Mit EU- und Georgien-Flagge: Menschen protestieren in Tiflis gegen das umstrittene Gesetz.
Zurab Tsertsvadze/AP/dpa
Mit EU- und Georgien-Flagge: Menschen protestieren in Tiflis gegen das umstrittene Gesetz.
Südkaukasus

Georgiens Parlament treibt umstrittenes Gesetz voran

Seit Tagen wird beim EU-Beitrittskandidaten Georgien über ein Gesetz gestritten. Die Regierung spricht von Transparenz, Kritiker von Kontrolle über die Zivilgesellschaft wie in Moskau.

Trotz anhaltender Proteste hat das Parlament in der Südkaukasusrepublik Georgien in erster Lesung ein umstrittenes Gesetz zur staatlichen Kontrolle über Nichtregierungsorganisationen verabschiedet.

Für den Entwurf des Gesetzes «Über die Transparenz ausländischen Einflusses» stimmten 83 der insgesamt 150 Abgeordneten, wie ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur in Tiflis berichtete. Für die Annahme des Gesetzes sind drei Lesungen nötig. Vor dem Parlamentsgebäude wurden zwei Demonstranten festgenommen.

Das Gesetz lehnt sich an ähnliche Regeln in Russland an, Kritiker in Georgien sprechen deshalb vom «russischen Gesetz». Vorgesehen ist, dass Nichtregierungsorganisationen, die mehr als 20 Prozent Geld aus dem Ausland bekommen, diese Finanzquellen offenlegen. Die georgische Regierung will so nach eigenen Angaben für mehr Transparenz sorgen und das Ausmaß ausländischer Einflussnahme stärker kontrollieren. Viele Projekte der Zivilgesellschaft und zur Demokratieförderung in Georgien werden vom Westen finanziert, darunter mit Geldern aus der EU und den USA.

Die Sorge der Kritiker

Kritiker befürchten, dass ein solches Gesetz wie in Russland missbraucht werden könnte, um diese Geldflüsse zu stoppen und prowestliche Kräfte politisch zu verfolgen. Die proeuropäische georgische Präsidentin Salome Surabischwili, die mit der nationalkonservativen Regierung über Kreuz liegt, kritisierte, dass trotz der Proteste an dem Gesetzesentwurf festgehalten werde. Es handele sich um eine Provokation. Das spiele der russischen Strategie einer Destabilisierung Georgiens in die Hände, sagte sie.

Georgien hat seit Dezember 2023 den Status als EU-Beitrittskandidat. Auch aus Brüssel kam scharfe Kritik an dem Gesetzentwurf, den die Regierung trotzdem vor der Parlamentswahl im Herbst durchsetzen will. Im vergangenen Jahr hatte die Regierungspartei Georgischer Traum den Gesetzentwurf nach Massenprotesten zurückgestellt.

Die Kritiker aus dem Ausland, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, lieferten keine Argumente, was an dem Gesetz falsch sein solle, sagte der georgische Ministerpräsident Irakli Kobachidse vor Journalisten. Ohne Argumente gebe es aber für die Regierung keinen Grund, an dem Vorhaben etwas zu ändern. Nötig sei eine offene Diskussion. Georgien sei «ein kleiner, aber unabhängiger und stolzer Staat», sagte Kobachidse. «Wir erlauben niemanden, uns ohne Argumente etwas vorzuschreiben.»

© dpa-infocom, dpa:240417-99-711258/4
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