In Dortmund, der drittgrößten Stadt in NRW, unterlag SPD-Amtsinhaber Thomas Westphal nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den CDU-Herausforderer Alexander Omar Kalouti.
Dieter Menne/dpa
In Dortmund, der drittgrößten Stadt in NRW, unterlag SPD-Amtsinhaber Thomas Westphal nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den CDU-Herausforderer Alexander Omar Kalouti.
Stichwahlen in NRW

Stichwahlen in NRW: Machtwechsel und Überraschungen

Paukenschlag bei den kommunalen Stichwahlen in NRW: Erstmals seit Jahrzehnten regiert in Dortmund nicht mehr die SPD. Die CDU etabliert sich in Großstädten. Die AfD bringt keinen Kandidaten durch.

Schock und Freude liegen für die gebeutelte SPD in Nordrhein-Westfalen an diesem Abend nah beieinander. Nach fast 80 Jahren verlieren die Sozialdemokraten ihre einstige «Herzkammer» Dortmund an die CDU. Trostpflaster für die Sozialdemokraten ist bei den Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen, dass sie nach zehn Jahren wieder die Millionenstadt Köln regieren. Doch der Schlag in Dortmund wiegt schwer und sendet Schockwellen bis nach Berlin.

Licht und Schatten auch für die CDU: Die Christdemokraten konnten in bisher von SPD oder Grünen regierten Städten siegen, verloren aber auch Rathäuser an die Sozialdemokraten. Die Grünen gewannen als Trophäe zwar den Oberbürgermeisterposten in der Universitätsstadt Münster, müssen aber die OB-Sessel in Bonn und Aachen räumen und unterlagen auch in Köln. 

Ende der SPD-Ära in Dortmund

In Dortmund, der drittgrößten Stadt in NRW, unterlag SPD-Amtsinhaber Thomas Westphal nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen gegen den CDU-Herausforderer Alexander Omar Kalouti. Damit endet eine seit acht Jahrzehnten andauernde SPD-Ära in Dortmund. Kalouti holte laut vorläufigem Ergebnis in der drittgrößten Stadt Nordrhein-Westfalens 52,92 Prozent der Stimmen, Westphal kam auf 47,08 Prozent der Stimmen.

Erfolg für die SPD dagegen in der Millionenstadt Köln. Der SPD-Politiker Torsten Burmester erzielte 53,5 Prozent, seine Gegenkandidatin Berivan Aymaz von den Grünen kam auf 46,5 Prozent. Weitere Lichtblicke: Die SPD konnte die Chefsessel in der Ruhrgebietsstadt Oberhausen sowie in Mülheim/Ruhr von der CDU zurückerobern, stellt auch in der wichtigen Revierstadt Bochum weiter den OB und siegte auch in Wuppertal.

Mahnung von Bärbel Bas

Dennoch schickte die SPD-Bundesvorsitzende Bärbel Bas mahnende Worte in die Partei. Die SPD müsse die Sorgen der Menschen ernst nehmen und den Alltag verbessern. «Darauf muss der gesamte Fokus unserer Arbeit liegen. Das gilt für NRW genauso wie für das ganze Land», sagte Bas der Deutschen Presse-Agentur. Die Niederlage der Sozialdemokraten bei der Oberbürgermeister-Stichwahl in Dortmund sei schmerzhaft. Sie werde aber überstrahlt vom Überraschungssieg in Köln. «Als SPD konnten wir uns in der großen Mehrheit der Stichwahlen in Nordrhein-Westfalen behaupten», so Bas. 

Nachdenklich gab sich auch SPD-Landeschefin Sarah Philipp: «Wir haben verstanden, dass wir Teile unseres Stils und unserer Programmatik korrigieren müssen, um verloren gegangenes Vertrauen wiederherzustellen.» Dabei könne die Partei auch von den siegreichen Kandidatinnen und Kandidaten der Kommunalwahlen lernen.

CDU sieht sich gestärkt

Freude nach einigen überraschenden Erfolgen und trotz einiger Niederlagen herrschte bei der CDU. In der Landeshauptstadt Düsseldorf geht Amtsinhaber Stephan Keller (CDU) in eine zweite Amtszeit. Der 55-Jährige setzte sich gegen Grünen-Herausforderin Clara Gerlach durch. 

Auch in Essen bleibt CDU-Politiker Thomas Kufen für eine dritte Amtszeit Oberbürgermeister. In Bonn und Aachen lösten CDU-Politiker die bisherigen Grünen-Oberbürgermeisterinnen ab. Im bisher von der SPD regierten Bielefeld siegte ebenso wie in Leverkusen der CDU-Kandidat. 

Ministerpräsident und CDU-Landeschef Hendrik Wüst sprach von einem «Votum für eine pragmatische, lösungsorientierte, christdemokratische Politik der Mitte». Die Menschen sähen, dass die CDU über alle politischen Ebenen hinweg in NRW «in den letzten fünf Jahren gute Arbeit gemacht hat». 

Im ersten Wahlgang am 14. September waren die Christdemokraten trotz leichter Rückgänge mit 33,3 Prozent der Stimmen klar die stärkste Kraft geblieben. 

Auch Unionsfraktionschef Jens Spahn zeigte sich sehr zufrieden. Den CDU-Sieg in Dortmund bezeichnete er in der «Rheinischen Post» als historisch. Damit würden nun drei der fünf größten Städte in NRW von CDU-OBs regiert: «Letztmalig haben wir 1999 so abgeräumt. Ein toller Abend», sagte Spahn.

Kein «blaues Rathaus» in NRW 

Die befürchtete «blaue Welle» blieb auch bei den Stichwahlen aus. Die AfD, die bei den Kommunalwahlen vor zwei Wochen ihr Ergebnis auf 14,5 Prozent fast verdreifachen konnte, brachte keinen ihrer drei Kandidaten in Duisburg, Gelsenkirchen und Hagen durch. 

In der Stahl-Stadt Duisburg kam der langjährige SPD-Amtsinhaber Sören Link auf 78,6 Prozent der Stimmen, für seinen AfD-Konkurrenten Carsten Groß stimmten 21,4 Prozent. Der 49-jährige Link ist seit 13 Jahren Oberbürgermeister von Duisburg und konnte vor allem mit seinem Kurs gegen Sozialbetrug bei vielen Bürgern punkten.

In der Ruhrgebietsstadt Hagen entschied der CDU-Kandidat Dennis Rehbein die Stichwahl für das Oberbürgermeisteramt mit 71,7 Prozent der Stimmen ebenfalls klar für sich. AfD-Kandidat Michael Eiche musste sich mit 28,3 Prozent geschlagen geben. 

In Gelsenkirchen wird die Sozialpolitikerin Andrea Henze (SPD) neue Oberbürgermeisterin. Die 49-Jährige setzte sich mit 66,9 Prozent der Stimmen gegen Norbert Emmerich von der AfD durch, der auf 33,1 Prozent kam. Gelsenkirchen leidet unter starken Strukturproblemen und verzeichnet die bundesweit höchste Arbeitslosenquote.

Trotz der Niederlagen wertete AfD-Landeschef Martin Vincentz das Ergebnis positiv: «Die Tendenz stimmt. Man ist sehr froh, dass man es diesmal noch geschafft hat, mit vereinten Kräften, die AfD zu verhindern», sagte er der dpa. 

Das sei ein Zeichen für kommende Wahlen. «Wir haben in 2026 eine ganze Reihe von sehr spannenden Landtagswahlen. Wir nehmen den Rückenwind aus NRW durchaus mit.» Bei den Landtagswahlen in NRW 2027 wolle sich die AfD «mindestens verdreifachen».

Trostpflaster Münster für die Grünen 

Erstmals besetzt in Münster ein Grüner als Oberbürgermeister den Chefsessel im Rathaus. Tilman Fuchs setzte sich gegen den CDU-Kandidaten Georg Lunemann durch. Jedoch verloren die Grünen ihre Spitzenposten in Aachen und Bonn an die CDU. Die parteilose Aachener Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen unterlag CDU-Herausforderer Michael Ziemons. In Bonn wird CDU-Politiker Guido Déus neuer Oberbürgermeister. Er setzte sich gegen die bisherige Amtsinhaberin Katja Dörner durch.

Die Grünen, die schon bei den landesweiten Kommunalwahlen vor zwei Wochen hohe Einbußen erlitten hatten, spürten auch bei den Stichwahlen den aktuellen politischen Gegenwind. 2020 hatten die Grünen erstmals in Bonn und Aachen OB-Posten in NRW gewonnen und bei den Kommunalwahlen ihr bestes Ergebnis erzielt. 2022 kamen die Grünen dann nach der NRW-Landtagswahl als CDU-Koalitionspartner in die landesweite Regierungsverantwortung. 

Grünen-Chef Felix Banaszak will Schlüsse für kommende Wahlen ziehen. «Was wir jetzt zu tun haben, in Richtung Landtagswahl und in Richtung Bundestagswahl, ist, das Vertrauen wieder aufzubauen, dass grüne Politik die richtigen Antworten auf die Fragen der Gegenwart und der Zukunft liefert», sagte Banaszak der dpa. «Wir haben heute ein gemischtes Ergebnis, und ich bin auch nicht bereit, die Geschichte erzählen zu lassen, dass alles kaputt ist», betonte er. In NRW regiert seit 2022 eine schwarz-grüne Koalition. Das Bündnis kommt Umfragen zufolge derzeit weiter auf eine Mehrheit.

Kommende Wahlen schon im Blick

Ein Name ragte für die SPD am Abend der Stichwahlen besonders heraus: Sören Link. SPD-Bundeschefin Bas lobte das Ergebnis in ihrer Heimatstadt Duisburg. «Sören Link ist ein überzeugender Oberbürgermeister, der nah bei den Menschen ist und die Probleme unserer Stadt anpackt», sagte sie. «Er hat mit einem fulminanten Ergebnis die AfD deutlich deklassiert.» 

Der Name Link wird bereits genannt, wenn es um den Spitzenkandidaten der seit Jahren im Abstieg begriffenen SPD bei der Landtagswahl 2027 geht. Im kommenden Jahr will die NRW-SPD den Spitzenkandidaten benennen. Der Duisburger OB sei dicht dran an den Menschen und besitze Glaubwürdigkeit, heißt es. «Jemand, der in der Lage ist, eine komplexe Stadt zu regieren, ist auch qualifiziert für höhere Ämter auf der Landesebene», sagte der Düsseldorfer Politologe Stefan Marschall.

Von Dorothea Hülsmeier, dpa
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