Der Treibhausgasausstoß soll künftig sektorenübergreifend betrachtet werden - so hat es der Bundesrat gebilligt.
Kay Nietfeld/dpa
Der Treibhausgasausstoß soll künftig sektorenübergreifend betrachtet werden - so hat es der Bundesrat gebilligt.
Gesetze

Überblick: Die wichtigsten Beschlüsse des Bundesrats

Um das Selbstbestimmungsgesetz der Ampel-Koalition wurde lange gerungen. Nun hat es die letzte Hürde genommen. Der Bundesrat stimmt auch noch weiteren Gesetzen der Ampel-Koalition zu.

Namensrecht, Klimaschutznovelle, Selbstbestimmungsgesetz - der Bundesrat hat hinter eine Reihe von Gesetzen der Ampel-Koalition einen Haken gesetzt. Der Vermittlungsausschuss erhielt keine zusätzliche Arbeit. Fußballfans dürfte vor allem freuen, dass die Länderkammer auch die Ausnahmen vom Lärmschutz für Public-Viewing-Veranstaltungen zur bevorstehenden Europameisterschaft abgesegnet hat.

Bundesratspräsidentin Manuela Schwesig (SPD) würdigte zum Auftakt das vor 75 Jahren verkündete Grundgesetz und verteidigte die dort verankerte föderale Ordnung Deutschlands. Die Länder und der Bundesrat seien ein Gegengewicht zu einer zu starken Stellung der Bundesregierung, sagte die Ministerpräsidentin von Mecklenburg-Vorpommern. Gleichzeitig arbeiteten sie konstruktiv an der Gesetzgebung des Bundes mit. «Und das hat sich bewährt.»

Den Beginn des Zweiten Weltkrieges durch den Überfall Hitler-Deutschlands auf Polen vor 85 Jahren nahmen die ostdeutschen Ministerpräsidenten zum Anlass, für eine Stärkung der Beziehungen zum östlichen Nachbarn zu werben. Gemeinsam mit Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein brachten sie eine Entschließung ein, in der unter anderem eine stärkere Unterstützung des deutsch-polnischen Jugendwerks und mehr Geld für Sprachunterricht verlangt wird. Das Weimarer Dreieck zur Zusammenarbeit zwischen Deutschland, Frankreich und Polen soll wiederbelebt werden. «Lasst uns durch die Warschauer Brille auf Europa schauen», sagte Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke).

Die wichtigsten Beschlüsse des Bundesrats:

Mehr Freiheiten im Namensrecht

Bei der Wahl des Nachnamens wird es vom 1. Mai 2025 an mehr Freiheiten geben. Nach dem vom Bundesrat gebilligten Gesetz ist es Ehepartnern dann erlaubt, einen gemeinsamen Doppelnamen zu führen - mit oder ohne Bindestrich. Kinder können einen Doppelnamen auch dann führen, wenn die Eltern sich gegen einen gemeinsamen Ehenamen entscheiden. Bisher kann nur ein Ehepartner einen Doppelnamen führen, Kinder können das in der Regel nicht. Neu ist auch: Der erste Familienname, den Eltern für ein gemeinsames Kind festlegen, gilt dann auch für alle weiteren gemeinsamen Kinder des Paares. Wenn die Eltern nach der Geburt ihres Kindes zunächst keinen Familiennamen festlegen, erhält das Kind automatisch einen Doppelnamen.

Leichtere Änderung des Geschlechtseintrags

Vor allem transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen werden aufatmen - für sie wird es künftig erheblich einfacher sein, den Geschlechtseintrag und den Vornamen behördlich ändern zu lassen. Dazu ist dann nur noch eine Erklärung gegenüber dem Standesamt nötig. Eine Gerichtsentscheidung und zwei Sachverständigengutachten, die bisher erforderlich waren, braucht es künftig nicht mehr. Das bislang geltende aufwendige Verfahren nach dem mehr als 40 Jahre alten Transsexuellengesetz sei entwürdigend gewesen, sagte Hamburgs Vize-Regierungschefin Katharina Fegebank (Grüne) im Bundesrat. Für viele sei es «ein großer Tag für ein freieres und für ein selbstbestimmteres Leben».

Neues Verfahren bei Klimaschutz-Bewertung

Die von der Länderkammer abgesegnete Novelle des Klimaschutzgesetzes sieht vor, dass es künftig eine mehrjährige und sektorenübergreifende Gesamtbetrachtung des Ausstoßes von Treibhausgas geben soll. Damit entfällt die bisherige sektorale Betrachtungsweise. Das freut vor allem Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP), weil der Verkehrssektor seine Ziele bisher regelmäßig verfehlt hat. An den Klimazielen selbst ändert die Novelle nichts. Deutschland soll weiterhin bis 2045 treibhausgasneutral werden. In einer Entschließung forderte die Länderkammer eine Pflicht zum Nachsteuern, wenn Deutschland seine Klimaziele erkennbar verfehlen sollte.

Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten

Das Strafgesetzbuch erhält einen neuen Straftatbestand: die unzulässige Interessenwahrnehmung. Dabei geht es um die Bestechlichkeit und Bestechung von Abgeordneten. Bis zu drei Jahre Freiheitsstrafe drohen nun Mandatsträgern, die für Handlungen, die sie während des Mandates vornehmen, eine ungerechtfertigte finanzielle Gegenleistung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen. Wer eine solche finanzielle Gegenleistung verspricht oder gewährt, wird in gleicher Weise bestraft. Die Regeln sind eine Reaktion auf die Maskenaffären während der Corona-Pandemie. Sie gelten für den Bundestag, die Landtage, das Europaparlament und die Mitglieder der parlamentarischen Versammlungen von internationalen Organisationen wie dem Europarat.

Beteiligung des Bundes an Kita-Finanzierung

In einer angenommenen Erschließung forderten die Länder den Bund auf, sich auch über das laufende Jahr hinaus an der Finanzierung einer besseren Kita-Qualität zu beteiligen. «Der Bund muss die Länder und Kommunen verlässlich unterstützen», sagte Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther (CDU). Es handele sich um eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. «Der Bund muss dauerhaft die Standards mitbezahlen, die er haben möchte und die er sich in bilateralen Vereinbarungen von den Ländern hat unterzeichnen lassen.» Das Problem für die Länder: Nach derzeitigem Stand läuft die finanzielle Beteiligung des Bundes am sogenannten Gute-Kita-Gesetz zum Jahresende aus.

Strafbarkeit von politischem Stalking

Zum Schutz vor allem von Kommunalpolitikern wollen die Länder einen weiteren neuen Straftatbestand schaffen: politisches Stalking. Darunter verstehen sie zum Beispiel nächtliche Fackelaufmärsche vor dem Haus von Politikern, Drohschreiben und andere Einschüchterungsversuche. Austeilen und Einstecken gerade in Wahlkämpfen gehöre für Politiker dazu, sagte Sachsens Justizministerin Katja Meier (Grüne). «Was dagegen völlig inakzeptabel ist und was sich niemand gefallen lassen muss, sind Einschüchterungs- und Bedrohungsversuche, die nichts mehr mit politischer Diskussionskultur zu tun haben.» Der Gesetzesantrag des Landes Sachsen wird nun erst einmal in den Ausschüssen des Bundesrates beraten.

Public Viewing bei Fußball-EM

Fußballfans können sich freuen: Dem Mitfiebern mit der Nationalmannschaft unter freiem Himmel nach 22 Uhr steht nichts mehr im Weg, wenn am 14. Juni die Europameisterschaft der Männer beginnt. Die Länderkammer stimmte einer Verordnung der Bundesregierung zu, in der Lärmschutzfragen geregelt sind. Kommunen können Public-Viewing-Veranstaltungen auf Marktplätzen oder in Parks damit auch dann genehmigen, wenn sie bis in die Nachtstunden gehen. Das betrifft die 26 der insgesamt 51 Spiele, bei denen der Anstoß erst um 21 Uhr erfolgt.

Von Ulrich Steinkohl, dpa
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