Harte Strafen für Angriffe auf Einsatzkräfte gefordert
Sie wollen helfen, Menschenleben retten - und werden mitunter selbst angegriffen. Gewalt gegen Einsatzkräfte wird zu einem größeren Problem in Deutschland. Doch was kann dagegen getan werden?
Sie wollen helfen, Menschenleben retten - und werden mitunter selbst angegriffen. Gewalt gegen Einsatzkräfte wird zu einem größeren Problem in Deutschland. Doch was kann dagegen getan werden?
Angesichts Zehntausender Angriffe auf Polizisten, Feuerwehrleute und Rettungskräfte fordern Politik und Verbände ein härteres Durchgreifen. «Es braucht mehr Respekt vor Anderen und konsequentes Bestrafen derjenigen, die sich nicht an die Spielregeln halten. Hinter jeder Uniform steckt ein Mensch», sagte der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU) der Deutschen Presse-Agentur.
Der Präsident des Deutschen Feuerwehrverbands, Karl-Heinz Banse, nannte solche Taten einen Angriff gegen den Staat. Für 2023 deutet sich ein Anstieg bei der Zahl der Angriffe an.
Forderung nach mehr Respekt
Auch Banse forderte von der Gesellschaft mehr Respekt gegenüber Einsatzkräften. «Der Staat muss dafür Sorge tragen, dass diejenigen, die das tun, auch mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden. Da hapert es noch», sagte er. Sein Verband hatte zuletzt in einer Umfrage ermitteln lassen, wie viele Feuerwehrleute sich Gewalt ausgesetzt sahen. Die Ergebnisse werden heute vorgestellt.
Bundesweite Zahlen zu Übergriffen im zu Ende gehenden Jahr liegen noch nicht vor. Vom bayerischen Innenministerium hieß es bereits: «Es gibt aber wohl einen weiteren Anstieg der Fallzahlen beim Thema Gewalt gegen Einsatzkräfte.» In Rheinland-Pfalz wurden nach Angaben des Landesinnenministeriums im ersten Halbjahr dieses Jahres 2151 Einsatzkräfte als Opfer von Gewaltdelikten erfasst.
Demnach waren dort 2023 Polizeibeamte betroffen. Bei der Feuerwehr seien 16 und unter den sonstigen Rettungsdiensten 112 Opfer in den ersten sechs Monaten erfasst worden. Bei den Zahlen handelt es sich laut dem Ministerium um Opfer von in diesem Zeitraum abgeschlossenen Ermittlungsverfahren. Der Tatzeitpunkt könne deshalb auch vor 2023 liegen. 2022 gab es insgesamt mehr als 4300 Betroffene.
Niedersachsen rechnete mit einer Zunahme von Gewalttaten in diesem Jahr. Laut Innenministerium verzeichnet das Bundesland bei Angriffen auf die Polizei mit Stand Ende Oktober ein Plus im unteren dreistelligen Bereich im Vergleich zum Vorjahreszeitpunkt.
Es gab massive Angriffe
In Berlin ging die Polizei für 2023 zuletzt von etwa 15 Prozent mehr Angriffen auf Polizisten und 30 Prozent mehr auf Feuerwehrleute im Vergleich zum Vorjahr aus. Im vergangenen Jahr seien in der Hauptstadt 2291 Polizisten Opfer eines tätlichen Angriffs geworden. Bundesweit gab es 2022 mehr als 42.700 Gewalttaten gegen Polizeivollstreckungsbeamte - 7,9 Prozent mehr als 2021, wie das Bundeskriminalamt mitgeteilt hatte.
Die Hemmschwelle, «Menschen in Uniform anzugreifen und zu verletzen», sei stetig gesunken, sagte NRW-Innenminister Reul. «Das ist nicht hinnehmbar.» Vor dem Jahreswechsel wird das Thema erneut breit diskutiert. Hintergrund sind massive Angriffe auf Einsatzkräfte in der Silvesternacht vor einem Jahr. Erst im Juni war ein junger Mann in Berlin zu acht Monaten Gefängnis auf Bewährung verurteilt worden, weil er nach Überzeugung des zuständigen Amtsgerichts absichtlich einen Böller in Richtung eines Polizisten geworfen hatte.
Berlins Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte der Deutschen Presse-Agentur, die Qualität der Angriffe auf Einsatzkräfte im vergangenen Jahr sei neu, «etwa wenn Rettungskräfte in mutmaßliche Hinterhalte gelockt und angegriffen wurden».
«Bei Teilen der Jugendlichen ist das Leben als Krimineller ein offenbar erstrebenswerter Lebensentwurf», sagte der Vize-Chef der Gewerkschaft der Polizei (GdP) Hamburg, Lars Osburg. Dies zeige sich im Auftreten der Jugendlichen gegenüber der Polizei. Zudem diene Gangsta-Rap kriminellen Banden zur Rekrutierung neuer Mitglieder. «Wir wiederholen unsere These, dass sogenannter Gangsta-Rap einen erheblichen Teil zu dieser Entwicklung beiträgt», sagte er.
«Jeder Angriff ist einer zu viel»
Für die Johanniter-Unfall-Hilfe in Niedersachsen steht fest: Jeder Angriff sei einer zu viel. Im Laufe dieses Jahres sei aber kein Anstieg von Angriffen gegen Einsatzkräfte zu verzeichnen gewesen. Der Verein hofft, dass die Öffentlichkeitskampagnen der vergangenen Monate griffen und den Menschen im Bewusstsein bleibe, dass Retter nie Ziel körperlicher Angriffe sein dürfen.
Beim Deutschen Roten Kreuz (DRK) in Wiesbaden werden Einsatzkräfte nach Angaben einer Sprecherin geschult, in solchen Situationen deeskalierend zu wirken. «Sie wissen auch, wann sie sich zurückziehen und die Polizei rufen sollten.» Das Innenministerium in Wiesbaden teilte mit: «Im Rahmen der Aus- und Fortbildung werden Polizistinnen und Polizisten auf derartige Angriffe vorbereitet.»
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