Scholz zuversichtlich: «Wird sehr erfolgreicher Gipfel sein.»
Britta Pedersen/dpa
Scholz zuversichtlich: «Wird sehr erfolgreicher Gipfel sein.»
Verteidigung

Scholz vertraut auf Biden - Nato-Gipfel startet

Selbst Parteifreunde zweifeln inzwischen an Joe Biden. Doch Bundeskanzler Scholz steht zu ihm - Fitness hin oder her. Nicht nur die deutschen Erwartungen an den Gastgeber des Nato-Gipfels sind hoch.

Der Nato-Gipfel wird zur Bewährungsprobe für Joe Biden. Die Fitness des US-Präsidenten steht mit Blick auf eine erhoffte Wiederwahl selbst im eigenen politischen Lager in Frage. Unterstützung und Vertrauen sprach hingegen Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) dem 81-jährigen Demokraten aus. Vor dem Jubiläumstreffen der Staats- und Regierungschefs in Washington wischte Scholz Befürchtungen einer Überforderung des Gastgebers weg. «Nein, diese Sorge habe ich nicht», sagte der Kanzler vor der Abreise. 

Biden wollte mit dem scheidenden Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg den Gipfel zum 75. Geburtstag des Bündnisses feierlich eröffnen - sein erster Auftritt im Rampenlicht des dreitägigen Treffens. 

Er wisse aus vielen Gesprächen mit Biden, dass dieser den Gipfel gut und präzise vorbereitet habe. «Viele der Entscheidungen, die jetzt dort getroffen werden und vorbereitet sind, sind ja im engsten Einvernehmen zwischen Deutschland und den USA entwickelt worden», sagte Scholz. «Insofern wird das auch ein sehr erfolgreicher Gipfel sein.»

Die Nato feiert bei dem dreitägigen Treffen ihren 75. Geburtstag. Dabei steht das auf 32 Alliierte gewachsene Bündnis vor ernsten Herausforderungen. Vor allem braucht es Garantien für eine stetige militärische Unterstützung der Ukraine, auch wenn Donald Trump, der republikanische Kontrahent Bidens, bei der Präsidentenwahl im November gewinnen sollte. 

Fitness des Gastgebers Biden dominiert Schlagzeilen in den USA

Biden kämpft um seine Präsidentschaftskandidatur. Belastet durch das verpatzte TV-Duell gegen Trump ging der Demokrat vor dem Gipfel nochmals in die Offensive und schlug konfrontative Töne gegenüber Parteikollegen an. Biden wandte sich mit einem deutlichen Brief an die Demokraten im Kongress und rief in einem für ihn ungewöhnlichen Schritt bei einer Live-Sendung im US-Frühstücksfernsehen an. 

Nato will Rüstungsindustrie ankurbeln

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg kündigte am Dienstag vor dem offiziellen Start eine neue Vereinbarung zur Stärkung der Verteidigungsindustrie an. Es gehe darum, mehr zu investieren, die Produktion auszubauen und die transatlantische Zusammenarbeit zu verbessern, erklärte er vor Vertretern von Rüstungsunternehmen in Washington.

Der Krieg in der Ukraine habe gezeigt, dass die Bestände an Waffen und Munition zu klein und die Produktionskapazitäten zu gering seien, sagte Stoltenberg. Zudem gebe es bedeutende Lücke bei der Interoperabilität, also der Fähigkeit von Streitkräften zur multinationalen Zusammenarbeit.

Scholz: Ukraine so lange beistehen wie erforderlich

Scholz sicherte der Ukraine langfristige Unterstützung gegen den russischen Angriffskrieg zu. «Und es ist gut, dass wir das in den letzten Tagen noch einmal verstärkt haben mit einer ganz klaren Botschaft: Wir werden der Ukraine so lange beistehen, wie das erforderlich ist», sagte Scholz und verwies auf Waffenlieferungen und die gemeinsame Initiative der wichtigsten Industriestaaten. 

Die G7-Staaten hatten sich bei ihrem Gipfel in Italien darauf verständigt, mithilfe von Zinsen aus eingefrorenem russischen Staatsvermögen ein Kreditpaket im Umfang von etwa 50 Milliarden US-Dollar (etwa 47 Mrd. Euro) zu finanzieren. 

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj traf in Washington mit hohen Erwartungen ein. Er erhofft sich eine klarere Beitrittsperspektive für sein Land und eine stärkere militärische Unterstützung im Krieg gegen Russland. Insbesondere erwartet Kiew neue Zusagen bei Flugabwehrsystemen.

Die Ukraine wird seit über zwei Jahren bei der Abwehr der russischen Invasion vom Westen unterstützt. 

Scholz versteht Ärger um Verteidigungsausgaben nicht

Die Ampel-Regierung von Scholz hatte noch vor dem Gipfel einen Haushalt für 2025 auf die Beine gestellt. Der Posten für die Bundeswehr wächst um gut 1,2 statt der von Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) angemeldeten 6,7 Milliarden Euro. Pistorius nannte das auf seinem Weg nach Washington ärgerlich. 

Scholz machte nun noch einmal deutlich, dass er in dem Haushaltskompromiss der Ampel-Spitze eine ausreichende Finanzierungsgrundlage sieht. Zugleich richtete er den Blick über die Amtszeit der Koalition hinaus und bekräftigte die Zusage langfristig höherer Verteidigungsausgaben. 

«Die Bundeswehr kann davon ausgehen, dass Deutschland eine Nato-Quote von zwei Prozent in den nächsten Jahren immer einhalten wird und deshalb kann sie auch in den ganzen 20er Jahren und in den beginnenden 30er Jahren Bestellungen wirksam werden lassen, die für die Sicherheit des Landes wichtig sind», sagte Scholz. Der Verteidigungshaushalt soll nach seinen Vorstellungen von 2028 an - wenn das sogenannte Sondervermögen für die Bundeswehr verbraucht ist - auf 80 Milliarden Euro steigen. 

Neulinge und Querulanten beim Gipfel 

Schlagzeilen machte vor dem Gipfel Nato-Mitglied Ungarn. Der ungarische Regierungschef Viktor Orban besuchte Putin in Moskau - und wurde dafür aus der EU scharf kritisiert. In einem Brief an seine Amtskollegen gab er nun Einblick in dessen Sicht auf den Angriffskrieg gegen die Ukraine. In dem Schreiben, das der Deutschen Presse-Agentur in Brüssel vorliegt, legt er die Sichtweise Putins auf den Krieg gegen die Ukraine dar. 

Zum ersten Mal nach dem Beitritt nimmt Schweden an einem Nato-Gipfel teil. Unter dem Eindruck des am 24. Februar 2022 begonnenen Angriffskrieges Russlands hatten Schweden und auch Finnland ihre Neutralität aufgegeben.

Für Nato-Generalsekretär Stoltenberg wird es der letzte reguläre Gipfel vor dem Abschied sein. Er übergibt sein Amt zum 1. Oktober nach zehn Jahren an den früheren niederländischen Regierungschef Mark Rutte.

 

 

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