Keiner verbietet die Silvesterparty und die Böllerei grundsätzlich. Und doch gibt es zum Jahreswechsel Einschränkungen in vielen Städten und Gemeinden, wo Feuerwerkskörper geworfen oder abgeschossen werden dürfen. Mancherorts greift sogar ein bundesweites Verbot.
Denn unabhängig von Silvester darf das ganze Jahr über keine Pyrotechnik in unmittelbarer Nähe von Kirchen, Krankenhäusern, Kinder- und Altersheimen sowie Reet- und Fachwerkhäusern gezündet werden. Das sieht Paragraf 23 der Ersten Verordnung zum Sprengstoffgesetz vor.
Darüber hinaus gibt es gerade in größeren Städten zeitlich und lokal beschränkte Verbotszonen fürs Böllern - unter anderem an zentralen Plätzen und beliebten Feierlocations in Berlin, Hamburg, München, Hannover, Bremen, Nürnberg, Trier, Weimar und Göttingen. Dass sich hier die Feiernden um Mitternacht aufs Jubeln, Umarmen und gemeinsame Anstoßen beschränken müssen, hat mehrere Gründen, wie eine bundesweite Umfrage der Deutschen Presse-Agentur zeigt:
Die Sicherheit der Feiernden
Wo Hunderte Menschen eng zusammen stehen, kann Feuerwerk verletzen. So zum Beispiel in Hamburg, wo es der vor Einrichtung einer Verbotszone in der Menge oft bedrohliche und gefährliche Situationen und Unfälle gab. Daher ist seit 2019/2020 rund um die Binnenalster und auf dem Rathausmarkt vom 31. Dezember, 18.00 Uhr, bis zum 1. Januar, 1.00 Uhr, nur das Zünden von Kleinstfeuerwerk erlaubt - also etwa Wunderkerzen und Knallerbsen. Ähnlich regeln das auch andere Städte.
Manche Orte gehen einen Schritt weiter: Wer in der Regensburger Altstadt oder in Augsburgs Innenstadt unterwegs ist, darf pyrotechnische Gegenstände nicht mal bei sich tragen. Auch Glasflaschen und Dosen sind laut der Stadt Augsburg an Silvester dort nicht erlaubt.
Schutz historischer Gebäude, der Tiere und der Umwelt
Andernorts geht es um den Schutz von Gebäuden und Infrastruktur vor Bränden durch verirrte Böller - zum Beispiel in der Weltkulturerbe-Altstadt von Quedlinburg, am Münchner Viktualienmarkt und rund um die staatlichen Schlösser und Burgen in ganz Bayern. «Raketen, Böller und Funkenflug gefährden die historischen Gebäude erheblich», so die Schlösserverwaltung.
Vielerorts ist aber schon durch die Regelung, dass in der Nähe von Fachwerkhäusern Pyrotechnik tabu ist, keine extra Verbotszone zu Silvester mehr nötig. Etwa laut Stadt-Sprecherin Heike Dobenecker in Erfurt, fast die gesamte Altstadt ist ein böllerfreier Bereich.
Den Schutz der Tiere und Umwelt vor Feuerwerkskörpern nennt München als zwei der Gründe für die lokalen Verbotszonen. Dresden hat sogar 27 naturschutzrechtliche Verbotsgebiete eingerichtet. Die Kommunen entsprechen damit zumindest ansatzweise einer Position der Deutschen Umwelthilfe. Diese fordert von der Bundesregierung, «den privaten Kauf und Gebrauch von Pyrotechnik zu Silvester dauerhaft zu beenden».
«Am 1. Januar ist die Luft vielerorts mit Feinstaubwerten belastet, die die von der Weltgesundheitsorganisation empfohlenen Grenzwerte deutlich überschreiten», heißt es in einem Schreiben der Umwelthilfe an Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Und nicht nur das: «Für Haus-, Wild- und sogenannte Nutztiere bedeutet die Knallerei Stress, Panik und häufig auch Todesangst.»
Forderung: Mehr Sicherheit für Einsatzkräfte
Die Diskussion um mehr Böllerverbote an Silvester in Großstädten betrifft auch den Schutz der Einsatzkräfte. Immer wieder gab es in den vergangenen Jahren bewusste Schüsse auf Polizisten, Feuerwehren und Rettungsteams. Und wenig Chancen, die Randalierer zu fassen.
«Wenn Leute betrunken sind und im Schutz der anonymen Masse mit Böllern herumschießen, wird es unübersichtlich und gefährlich für die Einsatzkräfte», erläutert Michael Mertens, der NRW-Landesvorsitzende der Polizeigewerkschaft GdP. «In so einer Situation ist überall Qualm, es ist dunkel - da hat die Polizei gar keine Chance, gezielt gegen einzelne Täter vorzugehen.»
Gegenstimmen: In vielen Städten kein Anlass für Verbot
Gerade in kleineren Städten kennt man solche Situationen aber nicht. So heißt es aus der 8000-Einwohner-Kommune Gerbstedt in Sachsen-Anhalt: Man hatte als Einheitsgemeinde seit der Gründung keinen Grund für ein Böllerverbot. Die Menschen sollten selbst entscheiden, teilt Braunsbedra mit rund 11 000 Einwohnern mit.
Die vergangenen Jahre hätten gezeigt, dass die Lage durch Feuerwehr und Rettungsdienst immer beherrschbar gewesen sei, sagt Stefanie Braune von der Stadtverwaltung Jena. Auch aus Umwelt-, Naturschutz- oder Immissionsschutzgründen ließen sich derzeit keine harten Gründe für etwaige Verbote ableiten.
Einen anderen Weg als Böllerverbotszonen geht die Stadt Wittstock in Brandenburg: Hier gibt es seit 2005 ein großes öffentliches Feuerwerk, zuletzt waren immer mehrere Tausend Zuschauer vor Ort. Das soll laut Stadtsprecher Jean Dibbert auch dazu beitragen, dass die Menschen privat weniger Böller und Raketen zünden.
Von Simone Andrea Mayer, dpa
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