Christian Lindner bei einem Termin in Braunschweig während des Wahlkampfes im Jahr 2022. Sein eigenes Verhalten will er angesichts der jüngsten Angriffe auf Politiker nicht ändern (Archivbild).
Michael Matthey/dpa
Christian Lindner bei einem Termin in Braunschweig während des Wahlkampfes im Jahr 2022. Sein eigenes Verhalten will er angesichts der jüngsten Angriffe auf Politiker nicht ändern (Archivbild).
Extremismus

Lindner: «Die Verrohung ist offensichtlich»

Die Angriffe auf Politiker und Wahlkämpfer haben bundesweit Entsetzen ausgelöst. Der Finanzminister beklagt eine allgemeine Stimmungsänderung in den vergangenen Jahren - und verweist auf linke Gruppen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat eine zunehmende Aggressivität im Umgang mit Politikern beklagt. «Die Verrohung auch jenseits von Attacken ist offensichtlich», sagte der FDP-Chef den Zeitungen der Mediengruppe Bayern (Samstag). «Ich bin jetzt 24 Jahre Abgeordneter, habe aber kaum jemals mit Eskalationen zu tun gehabt. Innerhalb weniger Jahre ist das anders geworden.»

In seinen Veranstaltungen gebe es nun regelmäßig vor allem linke Gruppen, die nicht mehr diskutieren, sondern nur lärmen oder blockieren wollten. «Oder mit Stinkbomben den Versuch unternehmen, dass man Argumente gar nicht mehr vortragen kann.»

Lindner will eigenes Verhalten nicht ändern

Sein eigenes Verhalten will er angesichts der jüngsten Angriffe auf Politiker nicht ändern. «Nein, ich fühle mich nicht bedroht», sagte Lindner, der als Finanzminister unter Personenschutz steht. «Ich verändere auch mein Verhalten nicht. Ich mache unverändert zum Beispiel Selfies mit den Besuchern meiner Veranstaltungen.» Auch schärfere Strafen speziell für Angriffe auf Politiker lehnte er ab: «Experten sagen, dass der Strafrahmen ausreicht, aber die Handlungsfähigkeit der Justiz verbessert werden muss. Körperverletzung ist strafbar. Dabei macht es keinen Unterschied, ob das Opfer nun ein öffentliches Amt bekleidet oder nicht.»

Der Deutsche Richterbund forderte einen Kurswechsel der Bundesregierung im Kampf gegen Extremismus und Rechtspopulismus. Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn sagte den Zeitungen der Funke Mediengruppe: «Die Ampelkoalition spricht zwar viel über die Resilienz des Rechtsstaats, tut aber zu wenig dafür. Jetzt rächt es sich, dass der Bundesfinanzminister ausgerechnet beim Rechtsstaat den Rotstift angesetzt hat.» Notwendig seien mehr Präventionsprogramme, eine bessere Aufklärung über Desinformation im Netz und eine effektive Strafverfolgung, um die Spirale aus Hass, Bedrohungen und Gewalt zu durchbrechen.

Weißer Ring: Kampf gegen Hass «ist unsere Pflicht»

Auch die Opferschutzorganisation Weißer Ring rief nach den gewalttätigen Angriffen auf Politiker dazu auf, gegen Hass- und Gewalt-Parolen stärker vorzugehen. «Wer noch Zweifel hatte, ob Gewalt im Internet irgendwann auch Menschen in der analogen Welt gefährlich werden kann, sollte spätestens jetzt eines Besseren belehrt sein», sagte die Bundesgeschäftsführerin des Weißen Rings, Bianca Biwer, der Deutschen Presse-Agentur in Mainz. «Hass ist keine Meinung», betonte sie. «Es ist unsere Pflicht, ihn in jeder Form zu bekämpfen: ob digital oder analog.»

In Dresden war der SPD-Wahlkämpfer Matthias Ecke angegriffen und so schwer verletzt worden, dass er in einem Krankenhaus operiert werden musste. Die Kommunalpolitikerin Yvonne Mosler (Grüne) wurde in der sächsischen Landeshauptstadt beim Aufhängen von Wahlplakaten angerempelt und bedroht. In Berlin wurde Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey (SPD) von einem Angreifer leicht verletzt. Der Grünen-Landtagsabgeordnete Wolfgang Aldag wurde in Halle am Infostand seiner Partei am Freitag von einem 39-Jährigen bedroht. Aldag rief die Polizei, die Beamten erstatteten Anzeige gegen den betrunkenen Mann, wie die Polizei mitteilte.

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