Rechnen sich die SPD-Umverteilungspläne?
Der Unionskanzlerkandidat wettert: «Die Rechnung geht nicht auf.» Doch die SPD will ihre Steuerpläne zum Wahlkampfschlager machen - auf Basis konkreter Berechnungen.
Der Unionskanzlerkandidat wettert: «Die Rechnung geht nicht auf.» Doch die SPD will ihre Steuerpläne zum Wahlkampfschlager machen - auf Basis konkreter Berechnungen.
SPD-Chefin Saskia Esken hat die Umverteilungspläne der Sozialdemokraten für den anstehenden Bundestagswahlkampf verteidigt. Unionskanzlerkandidat Friedrich Merz zeigt sich derweil «schockiert» über den SPD-Kurs. Rückendeckung erhält die Kanzlerpartei vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB).
«Die Einkommenssteuerreform soll in sich finanziert sein», erläuterte Parteichefin Saskia Esken zum Abschluss einer SPD-Vorstandsklausur zur ersten handfesten Vorbereitung auf den bevorstehenden Bundestagswahlkampf. Höhere Einnahmen bei einem Prozent der Steuerzahlerinnen und -zahler sollen laut Esken die Senkung für 95 Prozent finanzieren.
SPD kündigt konkrete Rechnung an
«Deswegen muss das gegeneinander gerechnet werden», sagte Esken. «Das werden wir tun in unserem Regierungsprogramm.» Gemeint ist das Wahlprogramm, mit dem sich die SPD erneut um die Übernahme von Regierungsverantwortung an führender Stelle bewerben will. Ein Parteitag soll dazu und zur Kür des amtierenden Kanzlers zum erneuten Kandidaten am 21. Juni des kommenden Jahres stattfinden, wie Esken ankündigte.
Die SPD-Chefin verteidigte die Pläne. «Derzeit bezahlt jemand, der 67.000 Euro im Jahr zu versteuern hat, in der Spitze den gleichen Satz wie jemand, der 250.000 Euro zu versteuern hat. Und das ist ungerecht.» Zu viele Menschen mit mittlerem Einkommen bezahlten zu hohe Steuern.
Merz: «Rechnung geht nicht auf»
CDU-Chef Merz kritisierte die SPD-Pläne als völlig unrealistisch. «Das ist eine Belastung für den Mittelstand», sagte Merz in der ARD-Sendung «Caren Miosga». Die SPD will das eine Prozent an der Spitze der Einkommensskala «etwas stärker in die Verantwortung» nehmen, wie sie in einem Strategiepapier beschloss. Merz konterte: «Die Rechnung geht doch nicht auf.» Die Betroffenen seien auch nicht die Besserverdienenden. «Das sind die Leistungsträger unserer Gesellschaft.» Darunter seien viele mittelständische Unternehmer oder Handwerksbetriebe, die dann eine Steuerlast von 60 Prozent plus hätten.
SPD kontra CDU - und umgekehrt
«Noch mehr schockiert» sei er wegen des «alten Musters» bei der SPD. «Mehr Staat, mehr Schulden, mehr Bürokratie, höhere Steuern für die Reichen, wie die SPD es ja dann immer gerne nennt», sagte der Unionsfraktionschef. «Wenn sie diesen Jargon weiter in Deutschland fortsetzen, dann brauchen wir uns über die Abwanderung von Unternehmen in die benachbarten Länder in Europa nicht weiter zu wundern.»
Esken umriss, worum es der SPD neben der Entlastung der Mitte und der versprochenen Rettung bedrohter Industrie noch zentral geht. «Ein aktiver Staat nimmt die soziale Infrastruktur in den Blick, um den Stress aus dem Alltag der Menschen zu nehmen.» Gebaut oder ausgebaut werden müssten Kitas, die Bus- und Bahn-Infrastruktur, Wohnungen und Brücken. Eine höhere Reichensteuer und ein höherer Spitzensteuersatz sollten der Finanzierung dienen.
«Eine Richtungsentscheidung»
«Diese Bundestagswahl wird eine echte Richtungsentscheidung», sagte Esken. Auch der neue SPD-Generalsekretär Matthias Miersch sprach von einer solchen Entscheidung. «Die Bürgerinnen und Bürger werden entscheiden müssen, ob man in ganz alte Mottenkisten zurückgeht. Dafür steht der Ansatz, den Friedrich Merz macht», sagte er in einem Podcast des Magazins «Politico». «Wir sind bestens aufgestellt», sagte Esken auch mit Blick darauf, dass die SPD-Führung erneut Olaf Scholz ins Rennen ums Kanzleramt schicken will, während sich die Union einhellig auf Friedrich Merz verständigt hat.
Rückendeckung vom DGB
Unterstützung für die SPD-Pläne kommen vom Deutschen Gewerkschaftsbund, der am Sonntag im Schulterschluss mit dem Bundespräsidenten, Scholz und anderen SPD-Politikerinnen und -Politikern seinen 75. Geburtstag gefeiert hatte. «Wir haben mit unserem Steuerkonzept gezeigt, wie es aufkommensneutral geht», sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Deutschen Presse-Agentur. «95 Prozent der Beschäftigten können sehr wohl bei der Einkommenssteuer entlastet werden, wenn Spitzenverdiener und Spitzenvermögen mehr zum Gemeinwesen beitragen müssen.»
Körzell sagte: «Auch Krankenpflegerinnen, Bauarbeiter oder Kita-Erzieherinnen sind Leistungsträger unserer Gesellschaft.» Sie bräuchten dringend mehr Netto vom Brutto. «Es ist vollkommen richtig, die Besserverdienenden und Vermögende stärker zu beteiligen.» Die Pläne der SPD gingen in die richtige Richtung.
Von Basil Wegener, dpa
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