Sind ein Paar: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch.
Joerg Carstensen/dpa
Sind ein Paar: Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner und Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch.
Beziehung

Berlins Regierungschef und Bildungssenatorin sind ein Paar

Seit Tagen wird in der Hauptstadt spekuliert, jetzt ist es offiziell: Der CDU-Politiker Kai Wegner und seine Bildungssenatorin Katharina Günther-Wünsch sind ein Paar. Hat das politische Folgen?

Tagelang schwieg Berlins Regierender Bürgermeister Kai Wegner, am Freitag kam dann doch die offizielle Bestätigung: Der CDU-Politiker ist mit seiner Partei- und Kabinettskollegin Katharina Günther-Wünsch zusammen, der Berliner Bildungssenatorin.

Wie Rechtsanwalt Christian Schertz der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, entschieden beide im Herbst 2023, eine Beziehung einzugehen. Sie hätten ihn gebeten, «dieses aus Gründen der Transparenz zu bestätigen, um Klarheit für alle Beteiligten in der professionellen Zusammenarbeit sicherzustellen».

Schertz erklärte weiter: «Unabhängig davon, dass eine derartige Konstellation keinen rechtlichen Bestimmungen widerspricht, ist es natürlich selbstverständlich, dass die Beteiligten im Zusammenhang mit ihrer Amtsführung Privates und Berufliches strikt trennen.» Der Anwalt bat darum, die Privatsphäre von Wegner (51) und Günther-Wünsch (40) auch im Interesse ihrer Familien zu respektieren.

Starker öffentlicher Druck

Zuvor hatte Wegner die Linie verfolgt, zu dem Thema keine Stellung zu nehmen, dann ging er doch an die Öffentlichkeit. In der Zwischenzeit war der Druck gestiegen, ob es Interessenskonflikte oder Auswirkungen auf die Arbeit des Senats geben könnte. Wegner sagte RBB-Inforadio am Freitag, auf die Frage, warum er so lange geschwiegen habe, es handele sich um ein privates Thema. Man habe noch Dinge klären müssen, da es nicht nur zwei Personen betreffe.

Bereits vor Tagen hatten «B.Z.» und «Bild» erstmals über die Beziehung von Wegner und Günther-Wünsch berichtet. Kurz zuvor hatte die Senatskanzlei mitgeteilt, dass sich der Regierungschef im September von seiner bisherigen Partnerin getrennt hatte. Mit dieser hat er zwei Kinder. Zuvor war Wegner verheiratet. Mit seiner Ex-Frau hat er ein weiteres Kind.

Wegner hatte als CDU-Landeschef im Februar 2023 die wegen Pannen wiederholte Wahl zum Abgeordnetenhaus gewonnen. Ende April wurde er Regierender Bürgermeister. Schon im Wahlkampf hatte er Günther-Wünsch für den Posten der Bildungssenatorin ins Gespräch gebracht und sie als «Powerfrau» und «absolute Expertin» für Bildungsthemen gelobt.

Die aus Dresden stammende Lehrerin sitzt erst seit September 2021 im Landesparlament und war dort zunächst bildungspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion. Günther-Wünsch ist verheiratet, lebt von ihrem Mann aber seit geraumer Zeit getrennt. Mit ihrem Mann, der ein Kind mit in die Ehe gebracht hat, hat sie zwei leibliche Kinder und ein Pflegekind.

Ist diese Beziehung ein Politikum?

Die Berliner Grünen-Fraktion sieht in der Beziehung von Wegner und Günther-Wünsch das Risiko von Interessenskonflikten. «Wir freuen uns, wenn sich Liebende finden, diese Liebe ist aber keine reine Privatsache», so die Grünen-Fraktionsvorsitzende Bettina Jarasch am Freitag. «Es gibt absehbar Interessenskonflikte für die Zusammenarbeit im Senat. Das betrifft beispielsweise Konflikte zum Haushalt und den Umgang mit der Richtlinienkompetenz des Regierenden.»

Auch aus Sicht der Berliner AfD ist längst noch nicht alles geklärt: «Es stellt sich weiterhin die Frage, ob das Verhältnis bereits vor der Wiederholungswahl bestand», sagte die Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker am Freitag. «Wenn laut dem Rechtsanwalt des Bürgermeisters die Beziehung im Herbst 2023 geschlossen wurde, ist davon auszugehen, dass dieser rationalen Entscheidung eine mehrmonatige emotionale und romantische Anbahnungsphase vorausging.»

Aber nicht nur das: «Wie in jeder Beziehung, werden das Paar Günther-Wünsch und Wegner auch Dinge des Arbeitsalltags am Frühstückstisch besprechen», sagte die AfD-Fraktionschefin. «Zukünftige Budgetfragen und kritische Entscheidungen werden ab heute immer unter dem Verdacht stehen, vorher abgesprochen worden zu sein», sagte Brinker.

Berlins Linke-Landesvorsitzende Franziska Brychcy sagte, Wegner und Günther-Wünsch seien auch Menschen, die ein Recht auf Glück und Privatsphäre hätten. «Jedoch erwarten wir von ihnen, dass Interessenkonflikte zwischen Privatleben und dem Wohl der Stadt ausgeschlossen werden.»

Der Berliner Verfassungsrechtler Ulrich Battis sieht in der Beziehung rechtlich keine Probleme. «Hier geht es nicht um ein Unternehmen, in dem Compliance-Vorschriften gelten», sagte Battis der dpa. «Es gelten in diesem Fall weder arbeitsrechtliche noch verfassungsrechtliche Beschränkungen. Entscheidend ist, ob einer von beiden oder beide ihren Amtseid verletzen. Das ist nicht ersichtlich.»

Bestand die Beziehung vor der Ernennung?

Medien und Experten hatten die Frage aufgeworfen, ob Wegner die Bildungssenatorin Günther-Wünsch dienstlich bevorzugt haben könnte, indem er ihr Ressort von Sparvorgaben ausnahm. Battis sieht auch das anders: «Dass jetzt die Ansage Wegners problematisiert wird, bei der Polizei und bei Bildung dürfe nicht gespart werden, halte ich für Unsinn. Das würde doch jeder so unterschreiben.»

Etwas anderes ist aus Sicht des Rechtsexperten von größerer Bedeutung: «Eine wichtige und konkrete Frage ist, ob das Verhältnis schon vor der Ernennung von Frau Günther-Wünsch zur Senatorin bestand.» Dazu lieferten Wegner und Günther-Wünsch mit der Anwalts-Mitteilung, die Beziehung sei im Herbst 2023 eingegangen worden, eine Antwort.

Battis sieht das Paar zwar politisch angeschlagen, weil es sich öffentlich verteidigen muss. Unterm Strich gilt für den Verfassungsrechtler aber: «Ich sehe nicht, dass Konsequenzen nötig wären, etwa der Rückzug eines oder einer der beiden.»

Kubicki erinnert an Compliance-Regeln

FDP-Vize Wolfgang Kubicki hatte sich etwas anders geäußert. «Es ist deshalb ein Problem, weil Herr Wegner und Frau Günther-Wünsch immer dem Verdacht entgegenwirken müssen, ihr Privatleben von ihrer politischen Arbeit nicht trennen zu können», sagte Kubicki der «Rheinischen Post», bevor der Regierungschef und die Senatorin ihre Beziehung bestätigten. In einem börsennotierten Unternehmen wäre eine solche Konstellation undenkbar, so Kubicki. «Es wäre besser, der Regierende Bürgermeister würde diese Compliance-Regeln auch beherzigen», meinte der FDP-Politiker und Bundestagsvizepräsident.

Ob und wie Wegner und Günther-Wünsch weiter im Senat zusammenarbeiten können, dürfte weiter diskutiert werden.

Von Verena Schmitt-Roschmann, Andreas Heimann und Anna Ringle, dpa
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