Darüber, dass die abgesagte Richterwahl im Juli keine politische Glanzleistung war, ist in den vergangenen zwei Monaten viel gesprochen worden. (Archivfoto)
Uli Deck/dpa
Darüber, dass die abgesagte Richterwahl im Juli keine politische Glanzleistung war, ist in den vergangenen zwei Monaten viel gesprochen worden. (Archivfoto)
Bundesverfassungsgericht

Im zweiten Anlauf soll es sitzen - Richterwahl im Bundestag

Im Bundestag steht erneut die Wahl von drei Verfassungsrichtern an. Nach dem ersten gescheiterten Versuch sind Erwartungen und Nervosität groß - auch wenn die Koalitionäre Zuversicht signalisieren.

Im Bundestag steht diese Woche noch einmal die Besetzung von drei Richterstellen am Bundesverfassungsgericht auf der Tagesordnung. Das sorgt für erhebliche Nervosität in den Fraktionen. Denn am 11. Juli war der Versuch, die vakanten Posten beim höchsten deutschen Gericht neu zu besetzen, im ersten Versuch gründlich schiefgegangen. Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Wie werden die Richterinnen und Richter bestimmt?

Die Amtszeit der Richter am Bundesverfassungsgericht beträgt zwölf Jahre. Eine Wiederwahl ist nicht möglich. Sie werden je zur Hälfte vom Bundestag und vom Bundesrat gewählt. Aktuell geht es um drei neu zu besetzende Stellen in Karlsruhe, über die der Bundestag entscheidet. Die Wahl im Parlament erfolgt in zwei Schritten: 

Zuerst entscheidet der Richterwahlausschuss des Bundestages, dem zwölf Abgeordnete angehören. Er tritt am Montagabend um 20.00 Uhr zusammen. Ein Wahlvorschlag gilt dort mit mindestens acht Ja-Stimmen als beschlossen. 

Danach stimmt der Bundestag über die vorgeschlagenen Kandidaten in geheimer Wahl ab. Das ist für diesen Donnerstag geplant. Als Richter gewählt ist ein Kandidat dann, wenn er eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mindestens die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Bundestages erhält.

Warum die Nervosität? 

Der Richterwahlausschuss hatte den von der Union und dem Verfassungsgericht nominierten Arbeitsrichter Günter Spinner und zwei von der SPD nominierte Juristinnen, die Juraprofessorinnen Frauke Brosius-Gersdorf und Ann-Katrin Kaufhold, als Kandidatinnen empfohlen. Wegen massiven Widerstands in der Unionsfraktion gegen Brosius-Gersdorf waren die geplanten Abstimmungen über die insgesamt drei Vorschläge für das Bundesverfassungsgericht im Juli kurzfristig von der Tagesordnung des Bundestages genommen worden. 

Hintergrund der Kritik von Unionspolitikern war eine liberale Haltung der Juristin zu Abtreibungen, aber auch ihre Forderung nach einer Impfpflicht während der Corona-Pandemie. Die SPD hielt nach der geplatzten Abstimmung zunächst weiter an Brosius-Gersdorf fest. Im August zog diese dann allerdings ihre Kandidatur zurück.

Startet man jetzt wieder bei null?

Nein. Spinner und Kaufhold sind ja beide bereits vom Richterwahlausschuss vorgeschlagen worden. Der Ausschuss stimmt daher jetzt nur noch über die von der SPD anstelle von Brosius-Gersdorf neu nominierte Juristin Sigrid Emmenegger ab. 

Sie arbeitet derzeit als Richterin am Bundesverwaltungsgericht. Wird auch sie vom Ausschuss vorgeschlagen, können am Donnerstag im Plenum die Wahlen von zwei Richterinnen und eines Richters des Bundesverfassungsgerichts stattfinden. Dass Emmenegger die notwendige Mehrheit im Richterwahlausschuss erreichen wird, gilt nach Angaben aus Fraktionskreisen als wahrscheinlich. Die schwarz-rote Koalition will sich diesmal keine Blöße geben. Der Vorsitzende der Unionsfraktion, Jens Spahn (CDU) hat betont, die neue SPD-Kandidatin Sigrid Emmenegger sei ein «hervorragender Vorschlag» und habe in der Fraktionsführung der CDU/CSU bereits «viel Unterstützung» erhalten. Schwieriger könnte es bei der geheimen Wahl im Plenum werden.

Weshalb?

Die Koalition ist für die notwendige Mehrheit auf Stimmen aus der Opposition - vor allem von Grünen und Linken - angewiesen. Die hatten sich vergangene Woche verärgert über mangelnde Einbindung in das Verfahren gezeigt. Eine weitere offene Frage ist, ob der von der CDU/CSU aufgestellte Arbeitsrichter Spinner womöglich nur mit Stimmen der AfD ins Amt kommt. Die Linksfraktion lässt bisher offen, ob ihre Abgeordneten ihn wählen werden. 

Nach einer geheimen Wahl ist es zwar eigentlich nicht möglich, zu sagen, wer für und wer gegen einen Kandidaten gestimmt hat. Allerdings ist es meist schon so, dass sich ein Großteil der jeweiligen Fraktion an die Empfehlung der Fraktionsspitze hält. 

Was ist über die drei Kandidaten bekannt?

Sigrid Emmenegger (48) ist seit 2021 Richterin am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Ihr Senat ist für Energieleitungsausbau, Bau- und Bodenrecht sowie Natur- und Landschaftsschutzrecht zuständig. CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann ließ verlauten, dass die Kandidatin «das erforderliche Maß an Zurückhaltung» für das Amt mitbringe.

Alle aktuellen Verfassungsrichter haben Günter Spinner als neuen Verfassungsrichter vorgeschlagen. Der 53-Jährige hat langjährige Erfahrung an unterschiedlichen Arbeitsgerichten. Derzeit ist er Vorsitzender Richter am Bundesarbeitsgericht. Spinner hat einen Großteil seiner Laufbahn in Baden-Württemberg verbracht. Anfangs arbeitete er als Staatsanwalt. 

Die Juraprofessorin Ann-Katrin Kaufhold hat an der Münchner Ludwig-Maximilians-Universität den Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht. Ihr Studium hat sie zum Teil in Frankreich absolviert, einige Jahre arbeitete sie im Bundesjustizministerium. Sie ist Mitglied im Arbeitskreis Finanzmarktgesetzgebung beim Bundesfinanzministerium. Auch das Klimarecht ist einer der Forschungsschwerpunkte der 1976 geborenen Juristin.

Und was passiert, wenn es mit der Wahl nicht klappen sollte? 

Für die Koalition wäre das eine erneute Schlappe. Wenn es im Bundestag nicht gelingt, die nötige Zweidrittelmehrheit für die Kandidaten zustande zu bringen, kann das Wahlrecht auf den Bundesrat übergehen.

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