Laut Reinhard Sager (l.), Präsident des Landkreistages, reichen Karl Lauterbachs Pläne gegen die Klinikinsolvenzen nicht aus.
Carsten Koall/dpa
Laut Reinhard Sager (l.), Präsident des Landkreistages, reichen Karl Lauterbachs Pläne gegen die Klinikinsolvenzen nicht aus.
Krankenhausreform

Kommunen fordern «frisches Geld» für Kliniken

Mehr als 100 Krankenhäuser stehen vor dem Aus, wenn Reformpläne der Regierung nicht umgesetzt werden. Das sagt der Gesundheitsminister. Die Kommunen sehen sogar noch mehr Handlungsbedarf.

Zur Abwendung einer Welle von Klinikinsolvenzen fordern Kommunen und Landkreise größere und schnellere Milliardenhilfen als von der Bundesregierung vorgesehen. «Die Reformpläne, die kommen wahrscheinlich zu spät für die Häuser, die in Not sind», sagte der Präsident des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Brandl, nach einem Spitzentreffen mit Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) in Berlin. «Wir glauben, dass es frisches Geld im System braucht.» Landkreistag-Präsident Reinhard Sager forderte Soforthilfen, um die Liquidität der Kliniken zu verbessern.

Lauterbach pochte mit Blick auf die Länder darauf, dass ein bereits im Bundestag beschlossenes Krankenhausgesetz auch im Bundesrat grünes Licht bekommt. Damit würde kurzfristige Liquidität von über sechs Milliarden Euro für die Kliniken mobilisiert, sagte er. «Mehr als 100 Krankenhäusern droht ohne das Gesetz 2024 die Insolvenz», sagte Lauterbach unter Berufung auf eine Studie.

Lauterbach will Beschluss am 2. Februar

Kern des Vorhabens ist neben den Milliardenhilfen etwa zur Finanzierung von Tariflohnsteigerungen vor allem der Aufbau eines «Transparenzverzeichnisses»: Patientinnen und Patienten sollen online Auskunft unter anderem darüber bekommen, wie viel Erfahrung eine Klinik bei bestimmten Leistungen hat. Das Gesetz wurde von den Ländern zunächst zurückgewiesen, so dass es im Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat beraten werden muss. Auf der Tagesordnung des Ausschusses steht es bisher aber nicht. Lauterbach hatte die Unionsländer dafür verantwortlich gemacht. Erneut beharrte er darauf, dass das Gesetz bis zum 2. Februar beschlossen werden müsse.

Das Transparenzgesetz soll auch eine große Klinikfinanzreform vorbereiten. Darüber verhandeln Bund und Länder seit Monaten. Die Krankenhäuser sollen durch eine grundlegend andere Bezahlung vom finanziellen Druck befreit werden, aus Umsatzgründen immer mehr Patientinnen und Patienten mit lukrativen Eingriffen zu behandeln.

Dutzende Kliniken in Not

Im Grundsatz unterstützten der Städte- und Gemeindebund sowie der Landkreistag Lauterbachs Reformpläne. Brandl sagte allerdings: «Wir sehen die Befreiungswirkung nicht in dem Umfang, wie das Ministerium das einschätzt.»

Sager sagte, die bisherigen Pläne brächten die drohende Insolvenzwelle im Kliniksektor nicht zum Abstoppen. «Wir haben noch Ausgang des Sommers etwa zwei Dutzend in Not geratene Kliniken in Deutschland gehabt. Mittlerweile ist die Zahl auf drei Dutzend schon angestiegen», sagte Sager. Das zeige, dass nach Corona und Energiepreis-Anstieg der Bund frisches Geld in das System bringen müsse.

Kassen wollen kein Geld mit der Gießkanne

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, sagte, das Transparenzgesetz sei wichtig für Patientinnen und Patienten. «Doch wenn gerade im ländlichen Bereich die Krankenhäuser vorher sterben, ist hier die Unterversorgung vorprogrammiert.» Bund und Länder müssten nun festlegen, für welche Kliniken es eine Bestandsgarantie geben solle.

Die Krankenkassen wehrten sich gegen den Ruf nach frischem Geld. «Frisches Geld mit der Gießkanne löst keine Probleme, sondern verhindert die notwendigen Veränderungen», sagte der Sprecher des GKV-Spitzenverbandes, Florian Lanz. «Trotz des zunehmenden Mangels an Pflegekräften und Ärzten müssen wir die flächendeckende Versorgung auf dem Land und in der Stadt sichern.»

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