SPD-Vorsitzende Saskia Esken spricht sich gegen Asylverfahren außerhalb der EU aus.
Bernd von Jutrczenka/dpa
SPD-Vorsitzende Saskia Esken spricht sich gegen Asylverfahren außerhalb der EU aus.
Migration

Esken erteilt Asylverfahren außerhalb der EU klare Absage

Die Union preist Asylverfahren außerhalb der EU als Erfolgsrezept gegen irreguläre Migration an. Die SPD-Chefin erteilt solchen Überlegungen nun eine klare Absage.

Die SPD-Vorsitzende Saskia Esken hat der in der Union angeregten Verlagerung von Asylverfahren in Länder außerhalb der Europäischen Union eine klare Absage erteilt. «Die zwangsweise Externalisierung von Asylverfahren verstößt gegen die Genfer Flüchtlingskonvention, die im Übrigen als Reaktion auf die Massenvertreibungen durch die Nazis geschaffen wurde», sagte Esken der Deutschen Presse-Agentur. «Wir sind uns unserer Geschichte bewusst und deshalb bleibt die Genfer Flüchtlingskonvention unsere klare Wegmarke.»

Ruanda ist bereit zu kooperieren

Die CDU plädiert im Entwurf für ihr neues Grundsatzprogramm für eine Verlagerung von Asylverfahren und sieht dies durchaus im Einklang sowohl mit der Genfer Flüchtlingskonvention wie auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten. Beide Konventionen beinhalteten nicht das Recht, sich das Land des Schutzes frei auszusuchen, heißt es im Entwurf der CDU-Programmkommission, der im Januar von den Parteigremien beschlossen werden soll. Demnach soll jeder, der in der EU Asyl beantragt, in einen sicheren Staat außerhalb der Europäischen Union überführt werden und dort ein Verfahren durchlaufen. Fällt es positiv aus, soll dem Antragsteller dort Schutz gewährt werden.

Das ostafrikanische Ruanda hat als erster Staat seine Kooperation für ein solches Modell angeboten. Die britische Regierung ist mit ihrem Plan, Asylverfahren dorthin auszulagern, allerdings im November vor dem obersten britischen Gericht gescheitert.

Esken zählte eine Reihe weiterer Gründe auf, warum sie das sogenannte Ruanda-Modell nicht für realisierbar hält: «Die Europäische Kommission hat die Pläne als nicht vereinbar mit dem EU-Recht verworfen, der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte hat die britischen Ruanda-Pläne gestoppt, der UNHCR hat jegliche Mitarbeit an Ruanda-Modellen abgelehnt.»

Dobrindt sieht in Ruanda-Modell Mittel gegen Schleusung

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt hatte die Ampel-Koalition erst vor wenigen Tagen aufgefordert, sich nicht gegen die Verlagerung von Asylverfahren zu sperren. Deutschland könne «ein Schutzversprechen abgeben, das auch in Ländern außerhalb Europas durch uns garantiert und erfüllt wird», sagte er der dpa. Dann werde niemand mehr bereit sein, 10.000 oder 20 000 Euro für eine Schleusung zu bezahlen - «mit dem Wissen, dass er nicht in den deutschen Sozialsystemen landet, sondern sich mit einem Schutzstatus außerhalb Europas wiederfinden wird».

Laut Dobrindt kommen neben afrikanischen Staaten wie Ruanda und Ghana auch Staaten im Osten Europas für Kooperationen in Frage. «Ein vernünftiges Programm zur Unterstützung dieser Staaten, vor allem in wirtschaftlicher Hinsicht, würde die Bereitschaft ermöglichen, Flüchtlinge aufzunehmen und ein Partner Deutschlands und Europas in der Lösung der Migrationskrise zu sein.»

Esken warnt vor «Verhetzung von Migration»

Inwieweit Migration zu einem Hauptthema in den Wahlkämpfen des nächsten Jahres werden könnte, wollte Esken nicht abschätzen. Sie warnte aber davor, die Debatte über irreguläre Einwanderung auf dem Rücken der Migranten auszutragen. «Ich muss einfach sagen, dass ich die Verhetzung von Migration, die Verhetzung auch von Migrantinnen und Migranten für hochgefährlich halte», sagte sie. «Menschen, die unser Land mit aufgebaut haben und die das an jedem Tag weiter tun, werden derzeit wieder auf unseren Straßen beleidigt, angepöbelt, ausgegrenzt. Das ist nicht zu akzeptieren.» Sie sei froh, dass es mittlerweile auch Stimmen aus der Wirtschaft gebe, die deutlich machten, wie schädlich diese Stimmung für Deutschland sei.

«Wir müssen die Leistungen und den Beitrag der Migrantinnen und Migranten wertschätzen, ob sie nun in den 60ern, in den 90ern oder jetzt 2015/16 zu uns gekommen sind.» Diese Menschen verdienten Respekt, betonte Esken. «Ich würde mir wünschen, dass wir uns dieser Aufgabe gemeinsam annehmen, anstatt uns darüber zu zerreißen.»

© dpa-infocom, dpa:231229-99-433882/3
Copyright 2023, dpa (www.dpa.de). Alle Rechte vorbehalten