Nach Angaben des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gelangen zurzeit fast keine Hilfslieferungen in den umkämpften Gazastreifen.
Mahmoud Issa/dpa
Nach Angaben des UN-Palästinenserhilfswerks UNRWA gelangen zurzeit fast keine Hilfslieferungen in den umkämpften Gazastreifen.
Nahost-Krieg

Israel bezichtigt UN-Helfer im Gazastreifen der Lüge

Das UN-Palästinenserhilfswerk UNRWA hat schwere Vorwürfe gegen Israel erhoben. Es komme kaum noch Hilfe in den Gazastreifen. Die zuständige israelische Behörde reagiert empört.

Israel hat sich in scharfer Form gegen den Vorwurf von UN-Helfern zur Wehr gesetzt, es blockiere humanitäre Hilfen für die Zivilisten im umkämpften Gazastreifen. Der Vize-Direktors des Palästinenserhilfswerks der Vereinten Nationen (UNRWA) im Gazastreifen, Sam Rose, hatte dem Sender CNN gesagt, derzeit komme «fast nichts» an Hilfe in den Küstenstreifen. «Das ist eine Lüge, Sam Rose, und Sie wissen das», erwiderte die israelische Behörde für Palästinenserangelegenheiten Cogat auf der Plattform X. 

Seit Mai seien 500.000 Tonnen Hilfsgüter auf 26.000 Lastwagen in den Gazastreifen gelangt, fügte die Behörde hinzu. UNRWA sei unfähig, die Güter zu verteilen und versuche dies durch die Verbreitung von Unwahrheiten zu vertuschen. Die Angaben beider Seiten ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Die USA hatten Israel vergangene Woche eine Frist von 30 Tagen gesetzt, um die Versorgung der Menschen in dem Küstenstreifen zu verbessern. Anderenfalls könnten US-Waffenlieferungen an Israel gefährdet sein. 

Blinken unternimmt weitere Nahost-Reise

US-Außenminister Antony Blinken will bei einer erneuten Nahost-Reise bis Freitag zunächst in Israel und dann in weiteren Ländern der Region über Möglichkeiten zur Beendigung des Gaza-Krieges, der Freilassung der israelischen Geiseln und der Linderung des Leidens der Palästinenser sprechen, wie das Außenministerium in Washington mitteilte. Am Dienstag sind nach israelischen Angaben zunächst Treffen in Israel mit Regierungschef Benjamin Netanjahu und Staatspräsident Izchak Herzog geplant. 

Auch Deutschland fordert mehr Hilfslieferungen für Gaza

Auch die Bundesregierung verlangte von Israel angesichts der dramatischen humanitären Lage im Gazastreifen erneut, mehr Hilfslieferungen in das umkämpfte Gebiet zu lassen. Berichte über eine hohe Anzahl getöteter Zivilisten sowie eine weitreichende Abriegelung insbesondere des nördlichen Gazastreifens von Hilfsgütern seien sehr besorgniserregend, sagte eine Sprecherin des Auswärtigen Amts in Berlin.

UN-Helfer: Menschen im Gazastreifen hausen in Toiletten

Der Leiter der UNRWA, Philippe Lazzarini, schilderte die Not und den Schrecken im Gazastreifen in drastischen Worten. Die israelischen Behörden hinderten humanitäre Hilfsorganisationen weiter daran, die Menschen im Norden des Küstenstreifens mit wichtigen Hilfsgütern wie Medikamenten und Lebensmitteln zu versorgen. Krankenhäuser würden beschossen hätten keinen Strom mehr, schrieb er auf X. Wegen der Enge seien einige Vertriebene gezwungen, in Toiletten zu hausen. 

Es gebe auch Berichte, dass Menschen, die zu fliehen versuchten, getötet würden. Die Leichen auf den Straßen könnten nicht geborgen werden. «Ein Waffenstillstand wäre ein Anfang, um diesem endlosen Alptraum ein Ende zu setzen», sagte Lazzarini. 

Kein Ende der Kämpfe in Sicht

Auslöser des Gaza-Kriegs war das Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Gazastreifen in Israel am 7. Oktober vergangenen Jahres mit 1.200 Toten und 250 Verschleppten. Israel will die Hamas deshalb vernichten. 

Gespräche über ein Ende der Kämpfe unter Vermittlung der USA, Ägyptens und Katars kommen aber seit Monaten nicht vom Fleck. Daran änderte zunächst auch die Tötung von Hamas-Chef Jihia Sinwar vergangene Woche nichts. 

In dem Küstenstreifen mit mehr als zwei Millionen Einwohnern starben seit Kriegsbeginn nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 42.000 Menschen, und etwa 100.000 wurden verletzt. 

Israel weitet Krieg im Libanon auf Finanzinstitute aus 

Die israelische Armee bombardierte in der Nacht Finanzeinrichtungen der proiranischen Hisbollah, die ein wichtiger Machtpfeiler der Schiiten-Miliz sind. Die Einrichtungen seien von der Hisbollah «zur Finanzierung ihrer terroristischen Aktivitäten gegen den Staat Israel genutzt werden», teilte die Armee mit.

Ins Visier gerieten Filialen der Vereinigung Al-Kard Al-Hassan, einer Art Bank der Hisbollah. Diese verwalte Gelder, mit den die Aktivitäten der Hisbollah wie der Kauf von Waffen und Zahlungen an Mitglieder des militärischen Flügels der Hisbollah finanziert würden, teilte die Armee mit. In den Zweigstellen der Vereinigung würden Milliarden von Dollar verwahrt. Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. 

Bericht: Israel will Vertrauen der Libanesen in Hisbollah erschüttern

Das Hauptziel der Angriffe auf die Al-Kard Al-Hassan bestehe darin, «das Vertrauen zwischen der Hisbollah und einem großen Teil der schiitischen Gemeinschaft zu erschüttern, die diese Vereinigung als Bankensystem nutzt», zitierte das «Wall Street Journal» einen israelischen Geheimdienstmitarbeiter. 

Israels Armee zerstört Wohnviertel und Dörfer im Libanon

Zweck des Angriffs sei, die Hisbollah so zu treffen, dass sie auch nach dem Krieg nicht mehr in der Lage sei, sich wieder aufzubauen und neu zu bewaffnen, sagte ein ranghoher israelischer Militärbeamter der Zeitung. 

Bislang hatte sich Israels Offensive im Libanon nach Angaben der Armee auf die militärische Infrastruktur der Hisbollah konzentriert, obwohl auch Wohngebäude zerstört und zivile Infrastruktur getroffen wurde. Im Süden des Landes zerstörte Israels Armee laut libanesischen Sicherheitskreisen mehrere Orte fast komplett. Auch ganze Wohngebiete in Beiruts Vororten liegen in Schutt und Asche. 

US-Vermittler zu Gesprächen im Libanon 

Der US-Gesandte für den Nahen Osten, Amos Hochstein, setzte sich bei Gesprächen im Libanon dafür ein, den Krieg zwischen Israel und der Hisbollah von anderen Konflikten zu entkoppeln. «Es lag und liegt nicht im Interesse der Libanesen, die Zukunft des Libanon mit anderen Konflikten in der Region zu verknüpfen», sagte er in Beirut nach einem Treffen mit dem libanesischen Parlamentsvorsitzenden Nabih Berri, der mit der Hisbollah verbündet ist. 

Die Hisbollah hatte vor einem Jahr mit neuem Beschuss auf Israel begonnen, nach eigener Darstellung zur Unterstützung der Hamas im Gazastreifen. Seitdem eskalierte der neue Konflikt zu einem weiteren, parallel laufenden Krieg.

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