Das Archiv-Video-Standbild zeigt die 18-karätige goldene Toilette «America» des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan im New Yorker Guggenheim Museum.
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Das Archiv-Video-Standbild zeigt die 18-karätige goldene Toilette «America» des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan im New Yorker Guggenheim Museum.
Prozesse

Diebstahl von Gold-Klo in England vor Gericht

Aus 18-karätigem Gold - und sie konnte sogar benutzt werden. Eine ganz besondere Toilette stand bei Ausstellungen in New York und England im Mittelpunkt. Und dann war sie plötzlich weg, gestohlen.

Ein Klo aus 18-karätigem Gold, rund 5,5 Millionen Euro wert. Aber nein, er habe nicht vor, die Toilette bewachen zu lassen, betonte Edward Spencer-Churchill einst. Das Teil sei ohnehin schwer zu stehlen. «Erstens», so sagte der Gründer der Blenheim Art Foundation im August 2019 der «Sunday Times», «ist sie angeschlossen. Und zweitens hat ein potenzieller Dieb keine Ahnung, wer zuletzt die Toilette benutzt hat oder was er gegessen hat.» Vielmehr freue er sich, sein Geschäft dort zu verrichten. «Obwohl ich mit einem silbernen Löffel im Mund geboren wurde, habe ich noch nie auf einer goldenen Toilette» - wörtliches Zitat - «geschissen.»

Nur wenige Wochen später dürfte der Halbbruder des Herzogs von Marlborough seinen Scherz bereut haben. Denn da war das besondere Klosett - ein voll funktionsfähiges Kunstwerk des italienischen Künstlers Maurizio Cattelan - tatsächlich weg. Gestohlen. Nur zwei Tage nach der Eröffnung einer Cattelan-Ausstellung im Blenheim-Palast, dem Familiensitz der Familie.

Gut vier Jahre nach der Tat am frühen Morgen des 14. September 2019 erschienen am Dienstag vier Männer vor Gericht in Oxford. Die britische Anklagebehörde Crown Prosecution Service wirft ihnen vor, das Kunstwerk namens «America» entwendet zu haben. Dabei entstand auch erheblicher Sachschaden im Palast - durch Überschwemmung. Bis zur nächsten Sitzung am 4. Januar bleiben die Männer auf freiem Fuß.

Künstler Cattelan reagierte damals irritiert

Der Diebstahl sorgte nicht nur wegen Spencer-Churchills naiver Ankündigung für Aufsehen. Der Blenheim-Palast bei Oxford ist auch nicht irgendein Herrenhaus. Hier kam am 30. November 1874 der spätere Premierminister, Weltkriegssieger und Nobelpreisträger Winston Churchill zur Welt. Gegenüber von dessem Geburtszimmer war das Gold-Klo ausgestellt. Besucher durften es sogar benutzen. Aber bitte nur maximal drei Minuten, um Schlangen zu vermeiden.

Die Schau im Blenheim-Palast war nicht die erste, die das Gold-Klo zeigte. Bereits 2016 war die Toilette im New Yorker Guggenheim Museum zu sehen gewesen. Für viele Besucher war das Klo ein Muss, 100.000 Menschen standen teils stundenlang an, um «America» persönlich zu nutzen. Das Museum bot das Kunstobjekt auch dem damaligen US-Präsidenten Donald Trump an, dem durchaus Prunksucht nachgesagt wurde. Im Weißen Haus ließ er goldene Vorhänge aufhängen, die goldene Toilette aber nahm er nicht an.

Vor Gericht dürfte es auch darum gehen, was aus dem Gold-Klo geworden ist. Hinweise gibt es keine. Die Tat erinnert an den Diebstahl einer 100 Kilogramm schweren Goldmünze aus dem Berliner Bode-Museum 2017. Hier wie dort dürften die Diebe das Objekt längst zerteilt oder eingeschmolzen haben.

«Sinnlos» nannte Dominic Hare, Chef des Blenheim Palace, damals den Diebstahl. Seine Hoffnung: Die Tat werde das Kunstwerk unsterblich machen. Künstler Cattelan reagierte damals ähnlich irritiert. «Wer ist so bescheuert und stiehlt eine Toilette?» Dann habe er sich erinnert, dass das Klo ja aus Gold sei.

Von Benedikt von Imhoff, dpa
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