Gerichte untersagen Verdi-Streik in Lufthansa-Küchen
Passagiere der Lufthansa müssen sich kurz vor Weihnachten zwar auf eingeschränkte Bordverpflegung einrichten, nicht aber auf umfassende Flugausfälle.
Passagiere der Lufthansa müssen sich kurz vor Weihnachten zwar auf eingeschränkte Bordverpflegung einrichten, nicht aber auf umfassende Flugausfälle.
Die Fluggesellschaft will heute ihr volles Programm fliegen, obwohl die Gewerkschaft Verdi in den Flughafen-Großküchen in Frankfurt und München zu einem 24-Stunden-Streik aufgerufen hatte. Ob es tatsächlich zu Versorgungsengpässen kommt, ist unklar, denn die Arbeitsgerichte in Frankfurt und München untersagten der Gewerkschaft per einstweiliger Verfügung den Streik. Es herrsche Friedenspflicht, führten die Frankfurter Richter aus. Verdi kann die Entscheidungen theoretisch noch in zweiter Instanz anfechten. Verdi kündigte an, am Donnerstag Rechtsmittel einzulegen.
Einzelne Verspätungen oder Ausfälle hatte die Lufthansa zuvor nicht gänzlich ausgeschlossen. Mit der Flugbegleitergewerkschaft Ufo hatte das Unternehmen am Mittwoch hingegen eine Schlichtung begonnen, so dass von dieser Seite zunächst keine weiteren Streiks drohen. Auf innerdeutschen und Europa-Flügen sollte nach den Plänen vom Nachmittag keinerlei Bordverpflegung angeboten werden. Auf der Langstrecke ab Frankfurt und München sollten die Passagiere hingegen mit einem reduzierten Angebot aus vorbereiteten Verpflegungsboxen versorgt werden. In den deutschen Passagier-Terminals wollte die Lufthansa Verpflegungsstationen einrichten. Wem das alles zu unbequem und ungewiss sei, der könne auch kostenfrei umbuchen.
Hintergrund des Arbeitskampfes ist der bereits beschlossene, aber noch nicht vollzogene Verkauf des Europageschäfts der Cateringtochter LSG Sky Chefs an den Schweizer Weltmarktführer Gategroup. Verdi verlangt tarifliche Absicherungen für die betroffenen Mitarbeiter, möglichst in einem trilateralen Tarifvertrag zwischen Verdi, Lufthansa und Gategroup. Unter dem neuen Eigentümer erwartet die Gewerkschaft Sparmaßnahmen und niedrigere Gehälter.
«Wir fordern die LSG auf, das Einkommen der rund 7000 Beschäftigten tarifvertraglich abzusichern», sagte Verdi-Verhandlungsführerin Katharina Wesenick nach mehreren Betriebsversammlungen vom Vortag. Trotz monatelanger Verhandlungen hätten die Beschäftigten weiterhin keinen rechtlichen Anspruch auf Entgeltabsicherungen. Man sei von der Lufthansa hingehalten worden. Verdi hatte unter anderem auf Warnstreiks verzichtet.
Lufthansa sieht den designierten Eigentümer Gategroup in der Pflicht. Dieser habe einen nicht näher bezifferten Betrag vorgesehen, der einem Sozialausgleich über drei Jahre entspreche. Lufthansa hatte sich bereit gezeigt, den LSG-Beschäftigten gestaffelt nach Betriebszugehörigkeit noch für teils mehr als zehn Jahre Flüge zu Mitarbeiterkonditionen anzubieten. Auch für die Weiterführung von Jobtickets wollte man sich einsetzen. Man habe sich allerdings für den Fall von Streiks vorbehalten, diese Regelungen nicht umzusetzen.
Wesenick sprach in diesem Zusammenhang von einem «Erpressungsversuch» der Lufthansa. Insgesamt sind bei der LSG weltweit etwa 35 500 Menschen beschäftigt. In den nun verkauften Unternehmensteilen inklusive einiger Spezialaktivitäten arbeiten nach Lufthansa-Angaben etwa 7100 Mitarbeiter, die 2018 einen Jahresumsatz von 1,1 Milliarden Euro erwirtschaftet haben. Das gesamte Unternehmen machte im vergangenen Jahr bei einem Umsatz von 3,2 Milliarden Euro einen operativen Gewinn (bereinigtes Ebit) von 115 Millionen Euro, lag damit aber deutlich unter der Rentabilität im Gesamtkonzern Lufthansa.
Die frühere Swiss-Tochter Gategroup gehört seit April der asiatischen Investmentgesellschaft RRJ Capital. Das Unternehmen beschreibt sich als weltweit führender Anbieter von Bordverpflegung und damit verbundenen Dienstleistungen. Weltweit beschäftige man mehr als 43 000 Menschen und versorge aus mehr als 200 Betrieben jährlich mehr als 700 Millionen Fluggäste. Im vergangenen Jahr betrug der Umsatz 4,9 Milliarden Schweizer Franken (4,32 Mrd Euro).
In dem bereits zu einem zweitägigen Streik mit rund 1500 Flugausfällen eskalierten Tarifkonflikt zwischen Lufthansa und der Kabinengewerkschaft Ufo haben die Schlichter am Mittwoch ihre Arbeit aufgenommen. Ex-Arbeitsagentur-Chef Frank-Jürgen Weise und der frühere brandenburgische Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) kamen mit den zerstrittenen Tarifparteien zusammen, um den Umfang der zu lösenden Probleme festzulegen. Lufthansa wie Ufo haben erklärt, eine möglichst umfassende Schlichtung anzustreben. Auf deren Grundzüge hatte man sich bereits im November bilateral geeinigt, war dann aber im gegenseitigen Misstrauen doch nicht zueinander gekommen.
Quelle: dpa