Ein Kita-Hund kann viel bewirken.
Monique Wüstenhagen/dpa-tmn
Ein Kita-Hund kann viel bewirken.
Bildung

Kita-Hunde können einen pädagogischen Mehrwert bringen

Rocky ist eine Rarität: Als einer von wenigen Kita-Hunden in Bayern hat er seinen Dienst in einem Kindergarten angetreten. Bundesweit gibt es seit einigen Jahren den Trend zum Vierbeiner in der Kita.

Für Besitzerin Luisa Fischer ist der zweijährige Labrador-Rüde Rocky ein seltenes Goldstück, ein festes Familienmitglied. Für viele Kinder ist das Tier wichtiger Bestandteil ihres Alltags, ein täglicher Grund zur Freude. Damit nicht genug: Sogar auf offizieller Ebene ist das Tier etwas Besonderes, eine Rarität. Seit wenigen Monaten ist der grau-braune Hund im städtischen Heinrich-Galm-Kindergarten in Memmingen als Kita-Hund tätig.

Tierische Mitarbeiter dieser Art werden bundesweit seit einigen Jahren in einzelnen Kindertagesstätten eingesetzt. Der Weg dahin ist nicht ganz einfach - so auch für Luisa Fischer und ihren Rocky.

«Den Traum von einem Kita-Hund hatte ich schon weit bevor Rocky bei mir eingezogen ist», sagt Fischer. Die staatlich geprüfte Erzieherin schrieb ihre Facharbeit über tiergestützte Pädagogik. Zentral geht es dabei darum, welchen Mehrwert Tiere in der Kinderbetreuung bieten.

Als Fischer vor zwei Jahren die Leitung des Memminger Kindergartens übernahm, begann sie, ihr Wunschprojekt zu realisieren. «Zunächst galt es, den Träger - die Stadt - ins Boot zu holen.» Die 30-Jährige erarbeitete ein pädagogisches Konzept, in dem sie die Vorteile für ihre Kindergartenkinder ebenso beschrieb wie den Alltag mit Hund.

Stadt übernimmt Teil der Haltungskosten

Und damit hatte sie Erfolg: «Das Konzept hat uns überzeugt. Wo die Ressourcen da sind, da kann Neues geschaffen werden», sagt Bernhard Hölzle, Leiter des Amts für Kindertageseinrichtungen in Memmingen. Die Stadt übernimmt auch 30 Prozent der Kosten, die für die Haltung des Vierbeiners anfallen. «Er ist ja ein Mitarbeiter», sagt Hölzle.

Er plädiert dafür, Neuerungen offen gegenüberzustehen, sofern die Voraussetzungen erfüllt sind. Und das sind bei einem Kita-Hund nicht wenige: Das Tier braucht auch grünes Licht vom Veterinäramt, Gesundheitsamt und von der Versicherung der Einrichtung, um in den Dienst starten zu können - die Zustimmung der Eltern vorausgesetzt. «Aber da hatten wir Glück. In fast allen Fällen haben die Eltern den Vorschlag positiv aufgenommen», sagt Fischer. Den anderen machte sie das Angebot, innerhalb des Hauses in eine andere Gruppe zu wechseln.

Zwei Jahre Eingewöhnung für den Hund

«Nachdem all diese Hürden genommen sind, heißt es aber noch lange nicht, dass alles funktioniert», sagt Fischer. Das hänge individuell von jedem Tier ab - davon, wie es auf Kinder und Lärm reagiere oder sich erziehen lasse. Zwei Jahre gewöhnte Fischer Rocky im Kindergarten ein und besuchte zahllose Kurse in der Hundeschule. Nun kommt der Hund an vier Tagen mit in die Einrichtung und absolviert pro Arbeitstag zwei Einsätze von je 45 Minuten Dauer.

Darin geht Fischer gemeinsam mit Hund und Kindern spazieren, spielt im Garten oder lässt den Nachwuchs das Verhalten des Tieres beobachten. «Für die Kinder, die nicht neu im Kindergarten sind, wollen wir künftig auch einen Hundeführerschein anbieten, in dem sie mehr über Rocky lernen können», sagt Fischer.

Vom Mehrwert tiergestützter Pädagogik ist Fischer ebenso überzeugt wie Daniela Märkl. Die Erzieherin des Kindergartens «Kleine Hände - große Taten» im oberbayerischen Poing (Landkreis Ebersberg) hält mit dem vierjährigen Mini-Australian-Sheppard Bjarki ebenfalls einen Kita-Hund und ist sich sicher: «Gerade für Kinder, die keine Tiere zuhause haben, ist ein Kita-Hund gut. Sie lernen, mit dem Tier umzugehen und empathisch auf es zu reagieren.»

Beruhigende Wirkung auf die Kinder

Seit vier Jahren ist Märkls Hund bereits im Dienst. «Ich habe klar beobachtet, dass das Tier eine beruhigende Wirkung auf die Kinder hat», sagt die Poingerin, die einen ebenso langen Weg wie Fischer hinter sich gebracht hat, bevor aus Bjarki ein Kita-Hund wurde. «Gerade anfangs war es schwierig. Es gibt keine konkreten Vorgaben, keinen einheitlich vorgeschriebenen Weg, dem man gehen muss, um einen Kita-Hund heranzuziehen.»

Ein Seminar zum Thema Kita-Hunde musste die Bayerin daher im hessischen Groß-Gerau besuchen. «In anderen Bundesländern ist man schon weiter als hier», sagt die 25-Jährige. Beispielsweise auch in Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen oder Brandenburg gibt es Einrichtungen, die spezielle Fortbildungen anbieten.

Genauso ist man andernorts auch schon zu guten Erfahrungen gekommen. Die Stadt Halle (Saale) in Sachsen-Anhalt setzt in zwei ihrer Kitas regelmäßig Hunde ein. «Die tiergestützte Pädagogik nutzt die positive und einmalige Wirkung der Tiere», berichtet der Kita-Betreiber. Durch den täglichen Umgang mit Hunden werden bei den Kindern das Selbstvertrauen und das Verantwortungsgefühl gestärkt. Zudem würden kommunikative und motorische Fähigkeiten auf ganz natürliche Weise gefördert.

Von Anne-Sophie Schuhwerk, dpa
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