Der ehemalige US-Präsident spielt bei der Anklage gegen ihn wegen versuchten Wahlbetrugs auf Zeit - und kann nun einen Erfolg verbuchen. Der Oberste Gerichtshof der USA teilte mit, sich vorerst nicht mit der Frage der Immunität Trumps zu befassen.
Damit dürfte der Anfang März geplante Termin für den Wahlbetrugsprozess gegen Trump in der US-Hauptstadt Washington nicht mehr zu halten sein. Die Entscheidung ist ein großer Schlag für Sonderermittler Jack Smith, der Trump wegen seiner Versuche, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl 2020 zu kippen, angeklagt hat. Unterdessen ist neues Tonmaterial aufgetaucht, das belegen soll, wie Trump nach der Wahl Druck auf Wahlhelfer ausgeübt hat.
Hoffnung auf schnelle Entscheidung gescheitert
Sonderermittler Smith hatte den Supreme Court darum geben, zügig zu klären, ob Trump wegen seines Verhaltens nach der Wahl vor drei Jahren auf Bundesebene strafrechtlich verfolgt werden kann - oder ob er durch seine Immunität als Präsident geschützt ist. Anhänger Trumps hatten am 6. Januar 2021 den Parlamentssitz in Washington gestürmt. Dort war der Kongress zusammengekommen, um den Sieg des Demokraten Joe Biden bei der Präsidentenwahl formal zu bestätigen. Trump hatte seine Anhänger zuvor bei einer Rede aufgewiegelt. Infolge der Krawalle kamen damals fünf Menschen ums Leben.
Trumps Anwälte argumentierten, dass der Republikaner nicht rechtlich für Taten belangt werden könne, die zu seinen Pflichten als Präsident gehörten. Die zuständige Richterin in dem Verfahren hatte einen entsprechenden Antrag allerdings abgelehnt. Gegen diese Entscheidung hatte Trumps Team Berufung eingelegt - damit ist ein Berufungsgericht am Zug. Doch Sonderermittler Smith wählte einen ungewöhnlichen Weg: Er wollte das Berufungsgericht umgehen und wandte sich direkt mit der Bitte an den Supreme Court, die Frage schnell zu klären: «Dieser Fall betrifft Fragen von außergewöhnlicher nationaler Bedeutung.»
Seinen Antrag lehnte das Oberste Gericht nun aber ohne Begründung ab. Damit muss die Berufung ihren Weg durch die Instanzen gehen, was sich hinziehen kann. Eine mündliche Verhandlung vor einem Berufungsgericht ist für den 9. Januar angesetzt. Es ist davon auszugehen, dass der Fall nach der Entscheidung des Gerichts wieder beim Supreme Court landen wird. Es wäre das erste Mal, dass sich das Oberste Gericht der USA mit der Frage beschäftigt, ob Ex-Präsidenten Immunität vor Strafverfolgung auf Bundesebene genießen. Ein Prozessbeginn Anfang März in Washington gegen Trump ist damit unwahrscheinlich, da auf die höchstinstanzliche Entscheidung gewartet werden muss.
Weitere Anklagen gegen Trump
Trump, der noch mit weiteren strafrechtlichen Anklagen konfrontiert ist, will für die Republikaner noch einmal ins Weiße Haus einziehen. Der 77-Jährige führt in parteiinternen Umfragen mit Abstand - die Vorwahlen für die Kandidatur beginnen in wenigen Wochen. Bisher deutet alles auf eine Neuauflage des Wahlkampfs zwischen Trump und dem amtierenden Präsidenten Joe Biden hin. Trump setzt darauf, die Prozesse gegen ihn bis nach der Wahl zu verzögern. Sollte er gewinnen, könnte er seinen Justizminister auffordern, die Ermittlungen auf Bundesebene gegen ihn einzustellen.
Gleichzeitig sorgte in den USA ein Bericht der Zeitung «Detroit News» für Aufsehen. Die Zeitung schrieb über eine Audioaufnahme Trumps aus dem November 2020, die ihr eigenen Angaben nach vorliegt. In dieser soll Trump zwei Wahlbeamte unter Druck gesetzt haben, die Wahlergebnisse für einen wichtigen Bezirk im US-Bundesstaat Michigan nicht zu bestätigen. Trump-Sprecher Steven Cheung erklärte US-Medien zufolge als Reaktion auf den Bericht, dass «alle Maßnahmen von Präsident Trump in Erfüllung seiner Pflicht als Präsident der Vereinigten Staaten ergriffen wurden, sich treu um die Gesetze zu kümmern und die Integrität der Wahlen zu gewährleisten».
Trumps mutmaßlicher Anruf passt in das damalige Muster des Republikaners, Beamte, Wahlhelfer und Politiker dazu zu drängen, das Wahlergebnis der Präsidentenwahl nicht zu akzeptieren. Trump verlor die Wahl gegen Biden. Er erkennt seine Niederlage bis heute nicht an und verbreitet die Lüge von einer «gestohlenen» Wahl.
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