Die Familie von Jérôme Boatengs 2021 gestorbener Ex-Freundin Kasia Lenhardt sieht den Auftritt des Fußball-Stars vor Gericht in München kritisch. «Worte, die von Herzen kommen, muss man meiner Meinung nach nicht von Anwälten aufschreiben lassen und von einem Papier holprig ablesen», hieß es in einer Stellungnahme des Berliner Medienanwalts Markus Hennig im Namen der Familie Lenhardt.
Boatengs Sprecher entgegnete: «Es entspricht der üblichen Praxis in einem Strafverfahren, dass ein Angeklagter seine Worte ordnet und im Zusammenhang vorträgt.» Er ergänzte: «Daneben stand und steht Herr Boateng für eine vollumfängliche Befragung des Gerichtes zur Verfügung und beschränkt sich eben nicht aufs ablesen.»
Der ehemalige Fußball-Nationalspieler Boateng steht in einem Prozess um Körperverletzung in München vor Gericht. Eine andere frühere Lebensgefährtin wirft ihm vor, sie körperlich attackiert zu haben. Zu Beginn des Prozesses hatte sich Boateng in der vergangenen Woche mit einer langen Einlassung zu Wort gemeldet, in der er die Vorwürfe zurückwies und auch über Kasia Lenhardt sprach: «Aus Respekt vor Kasia, und aus Respekt vor ihrem Sohn und ihrer Familie habe ich mich seit ihrem Tod nicht öffentlich geäußert», sagte er.
Was er aber nicht mehr unwidersprochen akzeptiere, «sind die ganzen Lügen, Halbwahrheiten und falschen Verdächtigungen, die aus all dem und aus dem tragischen Tod von Kasia Lenhardt gestrickt wurden». Die Verhandlung um einen Vorfall im Karibikurlaub 2018 soll an diesem Freitag fortgesetzt werden. Dann ist auch Boatengs frühere Partnerin und Mutter seiner beiden Kinder, die als Nebenklägerin in dem Verfahren auftritt, als Zeugin geladen.
«Wenn Herr Boateng von "Respekt vor Kasia, ihrem Sohn und ihrer Familie" spricht, wie in der Presse zu lesen ist, dann fragt man sich», was er mit seinem Interview aus dem Februar 2021 habe bewirken wollen, sagte Hennig der Deutschen Presse-Agentur. «Genau dieses führte bekanntlich zu massivem Mobbing und Vorverurteilungen von Kasia Lenhardt.»
Sprecher: Boateng bedauert das Interview
Boatengs Sprecher erklärte, der Fußball-Weltmeister von 2014 bereue das Interview und habe das auch schon mehrfach gesagt. «Nach dem Tod von Frau Lenhardt hat er sich nicht mehr geäußert», betonte der Sprecher. Seit März 2021 habe Boateng der Familie seiner früheren Partnerin außerdem mehrfach persönliche Gespräche angeboten, diese Angebote seien aber nicht angenommen worden. Er warf Hennig vor, zu einer Vorverurteilung Boatengs beigetragen zu haben.
Rund eine Woche vor Lenhardts Tod hatte Boateng ein Zeitungsinterview gegeben, in dem er sich über die Beziehung zu ihr geäußert hatte. Die Mutter der bei ihrem Tod erst 25 Jahre alten Kasia Lenhardt verklagte Boateng auf Unterlassung. Das Landgericht Berlin entschied daraufhin, dass Boateng eine Äußerung über seine Ex-Partnerin untersagt wird, insgesamt ging es in dem Gerichtsverfahren um sechs Aussagen (Az.: 27 O 339/21). Die Mutter legte daraufhin Rechtsmittel ein; für den 1. August wurde der Termin für die Berufungsverhandlung vor dem Berliner Kammergericht festgesetzt, wie eine Justizsprecherin mitteilte.
Anwalt: «Im Namen der Familie nicht einverstanden»
In dem Interview hatte Boateng unter anderem über Auseinandersetzungen in der Beziehung mit seiner Ex-Freundin gesprochen. Seine Aussagen verfälschten das Lebensbild von ihrer Tochter, argumentierte die Klägerin. Boatengs Anwältin hatte bereits in dem Prozess erklärt, der Fußballspieler bedauere das Interview.
Lenhardt war 2012 Finalistin bei «Germany's Next Topmodel» und später mit Boateng liiert. Kurz bevor dessen Interview erschien, hatte sich das Paar getrennt. Am 9. Februar 2021 gab ihre Familie über einen Anwalt bekannt, dass Kasia tot sei. Die Polizei in Berlin bestätigte damals einen Einsatz, bei dem eine leblose Person gefunden worden war. Es gebe keine Anzeichen für Fremdeinwirkung, hieß es.
«Spricht er von Herzen über Respekt, sollte er besser unverzüglich das Gerichtsverfahren mit der Familie beenden und sich verpflichten, alle furchtbaren und unwahren Behauptungen über Kasia Lenhardt nicht zu wiederholen», sagte Anwalt Hennig. «Der Versuch Boatengs, Kasia Lenhardt auch nach ihrem Tod zur Blendung der Öffentlichkeit zu benutzen, verletzt die Familie der Verstorbenen erneut. Damit bin ich als Anwalt und im Namen der Familie nicht einverstanden.» Boatengs Sprecher betonte dagegen: «In seiner Einlassung hat Herr Boateng nicht über Frau Lenhardt gesprochen, sondern lediglich festgestellt, dass er sie nicht tätlich angegriffen hat.»
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