Unifil-Truppen im Süden des Libanons
Stringer/dpa
Unifil-Truppen im Süden des Libanons
Nahost

Israel: UN-Soldaten sollen aus Kampfzone im Libanon abziehen

Seit Tagen wächst die Sorge um die Sicherheit der Blauhelmsoldaten, die im Südlibanon für Frieden sorgen sollen. Israels Regierungschef erhebt eine weitreichende Forderung.

Vor dem Hintergrund wachsender Sorgen um die Sicherheit von Blauhelmsoldaten im Libanon hat der israelische Ministerpräsident Benjamin Netanjahu den sofortigen Abzug der UN-Beobachtermission Unifil aus der Kampfzone im Süden des Nachbarlandes gefordert. «Es ist an der Zeit, Unifil aus den Hisbollah-Hochburgen und Kampfgebieten abzuziehen», sagte Netanjahu nach Angaben seines Büros direkt an UN-Generalsekretär António Guterres gewandt. 

Unterdessen drangen israelische Panzer nach Angaben der Vereinten Nationen gewaltsam in einen Unifil-Stützpunkt ein. Zwei Panzer zerstörten demnach morgens das Haupttor des Postens in Ramja unweit der Grenze. Das israelische Militär forderte die UN-Soldaten demnach mehrmals auf, die Beleuchtung des Postens auszuschalten. Nach etwa 45 Minuten seien die Panzer wieder abgefahren - nachdem die UN-Soldaten bei der israelischen Militärführung gegen das Vorgehen protestiert hatten.

Aufgabe von Unifil ist es, die Einhaltung der Waffenruhe nach dem Libanon-Krieg 2006 zu überwachen. Die Truppe mit mehr als 10.000 beteiligten UN-Soldaten ist bewaffnet, verfügt aber über kein robustes Mandat. Auch die neue Eskalation konnte sie nicht verhindern.

Etwa zwei Stunden später sei es an dem gleichen Ort zu einem weiteren Vorfall gekommen, hieß es von der UN. Dort sei bei Schüssen «Rauch» ausgetreten. 15 Mitglieder der Friedenstruppen hätte deswegen Hautreizungen und Magen-Darm-Probleme erlitten. Parallel lieferten sich Kämpfer der islamistischen Hisbollah-Miliz und israelische Truppen weiter direkte Gefechte.

Israel und die proiranische Hisbollah-Miliz liefern sich seit Beginn des Gaza-Kriegs vor einem Jahr heftigen gegenseitigen Beschuss im Grenzgebiet. Die Zahl der Toten liegt im Libanon mittlerweile bei über 2.000, hinzu kommen mehr als 10.000 Verletzte. Die israelische Armee hat ihr militärisches Vorgehen gegen die mit der islamistischen Hamas verbündete Organisation im Libanon zuletzt deutlich ausgeweitet, Bodentruppen sind in das Nachbarland einmarschiert und die Luftwaffe greift Ziele auch tief im Land an. Die Leidtragenden sind die Zivilisten, Hunderttausende Menschen sind auf der Flucht. 

Netanjahu: Soldaten sind «Geiseln der Hisbollah»

Netanjahu warf Guterres vor, sich gegen den Abzug der Unifil-Soldaten zu stellen und diese damit zu «Geiseln der Hisbollah» zu machen. Israel wirft der Miliz vor, Posten der UN-Soldaten als Schutzschilde zu missbrauchen. 

In den vergangenen Tagen waren die Blauhelmsoldaten mehrmals unter Feuer geraten, am Donnerstag und Freitag wurden mindestens vier Soldaten verletzt. Von Unifil heißt es bislang, so lange wie möglich an dem Einsatz festhalten zu wollen. Beteiligte Länder verurteilten die Angriffe der vergangenen Tage am Samstag in einer gemeinsamen Stellungnahme. Die rund 40 Staaten, darunter Deutschland, appellierten an die Konfliktparteien, die Sicherheit der Einsatzkräfte zu gewährleisten. 

Sorge und Kritik 

US-Verteidigungsminister Lloyd Austin brachte seine Besorgnis über die Angriffe in einem Telefonat mit seinem israelischen Amtskollegen Joav Galant zum Ausdruck. Italiens Ministerpräsidentin Giorgia Meloni wandte sich telefonisch an Netanjahu und nannte Angriffe auf die UN-Soldaten durch die israelischen Streitkräfte inakzeptabel. Meloni erinnerte ihren Amtskollegen daran, dass die Blauhelmsoldaten im Rahmen eines Mandates des UN-Sicherheitsrats handeln, um zur regionalen Stabilität beizutragen. Nach Indonesien ist Italien mit mehr als 1.000 Soldaten der zweitgrößte Truppensteller der UN-Beobachtermission.

Neue Evakuierungsaufrufe für Einwohner im Südlibanon

Israels Armee rief am Sonntag die Einwohner weiterer Orte im Süden des Libanons dazu auf, diese zu ihrer eigenen Sicherheit zu verlassen, und in Richtung Norden zu fliehen. Der israelische Armeesprecher veröffentlichte in arabischer Sprache auf der Plattform X einen entsprechenden Aufruf. Dort wurden Orte in der Nähe der israelischen Grenze genannt, aber auch etwas weiter nördlich im Libanon. 

Im Libanon geraten auch immer wieder Helfer zwischen die Fronten. Bei einem Luftangriff wurden nach Darstellung des Roten Kreuzes im Libanon erneut Sanitäter verletzt. Seit der neuen Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz wurden nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) mindestens 94 Arbeiter im Gesundheitswesen bei Einsätzen getötet. In diesem Zeitraum habe es etwa 40 Angriffe auf Gesundheitseinrichtungen gegeben. Auch in den Reihen des Zivilschutzes gab es bereits Todesopfer.

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