Hoffnung auf neue Feuerpause im Gaza-Krieg
Im Nahen Osten arbeiten Diplomaten mit Hochdruck an der Freilassung weiterer Geiseln im Gazastreifen. Vorerst aber gehen die heftigen Kämpfe in dem abgeriegelten Küstengebiet weiter. Der Überblick.
Im Nahen Osten arbeiten Diplomaten mit Hochdruck an der Freilassung weiterer Geiseln im Gazastreifen. Vorerst aber gehen die heftigen Kämpfe in dem abgeriegelten Küstengebiet weiter. Der Überblick.
Während Israels Armee verstärkt im Süden Gazas gegen die islamistische Hamas vorgeht, bemühen sich Vermittler in dem Krieg um eine neue Waffenruhe. Die Hoffnung auf ein mögliches neues Abkommen zur Befreiung israelischer Geiseln aus der Gewalt der Hamas im Gegenzug für eine längere Kampfpause sei gestiegen, berichtete die Zeitung «The Times of Israel» in der Nacht. Derweil kam es an Israels Grenze zum Libanon erneut zu gegenseitigem Beschuss zwischen Israels Armee und der vom Iran unterstützten Hisbollah-Miliz. Das US-Militär wiederum reagierte im Irak mit einem Gegenschlag auf einen Angriff ebenfalls proiranischer Milizen.
Hamas angeblich offen für Gespräche über Geiselfreilassung
Die Hamas soll sich einem Medienbericht zufolge offen für Verhandlungen über eine Freilassung einiger israelischer Geiseln gezeigt haben. Die Islamisten hätten Vermittlern erklärt, sie seien zu Gesprächen über die Freilassung der weiblichen Zivilisten und Kinder im Gegenzug für eine «signifikante» Feuerpause bereit, berichtete das «Wall Street Journal» unter Berufung auf ägyptische Beamte. Im Laufe einer einwöchigen Waffenruhe Ende November vergangenen Jahres hatte die Hamas 105 Geiseln freigelassen. Im Gegenzug entließ Israel 240 palästinensische Häftlinge aus seinen Gefängnissen.
Die Hamas knüpfte bislang jegliche weitere Geiselfreilassungen an ein Ende des Krieges. Terroristen halten israelischen Regierungsangaben zufolge noch immer rund 130 Menschen fest, die sie bei ihrem Überfall am 7. Oktober aus Israel in den Gazastreifen entführt hatten. Darunter seien israelische Soldatinnen, so das «Wall Street Journal». Die israelische Regierung geht davon aus, dass noch 105 Geiseln am Leben sind und viele von ihnen in dem unterirdischen Tunnel-Netzwerk der Hamas festgehalten werden.
Israel soll nach Informationen des Nachrichtenportals «Axios» eine zweimonatige Feuerpause im Gegenzug für die Freilassung sämtlicher Geiseln vorgeschlagen haben. Das Angebot sei den Vermittlern aus Ägypten und Katar übergeben worden, die sich derzeit bemühen, die Kluft zwischen den unterschiedlichen Forderungen zu überbrücken. Die jüngste Entwicklung sei zwar positiv, bedeute aber nicht, dass eine Einigung unmittelbar bevorstehe, schrieb das «Wall Street Journal». Die Gespräche könnten laut ägyptischen Beamten immer noch scheitern.
Guterres kritisiert Netanjahu
UN-Generalsekretär António Guterres kritisierte derweil die Ablehnung einer Zweistaatenlösung durch Israels Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu und weitere Regierungsmitglieder vor dem UN-Sicherheitsrat. «Diese Ablehnung und die Verweigerung des Rechts des palästinensischen Volkes auf einen eigenen Staat würden diesen Konflikt, der eine große Gefahr für den Frieden und die Sicherheit der Welt geworden ist, auf unbestimmte Zeit verlängern», sagte er. Auch der russische Außenminister Sergej Lawrow sprach sich in New York für eine Zweistaatenlösung aus und kritisierte ebenfalls Netanjahus ablehnende Haltung in dieser Frage. Zugleich rief er zur Freilassung aller Geiseln und zu einer Waffenruhe auf.
Israels Armee: mehr als 100 Terroristen in Chan Junis getötet
Unterdessen hat Israels Armee in der Gegend von Chan Junis im Süden des Gazastreifens nach eigenen Angaben Dutzende weitere Terroristen getötet. Es seien am Dienstag mehr als 100 Terroristen im Westen der Stadt «eliminiert» worden, teilte Armeesprecher Daniel Hagari am Abend mit. Die Angaben lassen sich bisher nicht unabhängig prüfen. Die Armee hatte die Stadt, die als Hochburg der Hamas gilt, am Vortag nach eigenen Angaben umstellt. Israel vermutet dort in unterirdischen Tunneln die Führungsleute der Hamas wie auch israelische Geiseln.
Nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde wurden bei den israelischen Angriffen im Gazastreifen binnen 24 Stunden mindestens 210 Palästinenser getötet. Mehr als 380 weitere wurden laut der Mitteilung vom Mittwoch verletzt. Damit sei die Zahl der seit Beginn des Krieges am 7. Oktober getöteten Menschen in dem Küstenstreifen auf mindestens 25.700 gestiegen. Rund 63.740 weitere seien verletzt worden. Die Zahlen lassen sich kaum unabhängig überprüfen.
Auslöser des Krieges war das schlimmste Massaker in der Geschichte Israels, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober im Süden Israels verübten. Sie ermordeten dabei 1200 Menschen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
US-Militär reagiert mit Gegenschlag auf Angriff im Irak
Das US-Militär griff unterdessen im Irak drei Einrichtungen, die von der Miliz Kataib Hisbollah und anderen mit dem Iran verbundenen Gruppen im Irak genutzt würden, aus der Luft an, wie das zuständige Regionalkommando des US-Militärs auf der Plattform X, vormals Twitter, in der Nacht mitteilte. Kämpfer hatten vor wenigen Tagen Raketen auf den Stützpunkt Ain Al-Assad abgefeuert.
Wegen des Gaza-Kriegs ist die Sicherheitslage in der gesamten Region angespannt. Dabei stehen die Truppen der USA - des wichtigsten Verbündeten Israels - auch im Visier proiranischer Milizen. Der Iran will mit ihnen eine «Achse des Widerstands» gegen Israel schaffen. In den vergangenen Wochen haben sie ihre Angriffe auf US-Stützpunkte im Irak sowie im benachbarten Syrien verstärkt.
Wieder Schusswechsel an Israels Grenze zum Libanon
Derweil kam es an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon wieder zu Gefechten. Der israelische Armeesprecher Daniel Hagari teilte am Abend mit, israelische Kampfjets hätten im nördlichen Nachbarland «Terrorziele angegriffen und eine wichtige militärische Einrichtung zerstört, die von der Terrororganisation Hisbollah benutzt und auch von iranischen Kräften betrieben wurde». Genauere Angaben machte der Armeesprecher nicht.
© dpa-infocom, dpa:240124-99-727369/5
Copyright 2024, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten