Francis Ford Coppola hat Risiken nie gescheut. Mit «Apocalypse Now» (1979), dem aufwendigen Schreckensgemälde über den Vietnamkrieg, brachte sich der US-amerikanische Regisseur nervlich und finanziell an den Rand des Ruins. Den Durchbruch in Hollywood feierte er 1972 mit der genialen Verfilmung von Mario Puzos Bestseller «Der Pate», mit Marlon Brando als Mafiaboss Don Vito Corleone und Al Pacino als dessen jüngster Sohn Michael.
Während der turbulenten Entstehung des Mafiadramas stritt sich der damals noch wenig erprobte Coppola heftig mit dem Star-Produzenten Robert Evans, etwa um die Besetzung der Rollen. Später wurde die Mafia-Trilogie mit Preisen überhäuft.
«Megalopolis» ist sein Herzensprojekt
Coppola, der am 7. April 85 Jahre alt wird, schraubt seine künstlerischen Ambitionen nicht zurück, im Gegenteil. Der Regisseur und Drehbuchautor arbeitet an einem langjährigen Herzensprojekt, von dem er schon in den 1990er-Jahren gesprochen hatte. «Megalopolis» ist eine Zukunfts-Utopie, die in einem futuristischen New York spielt. Coppola hat das Konzept mit einem römischen Epos im Stil von «Ben Hur» verglichen. Er wolle damit junge Menschen ansprechen und eine Gesellschaft vor Augen führen, die große Probleme zu bewältigen versuche.
Coppola habe die Dreharbeiten im vorigen Jahr abgeschlossen und stecke nun mitten in der Post-Produktion, teilte seine Sprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur kürzlich mit. Sein Team wollte aber keine Auskunft geben, wie der Regisseur seinen 85. Geburtstag feiern werde.
Der Filmemacher, der seit Jahrzehnten auch als Hobby-Winzer und Geschäftsmann in Nordkalifornien tätig ist, geht das Monumentalfilm-Projekt mit einem Millionenbudget aus eigener Tasche an. Er könne bis zu 100 Millionen Dollar beisteuern, sagte Coppola 2021 dem Branchenportal «Deadline.com». Stars wie Dustin Hoffman, Adam Driver, Laurence Fishburne, Forest Whitaker und Nathalie Emmanuel gehören zur Ensemble-Besetzung.
Hauptdarsteller Driver (40, «Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers», «Ferrari») spielt einen Architekten namens Caesar, der New York nach einer Katastrophe aufbauen soll. Im Interview des Kulturmagazins «The Face» im März beschrieb Driver den Film als «irgendwie undefinierbar» und als «im großen Umfang wild» und einzigartig. Seine Figur sei - genau wie Coppola - «ein Visionär».
Mit allen Mitteln legt sich Coppola für «Megalopolis» ins Zeug. Er sei nun offiziell der Welt der sozialen Medien beigetreten, schrieb er im vergangenen Mai auf seinem frisch eingerichteten Instagram-Account. «Meine Hoffnung ist es, einen Einblick in mein Leben und meine Reise zu geben, während ich den interessantesten Film meiner Laufbahn mache.» Auf Instagram postet er auch Fotos von seiner Familie, etwa von seinem aus Süditalien in die USA eingewanderten Großvater Agostino, der in den 20er-Jahren die Tonfilmtechnik mit entwickelte.
Er gewann fünf Oscars
Der Filmemacher wuchs in New York in einer künstlerischen Familie auf, sein Vater Carmine war Musiker. Seine Liebe zum Film entdeckte Coppola schon mit zehn Jahren, als er, an Kinderlähmung erkrankt, Monate im Bett verbrachte und Zeit hatte, Filme zu schauen. Später besuchte er die Filmakademie in Los Angeles, drehte mit 22 Jahren seinen ersten Film (1962, «Das gibt es nur im Wilden Westen») und holte 1971 mit dem Drehbuch zu «Patton - Rebell in Uniform» den ersten Oscar. Vierzehnmal war er für einen Oscar nominiert, fünfmal gewann er Hollywoods begehrten Preis, zuletzt 1975 mit «Der Pate - Teil II» für Regie, adaptiertes Drehbuch und als Produzent des besten Films.
Coppolas Erfolgssträhne - als Produzent, Autor oder Regisseur - hielt mit «American Graffiti», «Der Große Gatsby», «Der Dialog», «Bram Stoker's Dracula» und dem Justiz-Thriller «Der Regenmacher» an. Dabei hielt er sich selbst lange Zeit für untalentiert. Er sei das schwarze Schaf der Familie gewesen, sagte er 2019 im Interview der Zeitschrift «Playboy». Sein späterer Erfolg sei ihm bis heute rätselhaft, so Coppola: «Es ist schon ein großes Mysterium, warum ich so erfolgreich war, wo doch alle anderen so viel Talent hatten.» Einen Teil seines Erfolgs schrieb der Filmemacher seinem Durchhaltevermögen zu.
Aufgeben kommt für ihn nicht in Frage
Als Beispiel nannte er sein Meisterwerk «Apocalypse Now» über den Vietnamkrieg. Schwere Stürme beim Dreh im Dschungel, Martin Sheens Herzinfarkt und der als schwierig geltende Schauspielstar Marlon Brando trieben die Kosten in die Höhe. Trotzdem habe er den Film zu Ende gebracht: «Mein Ethos war immer, nicht aufzugeben, an meine Vision zu glauben und mit meiner Fantasie eine Lösung zu finden», sagte Coppola.
2019, passend zum 40-jährigen Filmjubiläum, brachte Coppola eine restaurierte, längere Fassung ins Kino. Für «Apocalypse Now - Final Cut» wurden mehr als 300.000 Einzelbilder der Originalnegative bereinigt, die Audiospur wurde komplett restauriert. Noch realistischer sind die berühmten Szenen aus der Kriegshölle, etwa als eine Hubschrauber-Staffel zu den Klängen von Richard Wagners «Walkürenritt» ein Küstendorf bombardiert. Noch packender ist die Odyssee des US-Captains Willard (Martin Sheen), der mit einem Patrouillenboot die kambodschanische Grenze ansteuert. Dort soll er den wahnsinnigen US-Colonel Kurtz (Marlon Brando) ausschalten, der ein Schreckensregime über die Einheimischen führt.
Seine Originalfassung hatte Coppola 1979 aus Vermarktungszwecken auf 153 Minuten Laufzeit kürzen müssen. «Apocalypse Now - Final Cut», gut drei Stunden lang, feierte 2019 beim New Yorker Tribeca-Festival Premiere. Bei der Vorstellung des Films erinnerte Coppola an den schwierigen Dreh auf den Philippinen. Statt der geplanten 12 Millionen Dollar waren es am Ende 30 Millionen Dollar. «Ich hatte große Angst und war sehr deprimiert», sagte Coppola. Er fürchtete, den schlimmsten Film aller Zeiten zu drehen und dabei pleitezugehen. Doch er sei seiner Devise gefolgt: Wer Kunst macht, müsse bereit sein, ein Risiko einzugehen.
Ehefrau Eleanor - seit über 60 Jahren an seiner Seite - hielt das fast zweijährige Dreh-Drama in dem Dokumentarstreifen «Reise ins Herz der Finsternis» fest. Coppolas Familie hat viele Filmschaffende hervorgebracht: Tochter Sofia (52) holte 2005 mit dem vom Vater produzierten Film «Lost in Translation» einen Drehbuch-Oscar, auch Sohn Roman (58) führt Regie und schreibt Skripte. Seine Schwester Talia Shire und seinen Neffen Nicolas Cage spannt der Italo-Amerikaner gelegentlich für seine Projekte ein. Fernab von Hollywood hat Coppola mit seiner Produktionsfirma Zoetrope in San Francisco seit den 60er-Jahren Dutzende Filme und TV-Projekte realisiert.
Von Barbara Munker, dpa
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