrachten, sagt der Nationale Sicherheitsberater der USA.
Evan Vucci/AP
Gefangenendeal und Kriegsdiplomatie seien getrennt zu betrachten, sagt der Nationale Sicherheitsberater der USA.
Lage im Überblick

US-Berater: Gefangenen-Deal beeinflusst Ukraine-Krieg nicht

Westliche Länder und Russland tauschen in einer großangelegten Aktion Gefangene aus. Hat der erfolgreiche Deal auch Folgen für mögliche diplomatische Bemühungen im Ukraine-Krieg?

 

Kiew (dpa) - Der großangelegte Gefangenenaustausch zwischen Russland und mehreren westlichen Ländern hat nach Einschätzung des US-Sicherheitsberaters Jake Sullivan keinen direkten Einfluss auf die Situation in der Ukraine. Er sehe keinen Zusammenhang zwischen den Verhandlungen über die Inhaftierten und möglichen diplomatischen Bemühungen um ein Ende des Krieges in dem von Russland angegriffenen Land. «Aus unserer Sicht laufen diese in getrennten Bahnen», entgegnete Sullivan in Washington auf die Frage eines Journalisten, ob die erfolgreichen Verhandlungen auch Gespräche über die Kriegssituation mit den Ukrainern befördern könnten.

Bei dem einen Thema gehe es um die praktischen Fragen des Austauschs, erklärte der Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Joe Biden. «Die andere ist eine viel komplexere Frage, bei der die Ukrainer die Führung übernehmen werden.» Sobald die Ukraine zu diplomatischen Schritten bereit sei, würden die USA sich eng mit allen ihren Verbündeten abstimmen, um das Land zu unterstützen.

Der aus Russland geflohene Oppositionelle Dmitri Gudkow hingegen ist der Meinung, der Austausch sei ein erster Schritt hin zu Verhandlungen auch über einen Frieden in der Ukraine. Beide Seiten hätten den Krieg inzwischen satt. Sie hätten einander durch die Ruhe des Verhandlungsprozesses und das Dichthalten gezeigt, dass sie sich an Vereinbarungen hielten. Das sei ein wichtiger Vertrauenstest. 

Selenskyj will Ukraine zukunftsfähig machen

Derweil bemüht sich die ukrainische Staatsführung, ihr vom Krieg zerrüttetes Land wirtschaftlich und finanziell auf gesunde Beine zu stellen. Die Ukraine müsse zukunftsfähig sein, betonte Präsident Wolodymyr Selenskyj in seiner abendlichen Videoansprache. «Und das wird jetzt, in diesem Jahr, angesichts der bestehenden Herausforderungen und Bedrohungen unsere größeren Fähigkeiten garantieren.»

Zu den Voraussetzungen für diese Zukunftsfähigkeit gehörten vertiefte Beziehungen zu ausländischen Partnern und langfristige Sicherheitsabkommen, wie sie Kiew in den vergangenen Monaten vor allem mit westlichen Partnern abgeschlossen hat.«Natürlich besteht die Hauptaufgabe darin, die Verteidigungskräfte, den Staatshaushalt und die soziale Stabilität der Ukraine zu sichern», fügte Selenskyj hinzu. 

Schwere Kämpfe im Osten der Ukraine

Im Osten der Ukraine dauern unterdessen die schweren Kämpfe an, in deren Verlauf russische Truppen versuchen, die ukrainischen Verteidigungslinien zu durchbrechen. Selenskyj lobte den Einsatz der ukrainischen Verbände in der Umgebung des Donbass, die bei Torezk, Kupjansk, Kurachowe und Pokrowsk wiederholte Angriffe russischer Einheiten abgewehrt hätten. «Die Besatzer erleiden Verluste, wir arbeiten weiter», teilten die bei Torezk kämpfenden ukrainischen Spezialeinheiten mit.

Armeechef Olexander Syrskyj gestand kleinere Gebietsverluste ein, für die russische Einheiten mit schweren Verlusten einen «vergleichsweise überhöhten Preis» bezahlten. «Der Feind setzt seine Sturmbrigaden ein, um etwa bei Pokrowsk durchzubrechen», beschrieb er die Lage. Auch bei Kupjansk gebe es schwere Kämpfe. «Aber wir halten unsere Stellungen», fügte Syrskyj hinzu. Seine Angaben ließen sich nicht unabhängig überprüfen.

Sprecher: Putin täglich mit Krieg in der Ukraine befasst

Kremlchef Wladimir Putin widmet sich nach Worten seines Sprechers Dmitri Peskow viele Stunden täglich im Kontakt mit seinen Militärs dem Kriegsverlauf. «Das ist eine Arbeit, die man nicht jeden Tag vor der Kamera sieht, eine Arbeit, über die man nicht in den Zeitungen liest», sagte Peskow in einem Radiointerview, aus dem die Staatsagentur Tass zitierte. 

Putin kümmert sich demnach jeden Tag in der Woche um den Verlauf der Spezialoperation, wie der Angriffskrieg gegen die Ukraine im Sprachgebrauch des Kreml genannt wird. Zudem telefoniere Putin häufig mit Frontkommandeuren und einfachen Soldaten an der Front. Dies sei «eine ständige Praxis».

Zu möglichen Gesprächen über eine Beilegung des Konflikts gebe es noch «keine für Russland annehmbare Agenda», sodass eine Teilnahme an möglichen Gipfeltreffen nur um der Teilnahme willen sinnlos sei. Dennoch bleibe Moskau offen für politische und diplomatische Methoden zur Beilegung des Ukraine-Konflikts. Moskau hat die besetzten Gebiete in der Ukraine annektiert und betrachtet diese als festen Teil des russischen Staatsgebiets.

Moskau berichtet von Angriff auf ukrainischen Flughafen

Das russische Militär berichtete gestern Abend von einem Angriff auf einen ukrainischen Militärflugplatz bei Mykolajiw im Süden des Landes. Der Flugplatz, auf dem ukrainische Piloten «mit englischsprachigen Ausbildern» trainiert hätten, sei beschädigt worden. Angesichts der Berichte westlicher Medien über das Eintreffen der ersten F-16-Kampfflugzeuge aus amerikanischer Produktion in der Ukraine ist auf russischer Seite das Bemühen erkennbar, diese Bedrohung möglichst zu neutralisieren.

Von ukrainischer Seite gab es weder einen Kommentar zu dem angeblichen Angriff noch zu den Berichten über das Eintreffen der F-16. Die Niederlande, Dänemark, Norwegen und Belgien haben der Ukraine rund 60 dieser Jets zugesagt. Deren Bewaffnung soll US-Medienberichten zufolge von den Vereinigten Staaten geliefert werden.

 

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