Abgeordneter beanstandet Bericht zu Muslimfeindlichkeit
Der vom Bundesinnenministerium veröffentlichte Bericht eines Expertengremiums zur Muslimfeindlichkeit ist schon einmal juristisch erfolgreich angegriffen worden. Nun rührt sich weitere Kritik.
Der vom Bundesinnenministerium veröffentlichte Bericht eines Expertengremiums zur Muslimfeindlichkeit ist schon einmal juristisch erfolgreich angegriffen worden. Nun rührt sich weitere Kritik.
Der Unionsabgeordnete Christoph de Vries hat an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) appelliert, den zurückgezogenen Bericht zur Muslimfeindlichkeit in Deutschland auch in geänderter Form nicht erneut online zu stellen. «Ich möchte Sie bitten, in dieser Sache Rückgrat zu zeigen und darauf hinzuwirken, dass dieser toxische Bericht in keiner Weise mehr veröffentlicht wird», schrieb der CDU-Politiker an die Ministerin.
In dem Brief, der der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, heißt es weiter: «Wir erwarten mindestens, dass die Nennung meiner Person und der CDU/CSU-Bundestagsfraktion in Zusammenhang mit Muslimfeindlichkeit vollständig unterbleibt.»
Bericht soll «in Kürze erneut veröffentlicht werden»
Ein Ministeriumssprecher hatte vergangene Woche angekündigt, «dass der Bericht den Vorgaben des Oberverwaltungsgerichts entsprechend in Kürze erneut veröffentlicht werden soll». Das Innenministerium hatte den Text nach einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg entfernt. In dem Bericht war dem Publizisten Henryk M. Broder vorgeworfen worden, Muslime in einem seiner Artikel pauschal «dämonisiert» zu haben. Dagegen hatte sich der Autor gewehrt, woraufhin das Gericht entschied, dass das Ministerium die beanstandeten Passagen von seiner Homepage entfernen muss.
Der Expertenkreis war vom damaligen Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) nach dem rassistischen Anschlag von Hanau ins Leben gerufen worden und hatte im Juni vergangenen Jahres seinen Abschlussbericht veröffentlicht. Darin kamen die Autorinnen und Autoren zu dem Ergebnis, dass Feindlichkeit gegenüber Muslimen und dem Islam in Deutschland weitverbreitet sei.
«Unklare Abgrenzung von der AfD»
In der ursprünglichen Fassung des Berichts hieß es, in Äußerungen von Unionsabgeordneten wie de Vries zeige sich eine «unklare Abgrenzung von der AfD». Zur Begründung wurde ausgeführt, dass zwar, mit einer gewissen Berechtigung, mögliche Gefahren durch den islamischen Extremismus betont, «zugleich aber auch reguläre Strukturen des Islams und strengreligiöse Verhaltensweisen eines orthodox-konservativen Teils» der Muslime in die Argumentation einbezogen würden.
De Vries beendete seinen Brief mit den Worten: «Gerade in diesen Zeiten sollte es auch in Ihrem Sinne sein, die CDU, mit der Sie selbst in Hessen koalieren, nicht in die Nähe von Extremisten zu rücken. Sollte dies unterbleiben, behalten sich meine Fraktion und auch ich mir persönlich rechtliche Schritte vor.»
Bei einer Befragung im Plenum des Bundestages sagte Faeser, der Bericht enthalte «sehr wertvolle wissenschaftliche Erkenntnisse». Deshalb prüfe ihr Ministerium nun, unter welchen Rahmenbedingungen eine Veröffentlichung des Berichts in geänderter Form möglich sei.
Der Expertenkreis hatte in seinem Bericht die AfD als «einzige Partei im Deutschen Bundestag mit einem manifest muslimfeindlichen Programm» identifiziert. Er stellte darüber hinaus fest, bei der CDU/CSU und auch gelegentlich bei anderen Parteien ließen sich «latente Formen durch verminderte Anerkennung und ein Konfliktbild des Islams erkennen».
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