Demonstranten versammeln sich nach dem Tod von Alexej Nawalny mit Schildern vor der russischen Botschaft in Berlin.
Kay Nietfeld/dpa
Demonstranten versammeln sich nach dem Tod von Alexej Nawalny mit Schildern vor der russischen Botschaft in Berlin.
Diplomatie

Russische Botschaft: Nawalnys Tod «innere Angelegenheit»

Berlin hat den russischen Botschafter wegen des Todes von Kremlkritiker Alexej Nawalny vorgeladen. Die russischen Diplomaten weisen Vorwürfe als unangebrachte Einmischung zurück.

Russland hat den Aufruf Deutschlands zur Aufklärung des Todes von Kremlkritiker Alexej Nawalny als Einmischung in die inneren Angelegenheiten zurückgewiesen. «Deutsche Vertreter wurden darauf hingewiesen, dass es sich bei dieser Situation um eine ausschließlich innere Angelegenheit der russischen Seite handelt, die, wie schon erklärt wurde, eine in solchen Fällen ordnungsgemäße professionelle Ermittlung durchführen wird», schrieb die russische Botschaft in Berlin bei Telegram.

Zugleich bestätigte die Behörde, dass Botschafter Sergej Netschajew ins deutsche Außenministerium einbestellt wurde. Bei dem Treffen habe er die russische Sichtweise des Falls dargelegt.

Die Botschaft behauptete dabei, dass der Westen den Tod des Oppositionspolitikers ausnutze, um antirussische Stimmungen zu schüren. Nawalny war am Freitag im Alter von 47 Jahren in einem Straflager im hohen Norden Sibiriens ums Leben gekommen.

Berlin fordert Aufklärung der Todesumstände

Eine Sprecherin des Auswärtigen Amts sagte, das politisch motivierte Verfahren gegen Nawalny sowie das gegen zahlreiche weitere Kritiker der russischen Regierung und die unmenschlichen Haftbedingungen zeigten, wie brutal die russische Justiz gegen Andersdenkende vorgehe und mit welchen Mitteln Präsident Wladimir Putin Meinungsfreiheit in Russland unterdrücke. «Wir verurteilen dies auf das Allerschärfste und fordern ausdrücklich die Freilassung aller in Russland aus politischen Gründen Inhaftierten.»

Die Bundesregierung forderte Russland auf, die Umstände von Nawalnys Tod in einem sibirischen Straflager vollständig aufzuklären und auch den Leichnam an die Familie freizugeben, wie Regierungssprecher Steffen Hebestreit sagte. Zudem sollte ein straffreies Gedenken das Mindeste sein.

Von der Leyen und Merz gehen von gezielter Tötung aus

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen habe bei der Münchner Sicherheitskonferenz mit der Witwe von Nawalny gesprochen und diese habe sehr eindrücklich geschildert, dass Nawalny noch am Tag vor dem Beginn der Münchner Sicherheitskonferenz über einen Videolink an einer Anhörung teilgenommen habe, sagte von der Leyen in Berlin am Rande einer CDU-Vorstandssitzung. Da habe er gescherzt und es sei sichtbar gewesen, dass es ihm gut geht. Julia Nawalnaja habe auch darauf hingewiesen, dass ihr Mann erst 47 Jahre alt und gesund gewesen sei.

«Ihre Äußerungen haben das noch mal sehr deutlich bestätigt, dass er gezielt ermordet worden ist», fügte von der Leyen hinzu. Das zeige die Rücksichtslosigkeit und Perfidie des russischen Präsidenten Wladimir Putin, für den «wirklich kein Menschenleben» etwas zähle. Mit dem Tod Nawalnys habe er versucht, bei der Münchner Sicherheitskonferenz seine Botschaft zu platzieren. Putin versuche, auch westliche Demokratien zu destabilisieren und zu unterminieren.

CDU-Chef Merz sagte: «Wir alle haben es nicht als Zufall empfunden, dass am Freitagmorgen die Nachricht in München ankam, dass Alexej Nawalny, der prominenteste Kritiker und Oppositionspolitiker in Russland, an diesem Tag gestorben ist. Wir alle gehen fest davon aus, dass das ein klarer Auftrag war des russischen Staatspräsidenten». Die klare Botschaft sei, dass Putin tue, was er wolle, und dass Menschenleben für ihn keine Rolle spielten.

Nawalny war seit 2021 inhaftiert

Zuvor war bekannt geworden, dass Deutschland und andere EU-Staaten nach dem Tod Nawalnys weitere Sanktionen gegen Russland auf den Weg bringen wollen. Genutzt werden solle dazu ein spezielles EU-Sanktionsinstrument zur Bestrafung von schweren Menschenrechtsverstößen, erklärte Bundesaußenministerin Annalena Baerbock (Grüne) zum Auftakt eines EU-Außenministertreffens in Brüssel.

Nawalny war in russischer Lagerhaft ums Leben gekommen. Sein Tod war am Samstag von dessen Sprecherin bestätigt worden. Zuvor hatte bereits der russische Strafvollzug über Nawalnys Tod informiert, der seit 2021 inhaftiert war.

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