Die vier verbliebenen City-Mitglieder beschlossen, Ende 2022 aufzuhören. 50 Jahre nach der Gründung der Band. Zur letzten Besetzung gehörten neben Krahl noch Gitarrist Fritz Puppel, Geiger Joro Gogow und Keyboarder Manfred Hennig. 10 000 Fans kamen zum Abschiedskonzert in Berlin.
Im Februar 2024 starb überraschend Fritz Puppel, auch privat ein enger Weggefährte von Krahl. «Natürlich fehlen mir meine Freunde Fritz und Klaus», sagt der Sänger. «Entscheidungen muss ich nun alleine fällen.» Selmke und Puppel hatten City 1972 in Ost-Berlin gegründet. In einem Club in Berlin-Köpenick gab es vor etwa 200 Zuhörern das erste Konzert. Im Repertoire: Lieder etwa von Santana, den Rolling Stones und Jimi Hendrix.
Mit Schlafanzugoberteil der Mutter auf der Bühne
Krahl war noch nicht dabei. Er hatte, nachdem er 1968 als Abiturient gegen den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in Prag protestiert und deswegen in Haft gesessen hatte, die Band Die Kleinen gegründet. «Als Bühnengarderobe zog ich vorzugsweise die Schlafanzugoberteile meiner Mutter an, samtig-seidenes Zeug... dazu Schlaghosen», schrieb er in seiner Autobiografie «Toni Krahls Rocklegenden» (2016). Nebenher erwarb er damals noch seinen Facharbeiterabschluss als Blechschlosser.
1975 kam dann die Chance seines Lebens: Bei der Band City sollte der damalige Sänger Emil Bogdanow zum Wehrdienst eingezogen werden, er tauchte in Schweden ab. Krahl übernahm das Mikrofon. Aber er hatte es nicht leicht, denn das Publikum hatte seinen Vorgänger sehr gemocht. «Es dauerte bestimmt ein halbes Jahr und einige Male "Sex Machine", um mich durchzusetzen. Manchmal war es wirklich zum Verzweifeln», schrieb er in der Autobiografie.
Rauchige Stimme ist tiefer geworden
Doch der charismatische Frontmann der Band gewann schließlich die Herzen der Fans; zuletzt mit Glatze, Sonnenbrille, auffälligen Halsketten und schon immer mit seiner unverwechselbaren rauchigen Stimme. Diese sei inzwischen tiefer geworden, berichtet Krahl. «Musik ist mein Lebensmittelpunkt. Ich kann nicht ohne Musik und ohne Applaus», betont er kurz vor seinem Geburtstag, an dem er erstmals seit Langem wieder eine Party mit Freunden und Kollegen feiern will.
Noch bis März 2025 steht er als Gast bei Silly mit auf der Bühne. Die Silly-Kollegen seien nicht froh darüber, dass er bald eigene Wege gehe. Aber sie könnten es verstehen. «Ich bin sehr gut aufgenommen worden bei ihnen und habe mich sehr wohlgefühlt. Es sind tolle Kerle», sagt er. In den vergangenen knapp zwei Jahren seit dem City-Abschied habe er aber auch viel zu Hause gesessen und mit der Gitarre Lieder komponiert. Im Frühjahr kommenden Jahres soll es dann richtig losgehen mit der Produktion des Soloalbums. Der Name der Platte und der Tour steht schon: «Genauso war's».
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke outete sich übrigens als großer Fan und bezeichnete Krahl in seinem Glückwunschschreiben zum 75. als «Mutmacher», der mit seiner Musik seinen Fans schöne Stunden und nachdenkliche Momente bereite. Woidke weiter: «Ihre Musik hat mein Leben begleitet und bereichert, so wie das Leben vieler Brandenburgerinnen und Brandenburger, darunter natürlich "Am Fenster" – ein Meisterwerk, das zu meinen absoluten Top Ten gehört.»
Bundesverdienstorden kurz vor dem 75. Geburtstag
Und eine besondere Würdigung gab es für Krahl noch unmittelbar vor seinem Geburtstag: Dem Sänger wurde am 1. Oktober der Bundesverdienstorden von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue verliehen.
In der Würdigung für Krahl hieß es: «Mit der Band City wurde ihr Frontmann Toni Krahl nicht nur in der DDR zur Rocklegende. Im halben Land und der zerschnittenen Stadt, wie es in einem ihrer Lieder heißt, hat er das Lebensgefühl eines ganzen Landes besungen.»
Von Sophia-Caroline Kosel, dpa
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