Die Sitzung des Verteidigungsausschusses zu den Taurus-Marschflugkörpern ist in den Blick der Bundesanwaltschaft geraten.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Die Sitzung des Verteidigungsausschusses zu den Taurus-Marschflugkörpern ist in den Blick der Bundesanwaltschaft geraten.
Verteidigungsausschuss

Generalbundesanwalt ermittelt wegen Taurus-Abhörfall

Aus einer Sondersitzung des Verteidigungsausschusses waren geheime Infos an die Öffentlichkeit gelangt. Die Bundesanwaltschaft ermittelt nun wegen möglicher «geheimdienstliche Tätigkeit».

Wegen eines abgehörten Gesprächs deutscher Offiziere zum Marschflugkörper Taurus ermittelt nun die Bundesanwaltschaft. Das sagte eine Sprecherin der obersten deutschen Anklagebehörde in Karlsruhe. Es bestehe der Verdacht auf «geheimdienstliche Tätigkeit», sagte sie.

Das Verfahren werde gegen Unbekannt geführt. Zu Spekulationen, wer dahinterstecken könnte, äußere man sich nicht. Zuvor hatte das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» berichtet. Russland hatte die mitgeschnittene Schaltkonferenz am 5. März veröffentlicht.

105 Personen bei geheimer Sitzung

Nach der geheimen Sitzung des Verteidigungsausschusses am Montag vergangener Woche waren Informationen zum Marschflugkörper Taurus an die Öffentlichkeit gelangt. An der Sitzung hatten 105 Personen teilgenommen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas hatte Verwunderung darüber ausgedrückt, dass Strack-Zimmermann dies zugelassen habe.

Die Liberale verwies darauf, dass der Ausschuss 38 ordentliche Mitglieder habe, je nach Thema seien auch einige ihrer Stellvertreter dabei. Zwei Drittel aber seien von Ministerien, Kanzleramt, Bundespräsidialamt, Geheimdiensten und Landesvertretungen der Bundesländer. Das sei verbrieftes Recht. Sie könne da nicht sagen, es seien zu viele da. «Das kann ich nicht, das weiß die Bundestagspräsidentin genau», betonte Strack-Zimmermann.

Gleichwohl müsse jedem klar sein, dass er, wenn er aus einer solchen Sitzung berichte, strafrechtlich belangt werden könnte, mahnte Strack-Zimmermann. Seit dem Überfall Russlands auf die Ukraine beobachte sie aber eine «Lässigkeit» des einen oder anderen, dennoch aus dem Ausschuss zu berichten.

Vorschlag von Strack-Zimmermann: In Zukunft kleinere Ausschüsse?

Die Vorsitzende des Bundestags-Verteidigungsausschusses, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, will bei bestimmten Sitzungen den Teilnehmerkreis verringern, um die Gefahr der Weitergabe vertraulicher Informationen aus dem Gremium zu reduzieren. Die FDP-Politikerin kündigte dazu im Deutschlandfunk Gespräche an.

So sollten die Ministerien von ihnen entsandte Mitarbeiter zurückziehen, wenn Geheimes besprochen wird. «Den Vorschlag werden wir machen. Das wird keine Freude auslösen», sagte Strack-Zimmermann.

Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) habe ihr gegenüber bereits erklärt, dies machen zu wollen. Auch der Ausschuss selbst könne Vorschläge machen, einen Teil der Mitarbeiter zu bitten, bei geheimen Themen den Raum zu verlassen. Mit den Obleuten im Ausschuss wolle man über das Vorgehen reden.

Die SPD setzt Strack-Zimmermann unter Druck. Nach den jüngsten Vorkommnissen stelle sich erneut die Frage, wie Strack-Zimmermann «eine unabhängige und vertrauensvolle Arbeitsweise des Verteidigungsausschusses überhaupt noch gewährleisten kann», sagte der verteidigungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Wolfgang Hellmich. «Ich werde daher anregen, diese und weitere Fragen in einer Runde der demokratischen Obleute ohne die Ausschussvorsitzende zu besprechen.»

Mast wirft Strack-Zimmermann Bösartigkeit vor

Die Parlamentarische Geschäftsführerin der SPD-Bundestagsfraktion, Katja Mast, warf Strack-Zimmermann indes «niveaulose und bösartige» Angriffe auf die SPD vor. Die Vorsitzende des Verteidigungsausschusses habe den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rolf Mützenich und mit ihm alle sozialdemokratischen Bundestagsabgeordneten in die Nähe der AfD und von Sahra Wagenknecht gerückt, sagte Mast. «Das Einzige, was sie damit unterstrichen hat, ist, dass sie nicht bereit ist zum politischen Diskurs.»

Mast bezog sich auf Äußerungen von Strack-Zimmermann im Deutschlandfunk, wo die FDP-Politikerin die Einlassungen Mützenichs zu einem Einfrieren des Ukraine-Kriegs als «skandalös» bezeichnet hatte, «weil Herr Mützenich sich abkehrt von der Außenpolitik der Bundesrepublik Deutschland». Dies sei viel gravierender als die Differenzen in der Debatte über den Marschflugkörper Taurus. «Dass Herr Höcke, Frau Wagenknecht und der ehemalige Bundeskanzler das goutieren und klatschen, sagt alles», sagte Strack-Zimmermann.

Björn Höcke ist Vorsitzender der vom Verfassungsschutz als gesichert rechtsextrem eingestuften AfD in Thüringen. Sahra Wagenknecht ist die ehemalige Fraktionschefin der Linken und Gründerin des neuen Bündnisses Sahra Wagenknecht. Und mit dem ehemaligen Bundeskanzler ist Gerhard Schröder (SPD) gemeint, der mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin befreundet ist. «Wenn Herr Mützenich von Einfrieren spricht und von diesen Persönlichkeiten, wenn das beklatscht wird, geht er in die Richtung nämlich, den Russen die Arbeit abzunehmen», sagte Strack-Zimmermann.

Wagenknecht hatte Mützenichs Äußerungen am Dienstag in ihrem Statement als «völlig richtige Mahnung» bezeichnet, die leider folgenlos verhallt sei. Schröder hatte der dpa gesagt: «Mir scheint, dass der Fraktionsvorsitzende der SPD, Herr Rolf Mützenich, auf dem richtigen Weg ist. Seine Position sollte von der Partei und Fraktion unterstützt werden.» Höcke hat sich nach Angaben seines Büros zu Mützenichs Aussagen öffentlich noch nicht geäußert.

Mützenich hatte vergangenen Donnerstag in der Bundestags-Debatte über eine Taurus-Lieferung gefragt: «Ist es nicht an der Zeit, dass wir nicht nur darüber reden, wie man einen Krieg führt, sondern auch darüber nachdenken, wie man einen Krieg einfrieren und später auch beenden kann?» Neben FDP und Grünen hat sich auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) davon distanziert.

Strack-Zimmermann nannte die Äußerung Mützenichs «sozialdemokratische Appeasement-Politik». Mit dem Begriff Appeasement wird eine Politik der Zugeständnisse und der Zurückhaltung gegenüber Aggressoren beschrieben. Er wird unter anderem für das Agieren vor allem Großbritanniens gegenüber den Expansionsplänen des deutschen Nazi-Diktators Adolf Hitler vor dem Zweiten Weltkrieg verwendet.

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