Bundesregierung plant Steuer-Vorteil für günstige Mieten
In Deutschland fehlen Hunderttausende bezahlbare Wohnungen. Ein neues Förder-Instrument soll helfen. Doch Experten bezweifeln, dass es viel bringt.
In Deutschland fehlen Hunderttausende bezahlbare Wohnungen. Ein neues Förder-Instrument soll helfen. Doch Experten bezweifeln, dass es viel bringt.
Mit einer Steuerentlastung will die Bundesregierung für mehr bezahlbare Mietwohnungen sorgen. Sozial orientierte Unternehmen sollen dadurch motiviert werden, dauerhaft günstigen Wohnraum anzubieten. Eine entsprechende Regelung brachte das Kabinett am Mittwoch auf den Weg. Als Nächstes wird sie nun im Bundestag debattiert. Doch Mietervertreter melden jetzt schon Zweifel an, dass der Plan aufgeht.
Bauministerin Klara Geywitz (SPD) sprach von einem guten Tag für alle Mieterinnen und Mieter. «Mit der neuen Wohngemeinnützigkeit schaffen wir neben dem sozialen Wohnungsbau eine weitere starke Säule für mehr bezahlbaren Wohnraum in unserem Land», betonte sie. Die sogenannte Wohngemeinnützigkeit ist kein neues Instrument, im Jahr 1990 wurde sie in Deutschland allerdings abgeschafft. SPD, Grüne und FDP hatten sich im Koalitionsvertrag eine Reaktivierung vorgenommen.
Welche Mieterinnen und Mieter einziehen sollen
Zielgruppe sind Mieterinnen und Mieter, die sich eine Wohnung mit der inzwischen üblichen Miete in vielen Gegenden nicht mehr leisten können. Konkret sollen die günstigen Wohnungen vor allem an Personen vermietet werden, deren Einkommen nicht höher als das Fünffache des Sozialhilfe-Regelsatzes (563 Euro) ist. Alleinerziehende dürfen etwas mehr verdienen, nämlich das Sechsfache der Sozialhilfe. Diese Einkommensgrenze wird nur einmal geprüft, wenn der Mietvertrag unterschrieben wird. Die Bundesregierung geht davon aus, dass bis zu 60 Prozent der Haushalte in Deutschland von der Regelung profitieren werden.
Welche Voraussetzungen für die Anbieter gelten
Die Wohngemeinnützigkeit zielt auf sozial orientierte Unternehmen, Vereine und Stiftungen. Wenn sie vergünstigten Wohnraum bereitstellen, sollen sie künftig von den Steuererleichterungen der Gemeinnützigkeit profitieren. Dafür muss die angebotene Miete unter den marktüblichen Preisen liegen. Die Wohnungen müssen dauerhaft günstig bleiben - anders als bei Sozialwohnungen, die nach einer gewissen Zeit aus der Preisbindung fallen. Die Bundesregierung rechnet damit, dass etwa 100 Unternehmen mitmachen.
Was dafür genau geändert wird
Die Bereitstellung von bezahlbarem Wohnen soll in Paragraf 52 des Gemeinnützigkeitsrechts offiziell als «gemeinnützig» eingestuft werden - genau wie zum Beispiel Jugend- und Altenhilfe oder Denkmal- und Naturschutz. Damit sind automatisch steuerliche Vorteile verbunden. So soll es für sozial orientierte Unternehmen finanziell attraktiv werden, Wohnungen zu vermieten. Außerdem will die Bundesregierung den Unternehmen mehr Spielraum bei den Rücklagen gewähren, so dass sie Geld für größere Investitionen wie Bauvorhaben und Sanierungen ansparen können.
Was das finanziell bedeutet
Je nachdem, wie viel Steuern sie aktuell zahlen, könnte die neue Regelung Unternehmen nach Schätzung der Bundesregierung ein- bis zweitausend Euro pro Wohnung und Jahr einbringen. Ein Unternehmen mit 300 Wohnungen könnte demnach rund eine halbe Million Euro pro Jahr einsparen. Die Unternehmen sind angehalten, erzielte Überschüsse in den Neubau, den Ankauf und die Modernisierung von Wohnraum zu investieren.
Was die Wirtschaft davon hält
Der Mieterbund bezweifelt stark, dass das Konzept tatsächlich zu mehr und dauerhaft bezahlbarem Wohnraum führt. Es fehlten im Koalitionsvertrag eigentlich vorgesehene Investitionszulagen, sagte Präsident Lukas Siebenkotten. «Dies wird nach Ansicht von Fachleuten nur den Unternehmen helfen, die bereits gemeinnützig sind.
Die Wohnungswirtschaft sieht die Steuererleichterungen zwar als sinnvolle Ergänzung im Kampf gegen den Wohnungsmangel, sie appellierte aber an die Regierung, ein breiter angelegtes Fördersystem auf die Beine zu stellen. Mittlerweile fehlten 800 000 Wohnungen, erklärte der Branchenverband GdW. Angesichts der aktuellen Krise müssten die Unternehmen überhaupt erstmal wieder in die Lage versetzt werden, zu bauen. Das gehe angesichts der dauerhaft höheren Zinsen bei gleichzeitig gestiegenen Kosten nur über ein kurzfristiges Zinsprogramm.
Von Theresa Münch, dpa
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