Gaza-Krieg: USA planen Hilfslieferungen aus der Luft
Jordanien und Ägypten bringen bereits Hilfslieferungen auf dem Luftweg in den Gazastreifen. Nun planen auch die USA Abwürfe von Hilfsgütern. Ob das wirklich etwas an der Lage ändert, ist offen.
Jordanien und Ägypten bringen bereits Hilfslieferungen auf dem Luftweg in den Gazastreifen. Nun planen auch die USA Abwürfe von Hilfsgütern. Ob das wirklich etwas an der Lage ändert, ist offen.
Die USA wollen die Zivilbevölkerung im Gazastreifen mit Hilfe aus der Luft versorgen und erwägen Lieferungen über den Seeweg. Man werde sich in den kommenden Tagen mit Jordanien und anderen zusammentun und weitere Lebensmittel und Hilfsgüter aus der Luft abwerfen, kündigte US-Präsident Joe Biden im Weißen Haus an.
Es müsse auch mehr Hilfe auf dem Landweg in den Gazastreifen gelangen, betonte Biden. Das Weiße Haus machte außerdem deutlich, weiter an einer Einigung auf eine Waffenruhe zu arbeiten. Derzeit liege ein Vorschlag für eine sechswöchige Feuerpause auf dem Tisch.
Biden sprach in seinen Äußerungen zu den Hilfslieferungen aus der Luft zwar von der Ukraine - es war aber offensichtlich, dass es sich um einen Versprecher handelte. Das Weiße Haus stellte das im Anschluss klar. Der Kommunikationsdirektor des Nationalen Sicherheitsrats im Weißen Haus, John Kirby, nannte im Anschluss an Bidens Äußerungen weitere Details. Er sagte, die US-Regierung arbeite gleichzeitig daran, «die Seeschifffahrt zu nutzen, um zu versuchen, Hilfe von der Küste aus zu leisten». Es sei sehr gefährlich, die Hilfe mit Lastwagen in den Gazastreifen zu bringen.
Mit Blick auf die Lieferungen aus der Luft nannte Kirby keinen konkreten Tag. Er kündigte aber an, dass als erstes Nahrungsmittel abgeworfen würden. «Es gibt nur wenige Militäroperationen, die komplizierter sind als die Abwürfe humanitärer Hilfe aus der Luft», betonte er. Es sei «extrem schwierig» einen Abwurf in einem so dicht besiedelten Gebiet wie dem Gazastreifen durchzuführen. Viele Menschen seien auf engem Raum zusammengepfercht. Man wolle so nah wie möglich an die Bedürftigen herankommen, aber nicht so, dass sie in Gefahr gerieten. «Dies ist kein humanitäres Katastrophengebiet wie ein Erdbeben- oder Hurrikangebiet. Dies ist ein Kriegsgebiet.»
Prügeleien um Pakete
Abwürfe von Hilfslieferungen über dem Gazastreifen führen bereits Jordanien seit November und Ägypten seit wenigen Tagen durch. Die Flüge sind mit Israel koordiniert. Die abgeworfenen Lebensmittel oder Medikamente bringen eine gewisse Linderung der Not, vor allem in Gebieten, die wie der nördliche Gazastreifen mit Hilfslieferungen auf dem Landweg nur schwer oder gar nicht zu erreichen sind. UN-Organisationen weisen allerdings darauf hin, dass die Mengen, die durch Abwürfe geliefert werden können, eher gering sind.
Bei der großen Zahl der im Gazastreifen Not leidenden Menschen verpuffe die Wirkung schnell, heißt es. Hinzu kommt, dass in den betroffenen Gebieten in Gaza infolge des Kriegs jegliche Ordnung zusammengebrochen ist. Um die abgeworfenen Pakete prügeln sich häufig junge Männer, um etwas für ihre Familien zu ergattern. Einfacher wäre es, meinen UN-Mitarbeiter, wenn Israel einfach Lkw-Hilfslieferungen über Grenzübergänge im Norden des Gazastreifens zulassen würde.
Derzeit nicht genug Hilfe
US-Präsident Biden betonte, dass man darauf bestehen werde, dass Israel mehr Lastwagen und mehr Wege zur Verfügung stellt, «damit mehr und mehr Menschen die Hilfe bekommen, die sie brauchen». Denn die Hilfe, die aktuell in den Gazastreifen gelange, sei nicht genug. Das Weiße Haus machte deutlich, dass die Hilfslieferung aus der Luft die Transporte per Lastwagen nicht ersetzen sollen. Die US-Regierung mahnt seit Wochen die katastrophale humanitäre Situation in Gaza an und pocht auf eine Waffenruhe.
Gemeinsam mit Ägypten und Katar vermittelt Washington zwischen der islamistischen Hamas und Israel, um eine Feuerpause zu erreichen. Ziele sind die Freilassung der Geiseln in den Händen der Hamas und die verbesserte Lieferung von Hilfsgütern in den Gazastreifen. Kirby sagte, derzeit liege ein Vorschlag auf dem Tisch, der eine sechswöchige Waffenruhe zur Folge hätte. Es blieb aber offen, ob und wann es zu einer Einigung kommen könnte. «Wir arbeiten weiter daran, dass die Geiseln freigelassen werden können und dass die Gewalt abnimmt. Wenn die Kämpfe beendet sind, wird die Hilfe ungehinderter fließen können.»
Vertreter der Vereinten Nationen warnten zuletzt im Weltsicherheitsrat vor dem Hungertod Tausender Zivilisten im Gazastreifen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu treibt trotz laufender Verhandlungen über eine Waffenruhe eine Bodenoffensive im Gazastreifen voran und lässt humanitäre Hilfe beschränken. Am Donnerstag hatten bei der Ankunft eines Hilfskonvois im Gazastreifen viele verzweifelte Menschen versucht, sich mit Hilfsgütern zu versorgen. Der Hamas-kontrollierten Gesundheitsbehörde im Gazastreifen zufolge sollen dabei mehr als hundert Menschen getötet und mehr als 700 verletzt worden sein.
Während es von palästinensischer Seite hieß, israelische Soldaten hätten gezielt in die Menge geschossen, machte das israelische Militär das Chaos und Gedränge für die Toten verantwortlich. Zwar seien Schüsse gefallen, aber dadurch habe es nur wenige Verletzte gegeben. Zahlreiche Länder, darunter die USA und Deutschland, forderten daraufhin Aufklärung durch Israel. Die Tragödie ereignete sich an dem Tag, an dem die Marke von 30 000 Toten seit Beginn der israelischen Militäroffensive überschritten wurde.
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