Der Zentralratspräsident Josef Schuster zeigt sich enttäuscht über fehlende Solidarität gegenüber jüdischen Deutschen.
Klaus-Dietmar Gabbert/dpa
Der Zentralratspräsident Josef Schuster zeigt sich enttäuscht über fehlende Solidarität gegenüber jüdischen Deutschen.
Antisemitismus

Schuster enttäuscht über fehlende Solidarität mit Juden

Die Juden in Deutschland spüren viel Unterstützung der Politik - aus der Mitte der Gesellschaft eher weniger. Und sie stellen sich darauf ein, dass eine Minderheit auch künftig weiter hetzt.

Der Zentralrat der Juden erwartet auch für die nächsten Jahre kein Abflauen von Vorurteilen, Anfeindungen und Hass. «Die Utopie eines Lebens ohne Antisemitismus in Deutschland habe ich nicht», sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der dpa in Berlin.

Schon der frühere Zentralratspräsident Ignatz Bubis habe zu Ende seiner Amtszeit resigniert gesagt, er habe nichts erreicht. «Wenn ich auf neun Jahre zurückblicke, dann sehe ich tatsächlich mehr Antisemitismus als damals, und das meine ich, ohne den 7. Oktober zu berücksichtigen», sagte Schuster. Gemeint ist der starke Anstieg von antisemitischen Vorfällen in Deutschland nach dem Angriff der Terrororganisation Hamas auf Israel.

Schuster enttäuscht über fehlende Solidarität

Schuster fügte hinzu: «Allerdings glaube ich, dass nicht mehr Menschen antisemitisches Gedankengut haben, sondern dass Antisemiten einfach lauter werden. Also würde ich vorhersagen, dass wir in fünf Jahren ein ähnliches Meinungsbild haben wie vor dem 7. Oktober. Der Antisemitismus in Deutschland wird etwa gleich bleiben.»

In den vergangenen Jahrzehnten habe laut Umfragen immer etwa ein Fünftel der Bevölkerung antijüdische Ressentiments gehabt. «Die werden nicht verschwinden, aber erfreulicherweise ist die Rate auch nie gestiegen», sagte Schuster.

Der Zentralratspräsident zeigte sich enttäuscht über fehlende Solidarität gegenüber jüdischen Deutschen. «Was wir von den politisch Verantwortlichen hören, quer durch alle Parteien, ist eindeutig empathisch, solidarisch mit Israel, ohne Wenn und ohne Aber», sagte er. «Was ich vermisse, ist eine entsprechende breite Meinungsäußerung aus der Gesellschaft. Bei pro-israelischen Demonstrationen hätte ich mir schon eine breitere Beteiligung gewünscht.» Er schränkte aber ein: «Es gibt deutlich mehr aufmunternde, positive Mails - in einer Menge und Fülle, wie ich es in dieser Form noch nicht gesehen habe.»

Schuster äußerte sich in einem Interview am Rande des Jüdischen Gemeindetags, der am heutigen Sonntag in Berlin zu Ende geht. Das Treffen mit etwa 1400 Teilnehmerinnen und Teilnehmern lief seit Donnerstag mit Diskussionen, Workshops und Gebeten. Die Jüdischen Gemeinden in Deutschland zählen etwa 95.000 Menschen.

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