Moderator Harry Wijnvoord feiert seinen 75. Geburtstag.
Rolf Vennenbernd/dpa
Moderator Harry Wijnvoord feiert seinen 75. Geburtstag.
Moderator

Der Herr der Preise: Harry Wijnvoord wird 75

Der Moderator hat eine Show, in der Waschmaschinen und Gartenmöbel verteilt werden, groß gemacht - und ist selbst zur Marke geworden. Aber sein Leben ist mehr als «Der Preis ist heiß». Ein Besuch.

Harry Wijnvoord hat sich ein Idyll erschaffen, auch wenn er selbst noch nicht ganz zufrieden damit scheint. «Ich muss mich hier wohlfühlen können», sagt der Niederländer und schreitet inspizierend durch seinen weitläufigen Garten.

Saftiges Gras klebt an diesem Vormittag an den Schuhen, da steht ein Apfel-, dort ein Walnuss-, hier ein Birnbaum. Aber und an zwitschert ein Vogel, ansonsten herrscht: paradiesische Stille. Besser geht es kaum, könnte man meinen. Aber Wijnvoord sagt: «Ich bin noch längst nicht fertig!» Es gibt immer noch ein Projekt.

Der Moderator hat - kurz vor seinem 75. Geburtstag heute - in seinem Haus empfangen, um sich über sein Leben zu unterhalten. Eigentlich ist es eher ein Anwesen. Das landsitzartige Ensemble aus roten Backsteinen liegt im Münsterland, weitab vom Schuss. Seit rund 20 Jahren ist es sein Rückzugsort. Damals hatte er eine Anzeige gelesen. Ein altes, heruntergekommenes Schulgebäude - zeitweise wohl auch als Teddybär-Fabrik genutzt - stehe zum Verkauf - zum Höchstgebot. Und, was soll man sagen: Mit Geboten, da kannte sich Wijnvoord einfach aus. Womit man galant bei seinem Lebensthema angekommen ist.

Knallbunte RTL-Gameshow «Der Preis ist heiß»

Deutschlandweit berühmt wurde der in Den Haag geborene Niederländer mit der RTL-Gameshow «Der Preis ist heiß». Sie lief in ihrer ersten Inkarnation von 1989 bis 1997, war knallbunt und eine Mischung aus Spielshow, Konsummesse und Kirmes. Unkundigen muss man sie wohl kurz erklärt. Im Kern geht es bei «Der Preis ist heiß» darum, dass Kandidaten schätzen, was ein bestimmtes Produkt im Handel kostet - etwa eine Packung Reis. Das Publikum brüllt dazu wie von Sinnen Wörter wie «Weniger!» oder «50!» - und Wijnvoord steht mitten im Trubel und mahnt mit sonorer Stimme: «Aber nicht überbieten!»

Nun, bei seinem Haus überbot er alle, was natürlich eine schöne Pointe ist. Aber auch ganz generell scheinen bei Wijnvoord Leben und Show noch irgendwie verschränkt zu sein. Beim Gespräch trinkt er jedenfalls aus einer Tasse mit dem Logo der amerikanischen Vorbild-Sendung «The price is right». Es ist seine Lieblingstasse. Sein Herz, das merkt man, hängt an dieser Sendung, in der er glücklichen Kandidaten eine Freude mit Waschmaschinen oder Gartenmöbeln machen konnte, die es zu gewinnen gab.

Wijnvoord wollte zunächst nicht nach Deutschland

Sein Weg dorthin war allerdings nicht vorgezeichnet gewesen. Wijnvoord kam einst als Teenager nach Deutschland, eher notgedrungen. Sein Vater, der für eine Kürschnerei in Amsterdam arbeitete, war in die Frankfurter Niederlassung der Firma befördert worden, die Familie musste mit. Wijnvoord war damit nicht glücklich - zu nah fühlten sich für ihn die Nazi-Verbrechen der Deutschen an. Als er damals in einem Dorf bei Frankfurt aus dem Auto stieg, sah er ausgerechnet einen Mann mit einem Gewehr die Straße entlanggehen, wie er erzählt. «Ich will nach Hause! Ich will hier nicht bleiben!», habe er gerufen. «Die sind immer noch mit Gewehren unterwegs, die Deutschen!» Heute weiß Wijnvoord: Es war nur ein Jäger. Aber das sei der allererste Eindruck gewesen. «Das war nicht gut».

Nach dem vergeblichen Versuch des Vaters, den Sohn ebenfalls zum Kürschner zu machen, wurde Wijnvoord zunächst zum Steuerfachgehilfen ausgebildet. Danach wechselte er in die Reisebranche, fand seine Bestimmung - und wurde zufällig als Moderator entdeckt. Ende der Achtziger begleitete Wijnvoord eine Gruppe von Medienleuten in die USA. Ein Mitreisender, so erzählt er es, war zufälligerweise der Chef der RTL-Unterhaltungssparte. Der habe ihn eines Tages gefragt, ob er sich vorstellen könne, eine Gameshow zu moderieren. «Da habe ich gesagt: Ja - wenn du mir sagst, was eine Gameshow ist.»

Am Ende entstanden mehr als 1800 Folgen «Der Preis ist heiß». «Ich hatte das große Glück, in einer Zeit beim Fernsehen zu landen, in der vieles ausprobiert wurde», sagt Wijnvoord. 1997 war erst einmal Schluss und der Niederländer wandte sich anderen Engagements zu - unter anderem war er im Dschungelcamp. Seine Frau Iris, die zwei Boutiquen in Olpe und Lüdinghausen hat, heiratete er live im Fernsehen und an Bord eines Kreuzfahrtschiffs.

Deutschland ist zur Heimat geworden

Deutschland ist für ihn längst zur Heimat geworden. «Ich hatte 1000 Möglichkeiten wegzugehen. Aber ich bin hier geblieben, weil es mir hier gefällt», sagt Wijnvoord. «Deutschland ist ein schönes Land.» Auch wenn er sich selbst nach wie vor als Holländer bezeichnet. Erst am Vortag sei er wieder in seinem Geburtsland gewesen und habe eine Tüte Brötchen gekauft. «Einfach eine Tüte mit Brötchen. Weiche, holländische, weiße Brötchen», schwärmt Wijnvoord - ein Loblied, das deutsche Krusten- und Vollkornliebhaber nur bedingt teilen dürften. «Die sind Gift für mich!», weiß aber auch Wijnvoord, der in seiner Karriere auch mit seinem Gewicht und mit Abnehmen zu Werbeverträgen kam.

2022 holte RTL im Zuge der Retrowelle «Der Preis ist heiß» zurück - und Wijnvoord war sofort wieder drin. Als habe er das Studio nie verlassen. Am 23. Mai soll erneut eine bereits produzierte Folge ausgestrahlt werden, nun beim Sender RTLzwei.

Und dann? Wird man sehen. Irgendwann steht Wijnvoord in seinem Garten vor einem Baum, der ihm etwa bis zur Brust geht. «Das ist ein Mammutbaum aus Amerika», erklärt er. Ein Freund züchte die. «Wenn er sich wohlfühlt und er wächst, dann wächst er einen halben Meter im Jahr», sagt Wijnvoord. Er hat noch einiges vor.

Von Jonas-Erik Schmidt, dpa
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