Innenministerin Faeser hat sich mit den Mobilfunkanbietern geeinigt.
Michael Kappeler/dpa
Innenministerin Faeser hat sich mit den Mobilfunkanbietern geeinigt.
Huawei & Co.

Der komplizierte Verzicht auf chinesische Technik im 5G-Netz

Die Mobilfunknetze in Deutschland sollen nicht länger mit Komponenten aus China laufen. Doch der Abschied von Lieferanten wie Huawei und ZTE fiel schwer - auch weil Klagen drohten.

Die Bundesregierung und die Betreiber der deutschen Mobilfunknetze haben sich nach langem Streit auf einen weitgehenden Bann chinesischer 5G-Technologie geeinigt. Um Schadensersatzklage vorzubeugen, erfolgte der Kompromiss in Form eines öffentlich-rechtlichen Vertrags, wie Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) in Berlin mitteilte. Der Kompromiss sieht vor, dass die Provider mehr Zeit für den Umstieg haben und auch einfache Elemente von Huawei und ZTE weiter nutzen können. Dafür verpflichten sich die Provider auf einen flächendeckenden Austausch - und nicht nur in der räumlichen Nähe von Bundesministerien und sensiblen Einrichtungen.

Im Kernnetz dürfen die kritischen Komponenten spätestens Ende 2026 nicht mehr eingesetzt werden, erklärt Faeser. Hier geht es um die zentralen 5G-Rechenzentren für die Datenübertragung. In einem zweiten Schritt geht es um die Zugangs- und Transportnetze, hierzu zählen etwa Funkmasten. Über die finanziellen Konditionen haben alle Seiten Stillschweigen vereinbart. Zu möglichen Ausgleichszahlungen wollte Faeser nichts sagen. 

Mögliche Risiken durch Sabotage und Spionage

Die Bundesinnenministerin sah dringenden Handlungsbedarf, weil sie Deutschland gegen Risiken durch Sabotage und Spionage beim Ausbau der Netze wappnen möchte. Aber auch Wirtschaftsminister Habeck und Außenministerin Annalena Baerbock (beide Grüne) drängten auf ein rasches Verbot. Sie zogen eine Parallele zur einstigen Abhängigkeit Deutschlands von billigen Gas-Importen aus Russland. Die Bundesrepublik dürfe beim Ausbau einer wichtigen Infrastruktur wie dem Mobilfunk der fünften Generation (5G) nicht auf Schlüsselkomponenten aus China setzen. Digitalminister Volker Wissing (FDP) machte sich dagegen Sorgen, ob sich die Mobilfunkversorgung nach einem Umbau verschlechtert.

Weltmarktführer Huawei im Fokus

Die Vorbehalte der Politik betreffen vor allem den Weltmarktführer im Bereich Mobilfunk-Infrastruktur, Huawei. Aber auch gegen den kleineren Wettbewerber ZTE aus China bestehen politische Vorbehalte. Huawei ist der führende chinesische Technologie-Konzern, der nicht nur Smartphones, Tablet Computer und Laptops baut, sondern auch ein wichtiger Zulieferer für unterschiedlichste Infrastrukturprojekte ist. Der Konzern ist nicht an der Börse notiert, verweist aber darauf, das Unternehmen gehöre über Mitarbeiteraktien den Angestellten und werde auch von diesen kontrolliert. Wie andere chinesische Unternehmen steht Huawei allerdings auch unter dem Einfluss der Kommunistischen Partei und der Staatsführung. Das Unternehmen ist gesetzlich verpflichtet, mit dem chinesischen Staat zusammenzuarbeiten.

Habeck: Höchste Eisenbahn

Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) begrüßte die Entscheidung. «Ich finde das richtig. Und höchste Eisenbahn, dass so gehandelt wurde», sagte Habeck auf seiner Sommerreise in Magdeburg. «Über die Telekommunikation werden im Grunde fast alle kritischen Infrastrukturen gesteuert und wir haben ein staatliches Interesse, dass die Technik, die dort verwandt wird, nicht geeignet ist oder genutzt wird, um Daten abfließen zu lassen. Diese chinesische Technik unterliegt dem chinesischen Gesetz und die Unternehmen selbst sind gehalten, die Daten, die sie sammeln, China zu übermitteln. Das ist der Grund, warum wir dort agieren und eingreifen mussten.»

Vorwürfe aus den USA

Insbesondere Politiker und Wirtschaftswissenschaftler aus den USA behaupten, Huawei müsse aufgrund der autoritären Machtstrukturen in China für die Staatsführung seine Kunden im Ausland ausspionieren. Beklagt wird auch eine intransparente Firmenstruktur. Formell gehörten die Mitarbeiteranteile nicht den Beschäftigten selbst, sondern einer Gewerkschaft. Und die werde wie alle Gewerkschaften in China von der Partei kontrolliert. Eine «smoking gun» konnten die Huawei-Kritiker bislang nicht präsentieren: Der Konzern wurde noch nie in der Öffentlichkeit in konkreten Fällen der Spionage oder Sabotage überführt. 

Alternativen aus Skandinavien

Neben Huawei und ZTE aus China sind auf dem Markt der Radio Access Networks (RAN) vor allem Nokia aus Finnland und Ericsson aus Schweden aktiv. Technologisch spielen sie in der gleichen Liga, die chinesischen Zulieferer sind aber häufig preiswerter. Ein Alternativkonzept ist Open RAN, bei dem Komponenten unterschiedlicher Hersteller miteinander kombiniert werden können. Neben den klassischen RAN-Anbietern Huawei, ZTE, Nokia und Ericsson kommen hier neue Player wie Rakuten Symphony (Japan) oder Juniper Networks (USA) mit ins Spiel.

Huawei in Großbritannien bereits ausgeschlossen

Die umfangreichsten Erfahrungen liegen aus Großbritannien vor, wo Huawei bereits im Jahr 2020 als Ausrüster ausgeschlossen wurde. Im Februar 2024 zeigte ein 5G-Benchmarking-Test des spanischen Unternehmens Medux, dass Großbritannien im internationalen Vergleich nur noch über ein schwaches 5G-Netz verfügt. In dem Vergleichstest lag Berlin auf dem ersten Platz, gefolgt von Barcelona und Paris. London landete deutlich abgeschlagen auf dem letzten Platz des Metropolen-Rankings. Digitalminister Wissing ist sich nach dem Kompromiss aber sicher, dass dieses Szenario sich in Deutschland nicht wiederholen wird und der 5G-Ausbau nicht ins Stocken gerät. Mit den vereinbarten Übergangsfristen gebe man den Netzbetreibern die nötige Zeit für eine geordnete Umstellung.

Von Christoph Dernbach, dpa
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