Innenministerin Faeser begründet das Verbot damit, dass «Compact» ein «zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene» sei.
Karl-Josef Hildenbrand/dpa
Innenministerin Faeser begründet das Verbot damit, dass «Compact» ein «zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene» sei.
Durchsuchungen

Faeser verbietet rechtsextremes «Compact»-Magazin

Am frühen Morgen durchsucht die Polizei Gebäude in vier Bundesländern. Es geht um «Compact» und eine Filmproduktion. Die Bundesinnenministerin will damit gegen «geistige Brandstifter» vorgehen.

Das vom Verfassungsschutz als rechtsextremistisch eingestufte «Compact»-Magazin darf nicht mehr erscheinen. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) hat das Medienunternehmen sowie die Conspect Film GmbH verboten. Nach Angaben ihres Ministeriums haben insgesamt 339 Einsatzkräfte Räumlichkeiten der Organisation durchsucht sowie Wohnungen führender Akteure, der Geschäftsführung und von Anteilseignern in Brandenburg, Hessen, im sächsischen Pirna und in Sachsen-Anhalt. Insgesamt waren es den Angaben zufolge 14 Objekte, die auf richterliche Anordnung durchsucht wurden.

Ziel der Razzia sei die Beschlagnahmung von Vermögenswerten und Beweismitteln, hieß es in einer Mitteilung. Unter anderem wurde ein Haus im brandenburgischen Falkensee durchsucht, dessen Adresse im Impressum des Magazins genannt wird. Polizeibeamte trugen hier Exemplare des Magazins sowie technische Geräte aus dem Gebäude. Beschlagnahmt wurden laut Bundesinnenministerium (BMI) auch Bargeld, Gold, Merchandising-Artikel, Bühnentechnik, Fahrzeuge sowie Kontounterlagen. Die Webseiten von «Compact» wurden gesperrt.

«Compact»-Chefredakteur Jürgen Elsässer sprach von einem ungeheuerlichen Eingriff in die Pressefreiheit und sagte vor Reportern: «Was wir heute in der BRD haben, ist ein undemokratisches Regime, wie es das SED-Regime war.»

Faeser begründet das Verbot damit, dass «Compact» ein «zentrales Sprachrohr der rechtsextremistischen Szene» sei. Sie sagt: «Dieses Magazin hetzt auf unsägliche Weise gegen Jüdinnen und Juden, gegen Menschen mit Migrationsgeschichte und gegen unsere parlamentarische Demokratie.» Das Verbot zeige, «dass wir auch gegen die geistigen Brandstifter vorgehen, die ein Klima von Hass und Gewalt gegenüber Geflüchteten und Migranten schüren und unseren demokratischen Staat überwinden wollen».

«Demokratiefeindliche Positionen»

Schon 2022 urteilte der Verfassungsschutz, das von Chefredakteur Elsässer geleitete Magazin trage «als multimediales Unternehmen demokratiefeindliche und menschenwürdewidrige Positionen in die Gesellschaft». Die führenden Akteure des Magazins unterhalten Kontakte zu wichtigen Akteuren der sogenannten Neuen Rechten.

Im Online-Shop von «Compact» konnte man zuletzt unter anderem auch eine Münze mit dem Konterfei des Thüringer AfD-Landesvorsitzenden Björn Höcke erwerben. Elsässer bringt seine Zuhörer bei Veranstaltungen mit Sprüchen wie «Ami go home und Freundschaft mit Russland» zum Johlen. Der AfD-Spitzenkandidat bei der Europawahl, Maximilian Krah, der nach mehreren Skandalen parteiintern in der Kritik steht, wurde von «Compact» als «Patriot» und «Agent des Volkes» auf den Titel gehoben.

Für das Verbot einer Organisation reicht es nicht, wenn diese eine verfassungsfeindliche Haltung vertritt. Weitere Voraussetzung ist, dass sie dies auch in aggressiv-kämpferischer Form tut. Das BMI führte in seiner Mitteilung aus, es sei zu befürchten, dass Leser und Zuschauer der Medienprodukte von «Compact» durch die Publikationen, die auch «offensiv den Sturz der politischen Ordnung propagieren, aufgewiegelt und zu Handlungen gegen die verfassungsmäßige Ordnung animiert werden».

Außerdem attestiert das Ministerium dem Medienunternehmen ein «völkisch-nationalistisches Gesellschaftskonzept» und verweist auf dessen «Widerstands- und Revolutionsrhetorik».

Kritik an Faeser von der AfD - Zuspruch von den Grünen

Die Co-Vorsitzenden der AfD, Tino Chrupalla und Alice Weidel, schrieben in einer gemeinsamen Mitteilung: «Wir beobachten diese Vorgänge mit großer Sorge.» Das Verbot sei «ein schwerer Schlag gegen die Pressefreiheit». Zuspruch erhielt Faeser unter anderem von den Grünen.

Der Parteivorsitzende Omid Nouripour schrieb auf der Plattform X: «Es ist absolut richtig, dass das BMI dieses antisemitische und rassistische Medium verbietet.» Medienstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) sagte: «Die Pressefreiheit ist ein Grundpfeiler unserer Demokratie und umfasst völlig zu Recht einen großen Schutzbereich.» Wenn sie allerdings dafür missbraucht werde, in einer aggressiv-kämpferischen Weise gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung vorzugehen, noch dazu in einer aggressiv-kämpferischen Weise, seien ganz klar Grenzen überschritten.

Zustimmung kam auch aus der Unionsfraktion. Fraktionsvize Andrea Lindholz (CSU) sagte dem «Nordkurier»: «Ein Medium, in dem Monat für Monat gegen die parlamentarische Demokratie agitiert und Hass auf Minderheiten geschürt wird, ist in Deutschland nicht akzeptabel.» Es wäre falsch, das Verbot in irgendeiner Weise mit Zensur in Verbindung zu bringen.

Hamburgs Innensenator Andy Grote (SPD) kommentierte: «Der erfolgreiche Schlag gegen dieses verfassungsfeindliche Medium der Neuen Rechten ist ein klares Signal des Rechtsstaats an seine Feinde.»

Im vergangenen Jahr waren Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Außenministerin Annalena Baerbock kurz hintereinander im Bürgermeisterwahlkampf in Falkensee zu Gast, wo jetzt der Schwerpunkt der Durchsuchungen war. Scholz wurde bei dem Europafest im Juni 2023 angeschrien und ausgebuht. Eine Gruppe rief laut «Kriegstreiber», «Frieden schaffen ohne Waffen» und «Hau ab!».

Elsässer hat in dem Ort allerdings nicht nur Freunde. Ein Anwohner sagte einem Reporter während der Razzia, er wolle mit dem Verlag und seinen Vertretern nichts zu tun haben.

Von Anne-Béatrice Clasmann, dpa
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