Israelische Soldatinnen und Soldaten besichtigen eine zerstörte Einrichtung im Kibbuz Nir Oz, eine der israelischen Gemeinden, die am 7. Oktober von der Hamas angegriffen wurden.
Ilia Yefimovich/dpa
Israelische Soldatinnen und Soldaten besichtigen eine zerstörte Einrichtung im Kibbuz Nir Oz, eine der israelischen Gemeinden, die am 7. Oktober von der Hamas angegriffen wurden.
Krieg in Nahost

Israel beginnt neuen Militäreinsatz im zentralen Teil Gazas

Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff auf Irans Botschaftsgelände in Syrien fürchten die USA einen Vergeltungsschlag. Wie und wann der Iran reagiert, ist jedoch völlig offen. Die News im Überblick.

Die israelische Armee hat nach eigenen Angaben in der Nacht einen Militäreinsatz im zentralen Abschnitt des Gazastreifens begonnen. In einer Mitteilung der Armee war die Rede von einer «präzisen Operation auf der Basis von Geheimdienstinformationen, mit dem Ziel, Terroraktivisten auszuschalten und Terror-Infrastruktur im Zentralabschnitt Gazas zu treffen». Vor dem Vorrücken von Bodentruppen hätten israelische Kampfflugzeuge Terrorziele über und unter der Erde angegriffen.

Nach Angaben von Sanitätern wurden bei einem Luftangriff auf ein Wohnhaus in dem Flüchtlingsviertel Nuseirat im zentralen Teil des Gazastreifens mindestens fünf Palästinenser getötet.

Die Armee teilte mit, während des Einsatzes in der Nacht hätten Soldaten «einen bewaffneten Terroristen identifiziert, der in der Nähe israelischer Truppen aus einem Terror-Tunnel kam und in eine militärische Einrichtung ging». Ein Kampfjet habe ihn getroffen, als er sich den Truppen genähert habe. Es seien auch mehrere Raketenabschussrampen gefunden worden. Auch die Marine habe mehrere Ziele in dem Gebiet beschossen. 

Bei einem mutmaßlichen israelischen Luftangriff in der Stadt Rafah im Gazastreifen sind nach Angaben von Sanitätern sechs Menschen getötet worden. Ein israelischer Armeesprecher äußerte sich auf Anfrage nicht zu dem konkreten Vorfall.

Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde sind seit Beginn des Gaza-Kriegs vor mehr als sechs Monaten 33.545 Menschen im Gazastreifen getötet und mehr als 76.000 weitere verletzt worden. Die Zahlen, die nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterscheiden, lassen sich nicht unabhängig überprüfen.

Netanjahu: Wer uns angreift, den greifen wir an

Israel bereitet sich neben dem Gaza-Krieg nach Worten des Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu auch auf «Herausforderungen an anderen Schauplätzen» vor. Bei einem Besuch des Luftwaffenstützpunktes Tel Nof sprach Netanjahu von «herausfordernden Tagen».

Offenbar auch mit Blick auf einen möglichen Angriff des Irans auf Israel sagte Netanjahu: «Wir haben ein einfaches Prinzip festgelegt - wer uns angreift, den greifen wir an. Wir sind darauf vorbereitet, die Sicherheitsbedürfnisse des Staates Israel im Bereich der Verteidigung und des Angriffs zu gewährleisten.»

USA stehen nach Irans Drohung «eisern» zu Israel

Die USA sicherten Israel derweil angesichts von Drohungen des Irans ihren Beistand zu. Wie er Israels Regierungschef Benjamin Netanjahu gesagt habe, sei das Bekenntnis der USA für die Sicherheit Israels «gegen diese Bedrohungen durch den Iran und seine Stellvertreter eisern», sagte US-Präsident Joe Biden. «Lassen Sie es mich noch einmal sagen: eisern».

Auch sein Außenminister Antony Blinken bekräftigte in einem Gespräch mit dem israelischen Verteidigungsminister Joav Galant, dass die USA ihrem Verbündeten Israel bei «jeglichen Bedrohungen durch den Iran und seinen Stellvertretern» zur Seite stehen würden, teilte der Sprecher des US-Außenministeriums, Matthew Miller, mit.

US-Geheimdienstberichte zeigten, dass ein Angriff auf israelische Einrichtungen durch den Iran oder seine Stellvertreter unmittelbar bevorstehen könnte, berichtete das «Wall Street Journal» unter Berufung auf US-Beamte.

Vor dem Hintergrund der iranischen Drohungen traf der Kommandeur der US-Truppen in der Region, General Michael Erik Kurilla, in Israel ein Der israelische Rundfunk berichtete, Centcom-Befehlshaber Kurilla sei am Morgen gelandet.

Baerbock telefoniert mit Irans Außenminister

Bundesaußenministerin Annalena Baerbock hat angesichts eines möglichen iranischen Vergeltungsangriffs auf Israel eindringlich zur Deeskalation aufgerufen. «Es darf jetzt niemand noch mehr Öl ins Feuer gießen. Wirklich niemand kann Interesse an einem Flächenbrand mit völlig unvorhersehbaren Folgen haben», sagte die Grünen-Politikerin bei einem Treffen mit ihrem chilenischen Kollegen Alberto van Klaveren in Berlin. Zuvor hatte sie mit dem iranischen Chefdiplomaten Hussein Amirabdollahian telefoniert. 

«Alle Akteure in der Region sind aufgefordert, verantwortlich zu handeln und Zurückhaltung zu üben», verlangte Baerbock. In diesem Sinne habe sie auch mit ihrem iranischen Amtskollegen gesprochen. Auf die Frage, ob das Telefonat mit Israel oder den USA abgesprochen gewesen sei, antwortete sie mit den Worten: «In diesen Tagen laufen alle diplomatischen Telefonleitungen heiß, um eine regionale Eskalation im Nahen Osten zu verhindern.» Weitere Details zum Gespräch mit Amirabdollahian nannte sie nicht. 

Irans Außenminister warf Deutschland laut einer Mitteilung seines Ministeriums fehlende Neutralität im Gaza-Krieg vor. Mit Blick auf den Angriff in der syrischen Hauptstadt Damaskus sagte Amirabdollahian: «Wenn das Regime Israel unter Verletzung internationalen Rechts und der Wiener Konventionen die Immunität von Individuen und diplomatischen Orten vollkommen missachtet, ist legitime Verteidigung eine Notwendigkeit.»

Biden: Iran droht mit bedeutendem Angriff

Nach dem mutmaßlich israelischen Angriff auf das iranische Botschaftsgelände in Syrien hatte Irans Staatsoberhaupt Ajatollah Ali Chamenei seine Drohung gegen Israel bekräftigt. Der Angriff sei wie ein Angriff auf iranisches Territorium gewesen. «Das boshafte Regime (Israel) hat einen Fehler gemacht, in diesem Fall muss es bestraft werden, und wird bestraft werden», sagte der Religionsführer.

Anfang April waren bei einem Luftangriff auf das iranische Botschaftsgelände zwei Brigadegeneräle und fünf weitere Mitglieder der mächtigen iranischen Revolutionsgarden (IRGC) getötet worden. Mehrfach hat Irans Führung seither mit Vergeltung gedroht - es besteht Sorge vor einer Eskalation. Wie und wann der Iran reagiert, ist jedoch völlig offen.

Biden sagte bei einer Pressekonferenz mit Japans Ministerpräsidenten Fumio Kishida, dass der Iran «mit einem bedeutenden Angriff auf Israel droht». «Wir werden alles tun, was wir können, um die Sicherheit Israels zu schützen», versprach er.

Armeesprecher: Israel ist auf jedes Szenario vorbereitet

Israel ist nach den Worten von Armeesprecher Daniel Hagari wegen eines möglichen Angriffs des Irans in Alarmbereitschaft und auf verschiedene Szenarien vorbereitet. «Wir sind für einen Angriff und die daraus folgende Verteidigung bereit, für die wir eine Vielzahl von Fähigkeiten der Armee nutzen werden», sagte Hagari bei einer Pressekonferenz. Israel könne sich dabei zudem auf seine strategischen Partner verlassen.

Ein Angriff von iranischem Territorium aus auf Israel sei ein Beweis für die Absicht des Irans, die Situation im Nahen Osten eskalieren zu lassen, sagte Hagari. Es zeige zudem, dass der Iran sich nicht länger hinter seinen Stellvertretern verstecken wolle. Doch auf dieses Szenario ist Israel laut Hagari vorbereitet: «Der Staat Israel wird fast jede Woche, wenn nicht sogar fast jeden Tag von Streitkräften mit iranischen Fähigkeiten aus dem Jemen, Irak und Syrien angegriffen - und unsere Verteidigung fängt diese Bedrohungen ab.»

Israel: Hamas-Geldgeber im Gazastreifen getötet

Israel hat nach eigenen Angaben einen wichtigen Geldgeber der islamistischen Hamas bei einem Luftangriff im Gazastreifen getötet. Im Rahmen seiner Tätigkeit bei der Hamas sei Nasser Jakub Dschabber Nasser für die Finanzierung eines großen Teils der militärischen Aktivitäten der Terrororganisation in Rafah im Süden des abgeriegelten Küstengebiets verantwortlich gewesen, teilte die Armee mit.

Im Dezember vergangenen Jahres hatte Dschabber Nasser demnach Hunderttausende von Dollar an die Hamas für ihre militärischen Aktivitäten überwiesen. Israels Militär teilte weiter mit, er habe sich in Rafah aufgehalten und sei bei dem Angriff «ausgeschaltet» worden. 

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