Vor über 50 Jahren gründete Gitarrist Tony Clarkin in der Industriestadt Birmingham mit Sänger Bob Catley die Band Magnum. Mit kräftigen, melodischen Rocksongs wurden die Briten auch in Deutschland sehr populär. Jahrzehntelang gingen sie unermüdlich auf Tournee und veröffentlichten neue Musik.
Doch kurz vor dem Erscheinen ihres 23. Studioalbums traf die Band ein Schicksalsschlag. Für viele völlig überraschend starb Tony Clarkin am Sonntag im Alter von 77 Jahren. Das bestätigte Magnums deutsche Plattenfirma SPV der Deutschen Presse-Agentur unter Berufung auf Clarkins Familie.
«Ich weiß, dass Tony viele Menschen durch seine Musik auf so viele Wege berührt hat», schrieb seine Tochter Dionne Clarkin in einer Mitteilung, die auf der Magnum-Website veröffentlicht wurde. Der Musiker sei nach kurzer Krankheit im Kreise seiner Familie gestorben. «Ich habe wirklich noch keine Worte, um auszudrücken, was er mir bedeutet hat, weil die Trauer noch zu frisch ist.» Nähere Details zur Todesursache wurden nicht genannt.
Erkrankung der Wirbelsäule
Erst im November hatten Magnum ihre fürs Frühjahr geplante Tournee mit mehreren Deutschland-Konzerten wegen gesundheitlicher Probleme Clarkins abgesagt. Auf der Website berichtete der Gitarrist von einer unheilbaren Erkrankung der Wirbelsäule, die es für ihn unmöglich machte, Konzerte zu geben. «Das ist nicht das Ende von Magnum, aber die Zukunft wird wohl etwas anders aussehen», schrieb Clarkin dazu. «Ich hoffe, dass ich euch alle sehr bald wiedersehe.» Diese Hoffnung erfüllte sich leider nicht.
Vor allem Sänger Bob Catley traf die Nachricht von Clarkins Tod hart, wie aus dem Umfeld der Band zu hören war. Seit über 50 Jahren hatte er mit Clarkin zusammen Musik gemacht. Selbst in den Jahren zwischen 1995 und 2001, als Magnum getrennt waren, musizierten der Sänger und der Gitarrist als Duo Hard Rain gemeinsam weiter. «Wir haben uns einfach immer gut verstanden», sagte Catley im November im Interview der Deutschen Presse-Agentur. «Wir mochten überwiegend immer die gleiche Art von Musik. Er liebt den Blues mehr als ich, und ich mag Pop wahrscheinlich mehr als er. Aber zusammen ergibt das Magnum.»
Alle zwei Jahre ein neues Album
Die Karriere der auf melodischen Hardrock oder AOR spezialisierten Band aus Birmingham lief im Vergleich zu anderen Genrevertretern seit Jahrzehnten zwar etwas unter dem Radar. Aber Magnum haben eine treue Fangemeinde, die ihre Alben kauft und ihre Konzerte besucht. Bis zu Clarkins Tod waren Magnum meistens auf Tour, wenn sie nicht gerade im Studio standen. Etwa alle zwei Jahre kam ein neues Album. «Here Comes The Rain» ist das fünfte Studioalbum in zehn Jahren.
Auf Clarkins unerwartetem Abschiedsalbum servieren Magnum ihre bewährte Mischung aus kernigen, kraftvollen Rocksongs mit starken Melodien («Run Into The Shadows», «The Seventh Darkness») und Powerballaden, die nah an der Grenze zum Kitsch sind («After The Silence», «The Day He Lied»).
Der herausragende Track ist «Blue Tango», ein launiger, mitreißender Hardrock-Song mit fetten Gitarrenriffs, stimmungsvollem Klavier und einem Solo auf der Hammond-Orgel - und mit viel Groove.
«Here Comes The Rain» kommt zwar nicht an große Magnum-Klassiker wie «On A Storyteller's Night» oder «Vigilante» heran, ist aber ein solides Werk, das sogar ein paar kleine Überraschungen parat hält. So ist neben einem Saxofon auf einem Song sogar eine Trompete zu hören.
Songwriter der Band
Der Verlust Tony Clarkins wiegt für Magnum nicht nur menschlich, sondern auch musikalisch schwer, denn er war nicht nur ihr Gitarrist, sondern seit Jahren auch ihr alleiniger Songwriter. «Ich liebe die Art, wie er Songs schreibt», schwärmte Catley noch vor einigen Wochen. «Ich liebe seine Musik und seine Texte bedeuten mir alles. Es macht mich richtig stolz, wenn ich diese Songs auf Tournee singe.»
Damals scherzte der Sänger über das hohe Arbeitspensum. «Das ist Tonys Schuld», sagte er. «Wir machen ein Album, wir proben, wir gehen auf Tour. Bäng, bäng, bäng! Und schon sitzt er wieder in seinem Schuppen und arbeitet an Ideen für neue Songs. Andere Leute nehmen Urlaub, die verreisen, machen eine Pause von der Musik. Aber nicht Tony. Der geht gleich wieder ins Studio. Ich glaube, ihm wird sonst langweilig.» Dass Magnum in Zukunft ohne Tony Clarkin weitermachen, ist zumindest fraglich.
Von Philip Dethlefs, dpa
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