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mRNA-Impfstoff nach Astrazeneca

Impfkommission empfiehlt nun Kreuzimpfungen für alle

Astrazeneca-Erstgeimpfte sollen die zweite Spritze künftig mit einem mRNA-Impfstoff bekommen, wie die Ständige Impfkommission (Stiko) gestern mitteilte. Was bedeutet das nun für die im Land, die bereits eine Dosis Astra bekommen haben?

Unabhängig vom Alter

Angesichts der schnellen Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante in Deutschland passt die Stiko ihre Corona-Impfempfehlung an. Menschen, die eine erste Dosis Astrazeneca erhalten haben, sollen künftig unabhängig vom Alter als zweite Spritze einen mRNA-Impfstoff von Biontech oder Moderna erhalten, erklärte das Gremium am Donnerstag in einer Mitteilung mit Verweis auf einen Beschlussentwurf. Der Abstand zwischen erster und zweiter Dosis solle dann mindestens vier Wochen betragen. Auch bei den Impfintervallen der mRNA-Impfstoffe heißt die Stiko nun kürzere Abstände als bisher gut. Die Empfehlung gelte „vorbehaltlich der Rückmeldungen aus dem noch zu eröffnenden Stellungnahmeverfahren“, teilte die Stiko mit. Daran seien Bundesländern und Fachkreise beteiligt.

Wie wird das in RLP umgesetzt?

Wie Rheinland-Pfalz die Neuerung umsetzt ist noch unklar. Das ganz große Orga-Problem wird es möglicherweise nicht werden, denn: In den letzten Wochen wurden ohnehin in den 32 Impf-Zentren kaum noch Erstimpfungen mit Astrazeneca gemacht, aufgrund der Liefermengen. Das was kam, sagt das Gesundheitsministerium, reichte ganz gut für den zweiten Pieks, vor allem für die Älteren. Jetzt im Juli soll sich der Astra-Anteil erhöhen. RLP will alle Stellungnahmen zur Stiko-Empfehlung abwarten und dann entscheiden.

Kreuzimpfung soll besser schützen vor Delta

Die Expert*innen begründen den Rat zur Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoff damit, dass die Immunantwort nach dem Verabreichen von zwei verschiedenen Präparaten der Immunantwort nach zwei Dosen Astrazeneca „deutlich überlegen“ sei. Fachleute sprechen von einem heterologen Impfschema. Dieses hatte die Stiko bisher nur jüngeren Menschen angeraten, die bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen hatten, bevor dieser Impfstoff nur noch für Impfwillige ab 60 Jahren empfohlen wurde.

Auf welche Daten zu den Immunantworten sie sich bezieht, teilte die Stiko nicht mit. In letzter Zeit veröffentlichten mehrere Teams dazu erste Ergebnisse. Wie etwa die Universität des Saarlandes kürzlich erklärte, ergab eine Analyse der Antikörper-Bildung, dass eine kombinierte Astra-Biontech-Impfung ebenso wie eine zweifache Biontech-Impfung eine wesentlich höhere Wirksamkeit zeigte als eine zweifache Astrazeneca-Impfung. „So konnten bei den beiden erstgenannten Varianten etwa zehnmal mehr Antikörper im Blut nachgewiesen werden“, hieß es. Die Ergebnisse sind noch nicht in einem begutachteten Fachblatt erschienen. Auch das Ärzteblatt berichtete kürzlich anhand weiterer Quellen, dass Geimpfte bei diesem Schema eine besonders starke Immunantwort entwickeln könnten.

Impfreaktionen könnten allerdings stärker ausfallen: Einer „Lancet“-Studie zufolge haben Impflinge bei zwei unterschiedlichen Vaczinen eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Impfreaktionen nach der zweiten Dosis.

Zweite Impfstoffdosis zeitnah wahrnehmen

Die Empfehlung zur Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoff gelte ausdrücklich nur für Erstgeimpfte und nicht für Menschen, die bereits zwei Dosen Astrazeneca bekommen haben, hieß es auf Anfrage beim Robert Koch-Institut (RKI). Ob und wann eine Auffrischimpfung für vollständig Geimpfte nötig ist, ist demnach noch nicht klar.

Die Stiko betonte, es sei angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante wichtig, die zweite Impfstoffdosis „zeitgerecht wahrzunehmen“. Nach nur einer Impfstoffdosis scheine der Schutz gegen Delta „deutlich herabgesetzt“ zu sein. Der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen durch Delta sei nach vollständiger Impfung im Vergleich zum Schutz vor anderen Corona-Varianten ähnlich gut, hieß es unter Berufung auf Daten aus dem Vereinten Königreich.

Impfempfehlung für Kinder?

Ob eine allgemeine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ausgesprochen wird, werde weiter genau geprüft, sagte Stiko-Leiter Thomas Mertens im ZDF bei Maybrit Illner. Er sehe bislang keine Hinweise auf schwerere Krankheitsverläufe durch die Delta-Variante bei Kindern und Jugendlichen. Natürlich wisse die Stiko, dass es vermehrt Fälle geben werde, wenn man sie nicht impfe. Aber die Auswirkungen auf die Zahl der Krankenhausbehandlungen sowohl in dieser Altersgruppe als auch in der Gesamtbevölkerung seien „eher gering“.

Das RKI schätzt, dass diese Woche in Deutschland bereits mindestens jeder zweite Corona-Fall auf Delta zurückgeht. Die Mutante werde auch bald in Deutschland vorherrschend sein. Noch entwickelt sich die Sieben-Tage-Inzidenz bundesweit rückläufig, es wird aber eine Trendwende befürchtet.

Quelle: dpa