Charlie Andrew habe einen anderen Ansatz gewählt und auch mal Dinge infrage gestellt. «Muss jeder Song ausgeblendet werden? Braucht es hier ein Gitarrensolo?» Gilmour ließ sich darauf ein. «Die meisten Vorschläge von ihm waren gut und haben mir sofort gefallen.»
Mit einem Vorschlag habe er allerdings erst warm werden müssen, gibt Gilmour zu. Sein Song «A Single Spark» wurde völlig verändert. Die ursprüngliche Version ist zum Vergleich als Bonustrack auf dem Album enthalten. «Die könnt ihr euch mal anhören, das ist interessant.» Man merkt Gilmour die Begeisterung an, wenn er darüber spricht.
Aufnahme mit verstorbenem Pink-Floyd-Kollegen
Auch der knapp 14-minütige Jam, aus dem der Titelsong «Luck And Strange» hervorging, soll veröffentlicht werden. «Dann können die Leute hören, was wir jetzt haben und wo es herkam», sagt der 78-Jährige, der jünger wirkt. «Ich finde das faszinierend.»
Das Besondere an dem Titelsong ist, dass darauf der 2008 gestorbene Pink-Floyd-Keyboarder Richard Wright zu hören ist. Die Aufnahmen fanden ein Jahr vor Wrights Tod in Gilmours Scheune mit Musikern aus seiner Tour-Band statt. «Ich habe einfach so gespielt und alle haben mitgemacht. Es gab keine zweite Aufnahme. Es gibt nichts anderes. Das ist der Song.» Nur der Gesang kam noch dazu.
Harmonisches Album zum Zurücklehnen
David Gilmours erst fünftes Soloalbum ist über weite Strecken eine wunderbar entspannte Angelegenheit. Das wird schon bei den ersten Gitarrenklängen des atmosphärischen Instrumental-Openers «Black Cat» klar. «Luck And Strange» ist ein Album zum Zurücklehnen und Genießen, auf dem die Musik so harmonisch fließt wie die Themse.
Der Song «Between Two Points» ist eine Coverversion. Das Original stammt vom britischen Indie-Pop-Duo The Montgolfier Brothers und ist 25 Jahre alt. «Wir haben das eines Tages zufällig gehört und Polly schlug vor, dass ich das covere.» Als er damit anfing, kamen Gilmour Zweifel. «Ich habe gedacht: Das bin ich nicht. Ich kann diese Worte nicht singen. Die sind zu zerbrechlich für mich.» Deshalb singt seine Tochter Romany das Lied.
Highlights sind «Piper's Call» mit träumerischen Gitarrenklängen und «A Single Spark», in dem Gilmour mit der Endlichkeit des Lebens hadert. Als einziger unter den zehn Songs auf dem neuen Album rockt «Dark And Velvet Nights» etwas härter, bevor am Ende sogar Streicher zu hören sind. Schwächere Songs sucht man hier vergebens.
Verzicht auf Gitarrensoli möglich, aber unwahrscheinlich
Aber wie war das jetzt eigentlich mit den Gitarrensoli? Ist ein Album von David Gilmour ohne Gitarrensoli überhaupt möglich? «Natürlich! Alles ist möglich. Aber es ist relativ unwahrscheinlich», sagt er und grinst. «Ich spiele eben manchmal ganz gern Gitarre.» Dann zählt er noch einmal schnell nach. «Ich glaube, es gibt nur einen Song auf dem neuen Album, der überhaupt kein Gitarrensolo hat.»
Im Oktober und November spielt David Gilmour jeweils mehrere Konzerte in Rom, London, Los Angeles und New York, die nach kurzer Zeit ausverkauft waren. Für 2025 stellt der britische Musikveteran weitere Shows in Aussicht.
Von Philip Dethlefs, dpa
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