IG-Metall-Chef: Industrie vor herausfordernder Phase
Die Zeiten für die Industrie waren schon mal besser. Vor allem die Autobranche macht IG-Metall-Bezirksleiter Zitzelsberger Sorgen. Der blickt vor seinem Abgang in die Zukunft.
Die Zeiten für die Industrie waren schon mal besser. Vor allem die Autobranche macht IG-Metall-Bezirksleiter Zitzelsberger Sorgen. Der blickt vor seinem Abgang in die Zukunft.
Die Industrie im Südwesten befindet sich laut dem Chef der IG Metall in Baden-Württemberg, Roman Zitzelsberger, in einer angespannten Situation. «Wir kommen jetzt in eine echt herausfordernde Phase», sagte Zitzelsberger der Deutschen Presse-Agentur in Stuttgart. Die aktuelle ökonomische Lage sei schwierig. «Wenn die Auftragseingänge jetzt nicht nach oben gehen, dann kommen wir in ein sehr schwieriges Frühjahr 2024.»
Im für Baden-Württemberg so wichtigen Fahrzeugbau sehe man ganz deutlich, wie die Geschäfte zurückgehen. «Wir kommen jetzt bei der Automobilindustrie in eine Phase der echten Brüche», sagte Zitzelsberger mit Blick auf die Transformation der Branche und den Wandel hin zur E-Mobilität. Das Auslaufen der Verbrenner-Technologie gehe langsamer voran als vermutet und entsprechend liefen die batterieelektrischen Fahrzeuge langsamer an. «Wenn die E-Mobilität nicht schnell skaliert, dann können auch nicht schnell Fortschritte bei den Kosten erzielt werden.»
Unheimlicher Wettbewerbsdruck
Nach Zitzelsbergers Einschätzung gebe es einen unheimlichen Wettbewerbsdruck und dadurch eine gewisse Tendenz, bestimmte Dinge von vornherein dorthin zu verlagern, wo es vermeintlich am günstigsten ist. Der Bezirksleiter hatte bereits Anfang des Jahres vor Verlagerungen nach Osteuropa bei den Autozulieferern gewarnt.
Dass die Situation in der Autobranche angespannt ist, zeigen mehrere Meldungen aus der jüngeren Vergangenheit. Zuletzt hatte der Technologiekonzern und Autozulieferer Bosch angekündigt, in seiner Antriebssparte bis zu 1500 Stellen abbauen zu wollen. ZF hatte unlängst Schließungspläne für ein Werk in Gelsenkirchen bekanntgegeben. Und der Autobauer Audi trennt sich in Neckarsulm bei Heilbronn von einem Großteil seiner Zeitarbeiter.
«Ich gehe davon aus, dass es auch noch weitere Situationen geben wird, wo Sparmaßnahmen verkündet werden und es vielleicht auch zu Werksschließungen kommen wird», sagte Zitzelsberger. Dass die Veränderung in der Produktion allein über die Demografie zu lösen sei, habe er schon immer für eine Mär gehalten.
«Durchgetaktet von vorne bis hinten»
Zitzelsberger ist seit 2013 Bezirksleiter im Südwesten. Ende November hatte er angekündigt, seinen Posten räumen zu wollen. Im Frühjahr 2024 soll Tarifsekretärin Barbara Resch auf ihn folgen. «Am meisten freue ich mich auf selbstbestimmte Zeiteinteilung. Momentan bin ich einfach durchgetaktet von vorne bis hinten», sagte Zitzelsberger.
Zu seinen Plänen für die Zeit nach dem Abgang wollte er sich nicht im Detail äußern. Von seinen Ämtern als Aufsichtsrat beim Autobauer Mercedes-Benz, dem Nutzfahrzeughersteller Daimler Truck und Autozulieferer ZF wolle er bis Ende nächsten Jahres ausscheiden. Einen kleinen Ausblick gab Zitzelsberger dann aber doch: «Sollte es Anfragen geben, schließe ich nicht aus Aufsichtsratsmandate im Automobilsektor anzunehmen.»
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