59 Prozent der befragten Wahlberechtigten bewerten ein Verbot bestimmter AfD-Landesverbände als eine «sehr gute Idee» oder eine «eher gute Idee».
Sebastian Kahnert/dpa
59 Prozent der befragten Wahlberechtigten bewerten ein Verbot bestimmter AfD-Landesverbände als eine «sehr gute Idee» oder eine «eher gute Idee».
Umfrage

Mehrheit für Verbot von drei AfD-Landesverbänden

Seit den Correctiv-Enthüllungen wird die AfD scharf kritisiert. Viele Menschen könnten sich nun ein Verbot vorstellen. Die Unterstützung für dieses Vorhaben variiert je nach Parteivorliebe.

Eine Mehrheit der Deutschen hielte ein Verbot der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuften AfD-Landesverbände in Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt für sinnvoll. Das zeigen die Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Pollytix im Auftrag der Kampagnenorganisation Campact.

Dabei gaben den Angaben zufolge 59 Prozent der befragten Wahlberechtigten an, ein solches Verbot sei aus ihrer Sicht eine «sehr gute Idee» oder eine «eher gute Idee». Schlecht oder eher schlecht fänden so ein Verbot 38 Prozent der Bundesbürger.

Die größte Unterstützung für ein Verbot dieser drei ostdeutschen AfD-Landesverbände fanden die Meinungsforscher unter den Anhängern von Grünen und SPD. Etwas weniger Zuspruch für diesen Vorschlag gab es den Angaben zufolge bei denjenigen, die, wenn schon am kommenden Sonntag Bundestagswahl wäre, ihr Kreuz bei CDU, CSU, Linke oder FDP machen würden. Von den Anhängern von Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) sehen demnach viele ein solches Verbot mit Skepsis. Die befragten AfD-Anhänger waren laut Pollytix fast alle dagegen.

Correctiv-Enthüllungen lösen Sorgen aus

Die Meinungsforscher hatten auch nach einem Bericht des Recherchezentrums Correctiv über ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam im November gefragt, an dem AfD-Politiker sowie einzelne Mitglieder der CDU und der sehr konservativen Werteunion teilgenommen hatten.

Der österreichische Rechtsextremist Martin Sellner hatte bei dem Treffen nach eigenen Angaben über «Remigration» gesprochen. Wenn Rechtsextremisten diesen Begriff verwenden, meinen sie in der Regel, dass eine große Zahl von Menschen ausländischer Herkunft das Land verlassen soll - auch unter Zwang.

Knapp vier von fünf Wahlberechtigten haben demnach von den Correctiv-Enthüllungen gehört oder gelesen. 68 Prozent derjenigen, die diese Berichte wahrgenommen hatten, äußerten sich besorgt zu den dort besprochenen Inhalten.

Seitdem Correctiv am 10. Januar erstmals über das Treffen in Potsdam berichtete, gab es bundesweit immer wieder Proteste, bei denen vor Rechtsextremismus gewarnt und teilweise die AfD scharf kritisiert wird. Insgesamt beteiligten sich daran laut Polizeiangaben alleine am vergangenen Wochenende mehr als 900.000 Menschen.

Felix Kolb, geschäftsführender Vorstand von Campact, sagte: «Die Proteste gegen die AfD sind ein starkes Zeichen aus der Mitte der Gesellschaft gegen Rechtsextremismus und für Freiheit, Demokratie und Menschenrechte.» Pollytix hatte nach eigenen Angaben im Zeitraum vom 19. bis 22. Januar bundesweit 1530 Wahlberechtigte ab 18 Jahren online befragt.

Faeser: Finanzströme in rechtsextremen Netzwerken ausleuchten

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will indes im Kampf gegen Rechtsextremismus einen verstärkten Fokus auf persönliche und finanzielle Verbindungen in rechtsextremen Kreisen richten. «Es hat für uns hohe Priorität, die persönlichen und finanziellen Verbindungen in rechtsextremen Netzwerken auszuleuchten und aufzudecken», sagte die SPD-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Faeser zufolge hat der Verfassungsschutz seine Ressourcen und Fähigkeiten für Finanzermittlungen in den letzten eineinhalb Jahren bereits stark ausgebaut. «Wir schauen genau hin, welche Kreise hier am Werk sind: von der Identitären Bewegung bis hinein in die Parteien und Vereine am rechten Rand - und bis zu Unternehmern oder Privatpersonen, die diese mit ihrem Geld fördern», sagte die Ministerin. «Niemand, der an rechtsextreme Organisationen spendet, sollte sich darauf verlassen, hierbei unentdeckt zu bleiben.»

Mit Blick auf ein Treffen radikaler Rechter in Potsdam sagte Faeser: «Dass rechtsextreme Netzwerke Menschen aufgrund ihrer ethnischen Herkunft massenhaft aus Deutschland vertreiben wollen, das ist ein Angriff auf die Menschenwürde und damit auf die Grundfesten unserer Gesellschaft. Hier ging es um rassistische Deportationsfantasien, aber zugleich auch um das Sammeln von Geld, um die dahinterliegenden menschenverachtenden Ideologien weiterzutragen.»

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