Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat davor gewarnt, die geplante Legalisierung von Cannabis zum 1. April im Bundesrat zu verzögern. «Jedes von SPD und Grünen mitregierte Land muss wissen, dass das Cannabis-Gesetz am nächsten Freitag stirbt, wenn man den Vermittlungsausschuss anruft», schrieb der SPD-Politiker auf der Plattform X (früher Twitter). «Die Unionsländer würden sich bedanken und mit allen Verfahrenstricks das Gesetz im Vermittlungsausschuss beerdigen.»
Er verwies auf eine Äußerung von Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU): Dieser schrieb ebenfalls auf X, sein Ziel sei, dass das Gesetz niemals wieder aus dem Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat herauskomme.
Das Gesetz steht für den 22. März auf der Tagesordnung des Bundesrates. Zustimmungsbedürftig ist es nicht, die Länderkammer könnte jedoch den Vermittlungsausschuss mit dem Bundestag anrufen und das Verfahren bremsen.
Bedenken sind aus den Bundesländern unter anderem gegen eine ebenfalls geplante Amnestie für Altfälle laut geworden, die nach dem neuen Recht nicht mehr strafbar wären und einzeln geprüft werden müssten. Lauterbach hielt dagegen, durch die Cannabis-Legalisierung fielen jährlich Zehntausende Konsumdelikte weg, die Gerichte würden entlastet. «Bei Einführung ist Amnestie zwar eine Belastung. Aber Verschieben bringt da nichts, die Arbeit bleibt gleich.»
Bereits verhängte Haft- oder Geldstrafen wegen Cannabis-Delikten, die nach dem Gesetz in Zukunft nicht mehr strafbar sind, sollen beim Inkrafttreten erlassen beziehungsweise eingetragene Verurteilungen aus dem Bundeszentralregister gelöscht werden. Erwartet wird, dass Tausende komplexe Fälle einzeln überprüft werden müssen - das Bundesgesundheitsministerium schätzt die Zahl bundesweit auf maximal 7500, die Länder gehen von weitaus höheren Zahlen aus. Sie befürchten eine Überforderung der Justiz, wenn diese das in kurzer Zeit zusätzlich zur eigentlichen Arbeit schaffen muss.
Am 1. April soll die Droge Cannabis nach den Plänen der Ampel-Koalition begrenzt für Erwachsene legalisiert werden. Erlaubt sein soll grundsätzlich der Besitz von bis zu 25 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. In der eigenen Wohnung sollen drei lebende Cannabispflanzen legal werden und bis zu 50 Gramm Cannabis zum Eigenkonsum. Kiffen im öffentlichen Raum soll unter anderem in Schulen, Sportstätten und in Sichtweite davon verboten werden - in 100 Metern Luftlinie um den Eingangsbereich.
GdP: Gesetz im Vermittlungsausschuss nachbessern
Indesen hofft die Gewerkschaft der Polizei (GdP), dass der Bundesrat die teilweise Legalisierung von Cannabis zum 1. April verhindern wird. «Wir bedauern insbesondere, dass das Gesetz keinerlei Übergangsfristen vorsieht, die ermöglichen würden, dass sich Polizei, Zoll, Justizbehörden und Jugendämter hierzulande auf die neue Gesetzeslage vorbereiten können», heißt es in einem Brief des stellvertretenden GdP-Bundesvorsitzenden, Alexander Poitz, an die Bundesratspräsidentin, Mecklenburg-Vorpommerns Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Deshalb solle sich Schwesig dafür einsetzen, dass es in der Sitzung des Bundesrates am Freitag zu einer Anrufung des Vermittlungsausschusses kommt. Dort könnten wichtige offene Fragen geklärt werden.
Andernfalls droht laut GdP Rechts- und Handlungsunsicherheit. Die Gewerkschaft befürchtet außerdem, dass sich kriminelle Banden, sollte das Gesetz unverändert in Kraft treten, schnell auf die neue Rechtslage einstellen, ihr Gewinnmodell anpassen und womöglich neue Zielmärkte erschließen könnten. Nicht abschließend geklärt sei auch, wie sich der Cannabiskonsum auf den Straßenverkehr auswirken werde. Neben einem abgestimmten Grenzwert fehle geeignete Ausstattung zum Nachweis von Cannabis bei Fahrzeugführern.
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