Gender-Gegner lassen nicht locker: Kommt das Verbot?
Das Volksbegehren der Gender-Gegner ist an Formalien gescheitert, doch die Initiatoren wollen sich damit nicht zufrieden geben. Sie ziehen vor Gericht - und bekommen Rückhalt aus der Politik.
Das Volksbegehren der Gender-Gegner ist an Formalien gescheitert, doch die Initiatoren wollen sich damit nicht zufrieden geben. Sie ziehen vor Gericht - und bekommen Rückhalt aus der Politik.
Die Gender-Gegner kämpfen nach der Ablehnung ihres Volksbegehrens an verschiedenen Fronten weiter gegen Binnen-I und Gendersternchen an Schulen und Behörden im Südwesten. Die Initiative reichte am Dienstag Klage beim Verfassungsgerichtshof ein. Das Innenministerium hatte den Antrag zuvor aus formalen Gründen für unzulässig erklärt. Die CDU-Fraktion lud den Heidelberger Initiator Klaus Hekking zudem zu einem Austausch am Dienstagnachmittag ein. Die Abgeordneten wollten den Unterstützern des Volksbegehrens bei der Sitzung klarmachen, dass man inhaltlich an einem Strang ziehe, hieß es aus der Fraktion. Es sollten Wege gesucht werden, wie man den gesammelten Unterschriften doch noch Geltung verschaffen könne.
Anschließend sollten gemeinsam mit Innenminister Thomas Strobl (CDU) die Ergebnisse der Beratungen präsentiert werden. Wird Gendersprache in Behörden am Ende doch verboten? Grüne und CDU sind sich bei dem Thema alles andere als einig.
Ministerpräsident Winfried Kretschmann, selbst kein Freund der Gendersprache, sieht jedenfalls keinen Regelungsbedarf mit Blick auf Gendersprache in Behörden. «Für die Landesregierung ist es ganz einfach: In offiziösen Dokumenten halten wir uns an die Rechtschreibregeln», sagte der Grünen-Politiker am Dienstag in Stuttgart. Auch in der Schule seien Rechtschreibfehler schließlich Rechtschreibfehler. Der Staat müsse sich an das, was er sanktioniere, auch selbst halten. Er sei kein Freund davon, solche «Kulturdebatten» hochzuziehen, sagte Kretschmann. Die Menschen müssten den Eindruck haben, dass Politik in solchen Krisenzeiten die Probleme löse.
Die Initiatoren des Volksbegehrens hatten mehr als 14.000 Unterschriften beim Ministerium eingereicht. In dem Gesetzentwurf heißt es, dass die Landesregierung und die ihr nachgeordneten Behörden sowie alle übrigen Einrichtungen des Landes auf Vorgaben zum Gebrauch geschlechtsneutraler Änderungen und Zusätze verzichten sollten. Zudem dürften Prüfungsleistungen etwa an Universitäten und Schulen nicht deshalb schlechter bewertet oder beurteilt werden, weil nicht gegendert wurde.
Dabei ist weitgehend unklar, inwieweit Gendersprache wirklich im Alltag in Behörden, Schulen und Universitäten genutzt wird. Beispiele sind schwer zu finden. Wissenschaftsministerin Petra Olschowski (Grüne) betonte am Dienstag, sie wisse von keiner Uni, die das so für sich entschieden hätte. Es gebe auch überhaupt keine Hinweise, dass das Thema in Prüfungsverfahren relevant sei. Also eine Scheindebatte?
Laut Gemeindetag Baden-Württemberg gibt es keinen Überblick über die Verwendung von gendersensibler Sprache in behördlichen Dokumenten oder der Kommunikation der Städte und Gemeinden. «Aus unserer Sicht gibt es auf kommunaler Ebenen aktuell gerade viele wichtigere Themen, als die Frage des Genderns bei der Sprache», sagte Sprecher Christopher Heck. «Klar ist, dass Kommunen sich sehr wohl bewusst sind, dass ein respektvoller Umgang auch durch Sprache zum Ausdruck gebracht wird.»
Bei den größeren Städten gibt es nach Aussagen des Städtetags ganz unterschiedliche Varianten. «Es gibt von: Wir machen nichts, wir verändern nichts, bis hin zu einer Form von grafischem Element, was ja mehr ausdrückt als Bürgerinnen und Bürger», sagte Sprecherin Christiane Conzen. Es sei auf jeden Fall ein Thema für die Verwaltungen. Teilweise seien bei den Entscheidungen die Gemeinderäte eingebunden, teilweise würden die Verwaltungen da selbst entscheiden.
Bei der Stadt Mannheim gibt es beispielsweise seit Juli 2023 eine «besondere Geschäftsanweisung zur Verwendung geschlechtergerechter Sprache» in der Verwaltung. «Es ist eine Empfehlung für die Mitarbeitenden und zeigt Möglichkeiten auf. Es ist kein Muss», sagte Monika Enzenbach, Sprecherin von Oberbürgermeister Christian Specht (CDU). In dem Dokument würden Beispiele gegeben - etwa «Mitarbeitende» statt «Mitarbeiter», aber auch Informationen zur Nutzung etwa des Gendersternchens.
Die Stadt Stuttgart wiederum verweist auf eine eigene repräsentative Umfrage, wonach die Bewohner Stuttgarts mehrheitlich die Verwendung von Sonderzeichen wie dem Gendersternchen ablehnt. Aus diesem Grund bereite Oberbürgermeister Frank Nopper (CDU) eine Empfehlung an die Verwaltung vor, solche Sonderzeichen in der Regel nicht zu verwenden, teilte Sprecherin Susanne Kaufmann mit. Im Jahr 2020 habe der damalige grüne Oberbürgermeister Fritz Kuhn die Verwendung des Gendersternchens für zulässig erklärt.
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