Im Herbst 1998 spielten sich in Kinos weltweit merkwürdige Szenen ab. Noch vor dem Hauptfilm, gleich nach der Vorschau, verließen viele Zuschauer den Saal, weil sie genug gesehen hatten. Sie interessierten sich nur für «eine weit, weit entfernte Galaxis». Der Trailer fürs erste «Star Wars»-Prequel war gerade veröffentlicht worden.
Jahre vor YouTube strömten die Fans also in Scharen in die Kinos, um die ersten Bilder des Films auf der großen Leinwand zu sehen. Ein halbes Jahr später, am 16. Mai 1999, feierte «Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung» Weltpremiere. Kinostart in Deutschland war der 19. August.
Schon Anfang der 1990er-Jahre hatte «Star Wars»-Schöpfer George Lucas angedeutet, er wolle seine beliebte Science-Fiction-Saga ausbauen und die Vorgeschichte zu den Filmen erzählen, die zwischen 1977 und 1983 erschienen waren. 1993 machte Lucas seine Pläne im Branchenblatt «Variety» offiziell und löste mit der Ankündigung einer neuen «Star Wars»-Trilogie einen Hype aus. Die Fans mussten sich allerdings noch Jahre gedulden.
Neue Technologie birgt neue Möglichkeiten
«Meine Entscheidung, «Episode 1» zu drehen, wurde mehr oder weniger von der Technologie beeinflusst», sagte Lucas im Interview der offiziellen «Star Wars»-Website. «Die ersten drei Star-Wars-Filme waren sehr, sehr vorsichtig darauf ausgelegt, dass man sie kostengünstig umsetzen konnte.» Mit anderen Worten: Das Budget und begrenzte technologische Möglichkeiten beeinflussten die Story.
«Bei «Episode I» wollte ich mich in der Erzählung der Geschichte nicht einschränken lassen», erzählte Lucas, der bei dem bunten Science-Fiction-Spektakel erstmals seit mehr als 20 Jahren wieder selbst Regie führte. «Ich musste mich mit Politik und den größeren Problemen der Republik und so weiter befassen. Ich musste mich mit größeren Themen auseinandersetzen. Und dafür musste ich eine Möglichkeit finden, die ich durch die digitale Technologie bekommen habe.»
Wie Anakin Skywalker zu Darth Vader wurde
Der Film, der im Original «The Phantom Menace» heißt, erzählt vor dem Hintergrund einer politischen Krise die Geschichte der Kindheit von Luke Skywalkers Vater. Anakin Skywalker lässt sich im weiteren Verlauf der Prequel-Trilogie vom bösen Imperator manipulieren, wechselt auf die dunkle Seite der Macht und wird schließlich zum Superschurken Darth Vader. Neben bekannten Charakteren wie Jedi-Meister Yoda, Obi-Wan Kenobi und Droide C3-PO lernt das Publikum viele neue Figuren kennen - und einige neue Welten.
Im Mittelpunkt der Handlung stehen Jedi-Meister Qui-Gon Jinn (Liam Neeson) und sein Schüler, der junge Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor). Das Duo nimmt den jungen Anakin (Jake Lloyd), der eine ungewöhnlich starke Verbindung zur Macht hat, unter seine Fittiche. Bei ihrem Kampf gegen eine weitreichende Verschwörung begegnen sie der gutherzigen Königin Amidala (Natalie Portman) sowie dem unbeholfenen Jar Jar Binks (eine Trickfigur) und müssen gegen den sinistren Sith-Lord Darth Maul (Ray Park) bestehen. Höhepunkt ist das spektakuläre Podrennen auf dem Wüstenplaneten Tatooine.
Gemischte Reaktionen auf «Episode I»
Die Reaktionen auf «Star Wars: Episode I» waren sehr unterschiedlich und - gemessen an der friedlichen Debattenkultur der 1990er - extrem emotional. Manche Fans waren von den Neuerungen ähnlich entsetzt wie Obi-Wan Kenobi, als er in «Krieg der Sterne» die Zerstörung des Planeten Alderaan als «eine große Erschütterung der Macht» wahrnahm.
Vor allem jüngere Zuschauer waren von den optisch beeindruckenden Actionszenen begeistert. Hingegen kritisierten ältere Fans, der Film sei überfrachtet mit CGI (Computer Generated Imagery). Moniert wurden flache und zähe Dialoge, die alberne, vermeintlich wissenschaftliche Erklärung der Macht und die trockene Story um die Handelsföderation und die Weltraum-Politik. Durchweg gelobt wurde nur die epische Filmmusik von John Williams. Das musikalische Thema «Duel Of The Fates» ist kolossal.
Die schärfste Kritik entzündete sich an der Figur des Jar Jar Binks. Mit seiner albernen Sprache und tollpatschigen Art nervte er viele Zuschauer und galt jahrelang als Hassfigur. Für Liam Neeson und Ewan McGregor ist das nicht nachvollziehbar. «Die Reaktionen auf die Figur haben Ewan und mich persönlich getroffen und verletzt», erzählte Neeson kürzlich dem britischen Filmmagazin «Empire». Dass Jar Jar Binks im Nachfolgefilm «Star Wars: Episode II - Angriff der Klonkrieger» von 2002 nur noch einen Miniauftritt hatte, war sicher kein Zufall.
Drei Oscar-Nominierungen und sieben «Goldene Himbeeren»
Bei den Oscars war «Episode I» immerhin für visuelle Effekte, Ton und Soundeffekt-Schnitt nominiert, ging aber in allen drei Kategorien leer aus. Bei der Verleihung der «Goldenen Himbeere» räumte das erste «Star Wars»-Prequel gleich sieben der als «Razzies» bekannten Negativ-Preise ab. Auch Schauspieler Ahmed Best, der dem computergenerierten Jar-Jar-Sprecher seine Bewegungen und seine Stimme geliehen hatte, erhielt einen «Razzie».
George Lucas dürfte das alles kaum gekümmert haben. Denn kommerziell war «Star Wars: Episode I - Die dunkle Bedrohung» ein großer Erfolg. Bei einem Budget von 115 Millionen US-Dollar spielte der Film laut dem Branchenportal «BoxOfficeMojo» mehr als eine Milliarde ein. Und viele Zuschauer, die das Science-Fiction-Spektakel 1999 erstmals im Kino gesehen haben, sind seitdem «Star Wars»-Fans geblieben.
Von Philip Dethlefs, dpa
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