Das bei der Parlamentswahl in Frankreich siegreiche neue Linksbündnis steht wegen der Frage, wer bei einer Regierungsübernahme Premierminister werden könnte, vor einer Zerreißprobe. Im Kräftemessen mit den Sozialisten über das Bestimmen eines Kandidaten setzte die Linkspartei die Beratungen über die Bildung einer Regierung aus.
Solange die Sozialisten auf ihren eigenen Kandidaten bestünden und ein Veto gegen Bewerber der Linkspartei einlegten, blieben die Beratungen über eine Regierungsbildung ausgesetzt, teilte die Linkspartei La France insoumise mit. Sie warf den Sozialisten «politische Blockade» vor.
«Genug der Manipulationen», erklärte Linksparteigründer und Anführer Jean-Luc Mélenchon. Solange man sich nicht auf gemeinsame Kandidaturen für Spitzenposten im Parlament verständigt habe, werde die Linkspartei «keine Diskussionen über irgendetwas anderes» wieder aufnehmen.
Mélenchon spekuliert auf Macht
Das Linksbündnis, dem außerdem Grüne und Kommunisten angehören, hatte eigentlich schon Ende vergangener Woche bestimmen wollen, wer im Falle einer Regierungsübernahme Premier werden soll. Die Sozialisten benannten als Kandidaten ihren Parteichef Olivier Faure. Die Linkspartei hat neben anderen möglichen Kandidaten auch Mélenchon im Auge. Der altlinke Stratege ist vielen bis in die eigene Partei hinein wegen seiner autokratischen und polemischen Art aber ein Dorn im Auge.
Nach dem vorläufigen Abbruch der Beratungen durch die Linkspartei teilten die Sozialisten am Abend mit, sie hätten sich mit Grünen und Kommunisten auf einen gemeinsamen Kandidaten für das Amt des Premierministers geeinigt. Dabei handele es sich um eine Persönlichkeit aus der Zivilgesellschaft, hinter der sich die gesamte Linke sammeln könne. Die Persönlichkeit sei auch der Linkspartei vorgeschlagen worden, und man setze auf eine unverzügliche Wiederaufnahme der gemeinsamen Beratungen.
Sozialisten, Grüne und Kommunisten für Kandidat aus Zivilgesellschaft
Um wen es sich bei dem Kandidaten aus der Zivilgesellschaft handelt, teilten die Sozialisten nicht mit. Unmittelbar nach der Wahl war etwa vom ehemaligen Chef der Gewerkschaft CFDT, Laurent Berger, die Rede.
Kurzfristig kann der Streit im Linksbündnis Präsident Emmanuel Macron in die Karten spielen, denn ein zerstrittenes linkes Lager wird er kaum mit der Regierungsbildung beauftragen. Beobachter vermuten aber auch, dass es bei dem Streit der linken Parteien schon um die Vorherrschaft bei einer möglicherweise vorgezogenen Präsidentschaftswahl geht. Angesichts der politischen Krise könnte Macron sich gezwungen sehen, vor Ende seiner Amtszeit 2027 abzutreten.
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