«Jetzt leg' doch mal das Handy weg» - grad an Weihnachten dürften Sätze wie dieser millionenfach fallen in Deutschland. Und oft gilt dann vielleicht sogar das an Jesu Bergpredigt angelehnte Sprichwort «Man sieht den Splitter im fremden Auge, im eignen den Balken nicht». Denn zuviel am Smartphone, vielleicht sogar während jemand mit einem spricht, das sind wohl viele Menschen heutzutage, sie bemerken es jedoch eher bei anderen.
Die Einsicht, dass der eigene Handy-Gebrauch übertrieben sein könnte, die scheint aber doch weit verbreitet zu sein. Das geht aus einer repräsentativen Yougov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur hervor.
15 Prozent schätzen Handy-Nutzung als «viel zu lang» ein
So empfindet beinahe jede und jeder zweite Erwachsene mit Smartphone die tägliche Zeit am Handy als unangemessen. 27 Prozent schätzen ihre eigene Smartphone-Nutzung als «zu lang» ein, 15 Prozent sogar als «viel zu lang» - macht zusammen 42 Prozent. 53 Prozent dagegen nennen ihre Handy-Zeit «angemessen». Lediglich zwei Prozent sagten, sie hätten gern mehr Zeit am Smartphone, der Rest machte keine Angabe.
Bei einer identischen Umfrage vor fünf Jahren hatten (statt nun 42) erst etwa 32 Prozent der Befragten die eigene Zeit am Mobiltelefon als «zu lang» bezeichnet. Für «angemessen» hielten sie 63 Prozent.
Die Tendenz ist also recht eindeutig, wohin sich das Verhalten entwickelt hat zwischen 2018 und 2023.
Bei den Frauen sagen inzwischen 44 Prozent von sich, zu lang am Handy zu sein - bei den Männern sind es 39 Prozent.
Vor allem Jüngere hadern mit eigenem Verhalten
In den verschiedenen Altersgruppen zeichnet sich der Trend ab, dass vor allem Jüngere mit dem eigenen Verhalten hadern. So sagen bei den 18- bis 24-Jährigen rund 60 Prozent, sie seien täglich zu lang mit dem Handy beschäftigt, bei den 25- bis 34-Jährigen sind es sogar 63 Prozent. Danach sinkt dieser Wert in den Altersgruppen.
So sind es bei den 35- bis 44-Jährigen 48 Prozent, bei den 45- bis 54-Jährigen rund 44 Prozent und bei den über 55-Jährigen lediglich 26 Prozent. Bei den Menschen über 55 ist aber auch der Anteil am größten, die gar kein Smartphone benutzen.
Wofür die Leute ihre Zeit am Handy nutzen (oder verplempern, wenn man es so ausdrücken will), wurde diesmal nicht explizit abgefragt.
Dass mit Chatten, Spielen, Surfen, Musik hören die Zeit wie im Fluge vergehen kann und man rasch mal im Internet sozusagen falsch abbiegt und sich am Ende wundert, wo die Zeit geblieben ist, dürfte eine weit verbreitete Erfahrung mit dem Smartphone sein.
Körperliche und psychische Leiden
Ein populäres Gesprächsthema sind heutzutage auch die gesundheitlichen Konsequenzen von zu viel Handy-Gebrauch. Darunter befinden sich sowohl körperliche als auch psychische Leiden.
Der Handy-Nacken entsteht, weil zum Beispiel sowohl beim Tippen als auch beim Lesen von Nachrichten in der Regel der Kopf über längere Zeit gesenkt wird, was die Halsmuskulatur stark belastet.
Diverse Belastungen können auch die Arme treffen und zur Überlastung der Schultern führen, außerdem die Handgelenke und Finger.
Die Psyche kann es belasten, wenn die ständige Erreichbarkeit beispielsweise Stress auslöst, auch Konzentration und Aufmerksamkeit können nachlassen, wenn optische oder akustische Signale wie zum Beispiel Push-Benachrichtigungen ablenken.
Berichtet wird auch vom sogenannten Phantom-Vibrationssyndrom. Dabei verspüren Nutzer das Gefühl, ihr Handy vibriere, obwohl das nicht passiert ist - oder sie nicht einmal das Gerät bei sich tragen.
Störer beim Schlafengehen
Außerdem wird oft vom Handy als Störer beim Schlafengehen geredet. Nur noch kurz Messages beantworten, Nachrichten lesen oder E-Mails beantworten, bevor es ins Bett geht - das gilt als ungesund.
Einschlafprobleme können die Folge sein. Empfohlen wird oft, den (späten) Abend offline, also ohne Handy und Co zu verbringen.
Der Blick aufs Smartphone vor dem Zubettgehen kann es enorm erschweren, zur Ruhe zu kommen und abzuschalten.
Von Gregor Tholl, dpa
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