In der Stichwahl trifft Ex-Außenminister Ivan Korcok auf den sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Peter Pellegrini.
Roman Hanc/TASR/dpa
In der Stichwahl trifft Ex-Außenminister Ivan Korcok auf den sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Peter Pellegrini.
Wahlen

Kopf-an-Kopf-Rennen um Präsidentenamt in der Slowakei

Die Stichwahl um das Präsidentenamt in der Slowakei verspricht spannend zu werden. Der Krieg im Nachbarland Ukraine überschattet den Urnengang. Zudem ist die Gesellschaft polarisiert.

Zur Abstimmung steht die Ukraine-Politik, aber auch die Haltung zu Rechtsstaat und Demokratie: Im EU- und Nato-Land Slowakei wird am kommenden Samstag ein neues Staatsoberhaupt gewählt.

In der Stichwahl trifft der von den liberalen und konservativen Oppositionsparteien unterstützte Ex-Außenminister und Diplomat Ivan Korcok auf den sozialdemokratischen Parlamentspräsidenten Peter Pellegrini, den seine linkspopulistischen und nationalistischen Koalitionspartner um Ministerpräsident Robert Fico nur halbherzig unterstützen. Er gilt letzteren nämlich als zu liberal.

Es geht um die Nachfolge der liberalen Amtsinhaberin Zuzana Caputova. Obwohl sie sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreut, kandidiert sie nicht für eine zweite fünfjährige Amtszeit. Als Grund nannte sie unter anderem die schwere Belastung für sie und ihre Familie durch Anfeindungen im Internet bis hin zu Morddrohungen.

Das Staatsoberhaupt nimmt in dem 5,5-Millionen-Einwohner-Land vor allem repräsentative Aufgaben wahr, doch sein Wort hat in der Öffentlichkeit großes Gewicht. Im Fall von Regierungskrisen kann der Präsident oder die Präsidentin vorübergehend auch selbst eine Regierung einsetzen.

Die slowakische Politik und Gesellschaft sind tief gespalten. Nach den vier letzten Umfragen zeichnet sich im Wahlkampfendspurt ein sehr enges Rennen um das höchste Staatsamt ab. In zwei Befragungen lag Pellegrini teils hauchdünn vorn, in zwei anderen Korcok. Der Politikwissenschaftler Radoslav Stefancik von der Wirtschaftsuniversität Bratislava weist im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur darauf hin, dass diese Umfragen mit Vorsicht zu bewerten seien: Vor dem ersten Wahlgang hätten die Umfragen ja auch Pellegrini vorn gesehen, aber am Ende habe Korcok mit fünfeinhalb Prozentpunkten Vorsprung gewonnen.

Am Ukraine-Krieg scheiden sich die Geister

Der Krieg im Nachbarland Ukraine sei natürlich ein wichtiges Wahlkampf-Thema, sagt Politikwissenschaftler Juraj Marusiak von der Slowakischen Akademie der Wissenschaften. Pellegrini präsentiert sich als künftiger «Friedenspräsident». Die ihn unterstützenden Regierungsparteien prangern den liberalen Gegenkandidaten Korcok als Kriegshetzer an, weil er für eine intensive militärische Unterstützung des östlichen Nachbarn eintritt.

Die von Pellegrini geführte Partei «Stimme - Sozialdemokratie» (Hlas-SD) ist zweitstärkste Kraft in der vom Linkspopulisten Fico geführten Dreiparteien-Koalition, zu der außerdem die kleine rechtspopulistisch-prorussische Slowakische Nationalpartei SNS gehört.

Pellegrini war vor der Parlamentswahl im Herbst ebenso wie Korcok für Waffenlieferungen an Kiew eingetreten und hatte lediglich - sich am deutschen Kanzler Olaf Scholz orientierend - zur Vorsicht gemahnt. Seit seiner Koalition mit Ficos Partei «Richtung - Slowakische Sozialdemokratie» (Smer-SSD), von der er sich 2020 abgespalten hatte, habe Pellegrini seine außenpolitischen Prioritäten «um 180 Grad gedreht» und verwende jetzt dieselbe Rhetorik wie seine Koalitionspartner, sagt Politologe Marusiak.

Der bis zur Ankündigung seiner Kandidatur in der breiten Bevölkerung wenig bekannte Korcok sammelt erfolgreich die Stimmen all jener Menschen ein, die mit der aktuellen Regierungspolitik unzufrieden sind. Dass die bei der Parlamentswahl im Herbst unterlegenen liberalen und konservativen Oppositionsparteien seit Dezember Proteste gegen die Regierung in den ihnen zugeneigten größeren Städten wie Bratislava organisieren, hat ein enormes Mobilisierungspotenzial der Unzufriedenen offenbart.

«Diese Demonstrationen haben Ivan Korcok sicherlich geholfen. Viele Menschen konnten erkennen, dass im Staat nicht alles in Ordnung ist und dass die Regierungsparteien keine Politik zum Wohle der Bürger machen, sondern in erster Linie ihre eigenen Interessen verfolgen», sagt Stefancik.

Christoph Thanei, dpa
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